Matula schnüffelt wieder herum
Eigentlich war mit dem Ende von „Ein Fall für zwei“Sendeschluss für den kultigen Privatdetektiv. Doch jetzt kehrt er nach drei Jahren Pause zurück. Claus Theo Gärtner hat der Figur viel zu verdanken. Er verfluchte sie aber auch
Herr Gärtner, beinahe hätte ich Sie nicht erkannt. Warum verstecken Sie Ihr Gesicht unter einer Mütze? Claus Theo Gärtner: Ach, die setze ich immer auf, um nicht erkannt zu werden. Ich werde sonst ständig um ein Selfie gebeten. Gärtner: Hören Sie mal, ich war 31 Jahre lang jeden Freitag auf dem Bildschirm, die Serie lief in 60 Ländern. Ich werde auch im Ausland noch angesprochen. Im Iran kennt mich jeder Taxifahrer.
Gärtner: Er war der Antiheld, der immer auf die Mütze gekriegt hat. Mit dem konnten sich die Leute identifizieren. Die mochten sein Augenzwinkern. Der hat sich selber nicht so ernst genommen.
Hat der Sie nach mehr als 30 Jahren nicht genervt? Gärtner: Doch. Ich bin ja jeden Morgen zur Arbeit gefahren wie andere ins Glühlampenwerk Halle 7. Ich war diesen Termindruck leid. Ich wollte endlich mit meiner Frau im Wohnmobil durch Afrika fahren. Und bevor es mir danach langweilig werden konnte, hat das gefragt, ob ich nicht als Matula allein weitermachen will.
Gärtner: Aber der neue Matula ist ja nicht mehr der alte Matula. Er ist älter geworden. Und ich glaube, der denkt auch anders.
Gärtner: Er muss sich zurück ins Leben kämpfen. Er hat als Detektiv keine Rentenbeiträge bezahlt. Er muss auch im Alter noch arbeiten.
Gärtner: Nein, ich bekomme eine gute Rente. Das verdanke ich Günter Strack, der den Dr. Renz in „Ein Fall für zwei“gespielt hat. Der hat 1981 gesagt: „Du musst in die Pensionskasse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzahlen.“Das ist eine Art Betriebsrente. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar. Von der gesetzlichen Rente könnte ich nicht leben. Heute drehe ich aus Spaß, nicht wegen des Geldes. Gärtner: Der Matula ist mit mir verschmolzen. Alles, was der hat, hat der von mir. Dreißig Prozent standen im Drehbuch, siebzig Prozent hab’ ich ihm mitgegeben. Matula ist meine Vorstellung von einem Detektiv.
Gärtner: So, wie Claus Theo Gärtner nicht ist. Der ist kein einsamer Wolf. Der ist kein Macho à la carte. Und er stellt auch nicht den Rotwein in den Kühlschrank.
Gärtner: Aber er ist nicht so hinterlistig wie Columbo. Den finde ich wirklich gut. In einer Folge habe ich den auch mal zitiert. Ich trage so einen ollen Columbo-Mantel, tue so, als würde ich gehen – und komm dann noch mal mit der entscheidenden Frage zurück. Gärtner: Das hat durchaus etwas Be- freiendes. Diese Detektivgeschichten sind doch sehr eindimensional. Gärtner: Nein, das hat sich so entwickelt. Gärtner: Ich hatte gerade einen Streetworker in der TV-Serie „Die Straße“gespielt und war zurück an der Schaubühne in Berlin. Ich hätte mir Urlaub nehmen müssen, was am Theater nicht gerne gesehen wurde. Um den Produzenten abzuwimmeln, habe ich ihm einen Zettel geschrieben: „100 Folgen, okay. CTG“. Der Rest der Geschichte ist bekannt.
Gärtner: Und nach der 100. Folge hat er mir den Zettel zurückgegeben – eingerahmt.
Eine Serienhauptrolle gilt als Sechser im Lotto. War das damals anders? Gärtner: Ja, für Theaterschauspieler war das Fernsehen verpönt. Als ich 1972 den Bundesfilmpreis als bester Nachwuchsschauspieler gewann, hat das an der Schaubühne keiner zur Kenntnis genommen. Gärtner: Verflucht habe ich den Matula immer dann, wenn ich wegen ihm andere Rollen ablehnen musste. Wie gerne wäre ich mal mit dem „Traumschiff“gefahren. Irgendwann bekam ich kaum noch andere Rollen angeboten. 2009 habe ich den Heiner Geißler in dem KohlFilm „Der Mann aus der Pfalz“gespielt. Hinterher las ich in einer Kritik: „Was macht Matula in der Pfalz?“In dem Moment war mir klar: Ich bin als Schauspieler verbrannt.
Gärtner: Ja, wenn ich in der Schweiz bin, werde ich beim Bäcker immer als Herr Matula begrüßt. Bei Dreharbeiten in Bratislava hat mich auch mal ein deutsches Ehepaar gefragt, ob ich ihm helfen könne, ihren gestohlenen Wagen zu finden. Ich bin fast geplatzt vor Lachen. Aber diese Kritik hat mich doch schockiert. Gärtner: Absurd, oder? Das war so ein Teil, das konnte man auf jeder Kirmes schießen. Die haben mich aus PR-Gründen zum „Detektiv des Jahres“ernannt. Gärtner: Nicht alle. Ich saß nie in einem brennenden Auto. Einmal habe ich mich auf glatter Fahrbahn in Matulas Alfa Romeo überschlagen. Gott sei dank ist mir nichts passiert. Überhaupt habe ich außer blauen Flecken nie was abbekommen, auch nicht, wenn ich Autorennen gefahren bin. Ich bin ein Glückspilz. Jetzt ermittelt der neue Matula in einem Seniorenheim. Gestern noch Action, jetzt schon kurz vor dem Pflegefall. Gärtner: Nee, nee. Der will noch nicht ins Heim. Der will nur jemanden vernehmen. Die Komik ist beabsichtigt. Matula wird gefragt, ob er schon für sich selber gucke. Und er reagiert beleidigt. Gärtner: Also, hören Sie mal! Wenn man eine 95-jährige Mutter hat, die gerade eine Herz-OP hinter sich hat, macht man sich schon Gedanken. Allerdings mehr um sie als um mich. Ich habe mir zwar schon eine Patientenverfügung heruntergeladen, aber noch nicht ausgefüllt.
„Wenn ich in der Schweiz bin, werde ich beim Bäcker als Herr Matula begrüßt.“
Claus Theo Gärtner
Gärtner: Ja, so verletzlich hat man den noch nicht gesehen.
Gärtner: Nö. Viel schwerer war es, meine Kollegin Ulrike Krumbiegel aus einem Strömungskanal zu ziehen. Beim Rausheben hat’s „knack“in meinem Rücken gemacht. Das ist der Tribut an das Alter. Vielleicht habe ich mich aber auch nur doof angestellt.
TV Tipp Das ZDF zeigt „Matula“am Karfreitag, 14. April, um 21.15 Uhr. Claus Theo Gärtner wird am 19. April 74 Jahre alt. Der in Berlin geborene Sohn eines Kaufmanns und einer Ballettmeiste rin ist in dritter Ehe mit einer Schweize rin verheiratet. Er wohnt in Basel und Ber lin. Gärtner ist leidenschaftlicher Mo torsportler – für Mercedes Benz war er zeitweise Werksfahrer.