G9: Was sagen Eltern und Schulleiter?
Bayerische Kinder sollen in Zukunft ein Jahr länger aufs Gymnasium gehen. Das sorgt für Freude, wirft aber auch Fragen auf
Peter Schwertschlager hat sich einfach gefreut: „Es ist so ein Tag, da ist man als Direktor mal richtig glücklich.“Er meint die Entscheidung, dass ab dem Schuljahr 2018/2019 in Bayern wieder das neunjährige Gymnasium eingeführt wird. Der Direktor des St.-AnnaGymnasiums ist von dem Mehr an Schulzeit seit langem überzeugt. Deswegen hatte er sich auch dafür eingesetzt, dass das Anna-Gymnasium schon seit 2015 Pilotschule für die „Mittelstufe Plus“ist. Die Schüler konnten dadurch die Mittelstufe in vier statt in drei Jahren durchlaufen. Für das St. Anna hält sich die nun bevorstehende Umstellung an das neue System mit neun Jahren daher in Grenzen.
Trotzdem freut sich Schwertschlager. Für ihn ist der Beschluss zum neunjährigen Gymnasium ein „Impuls der Politik für mehr Qualität und Tiefgang“an den Schulen. Jeder wünsche sich schließlich an Gymnasien ein hohes Bildungsniveau. Dafür schaffe das zusätzliche Schuljahr nun zumindest den äußeren Rahmen. Dabei ist es Schwertschlager aber wichtig, dass mit Bildung vor allem auch die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler gemeint wird. Darum bedeutet das wieder eingeführte G9 aus seiner Sicht auch keinen Rückschritt zu einem „alten“System. Vielmehr habe die Politik auf einen veränderten, komplexer werdenderen Alltag reagiert.
Ähnlich optimistisch steht auch Christiane Sommer, Elternbeirätin im St.-Stephan-Gymnasium, dem Beschluss gegenüber. Sie gibt allerdings zu bedenken, dass es jetzt auf eine sinnvolle Reform der Oberstufe ankomme: „Darin besteht die tatsächliche Aufgabe für die nächsten Jahre.“Wichtig sei, nicht einfach das zusätzliche Schuljahr mit mehr Stoff zu füllen. Das bisher gelernte Wissen solle eher vertieft werden. Dazu sollten die Schüler die Möglichkeit für ein Auslandsjahr bekommen oder an längerfristigen Projekten arbeiten können.
Stephan Lippold dagegen, Schulleiter des Peutinger-Gymnasiums, ist nicht ganz so euphorisch. Er findet die Entscheidung für das G9 zwar ebenfalls richtig, weil dies „dem demokratischen Willen“entspreche. Man dürfe aber das achtjährige Gymnasium auch nicht verteufeln. Auch ohne das neunte Schuljahr habe man die letzten Jahre erfolgreich Schüler zum Abitur geführt. Außerdem stünden noch einige offene Fragen im Raum. Wie zum Beispiel gehe man mit einem Schüler um, der das Klassenziel nicht erreicht und vom G8 in das neue G9 rutscht?
Natürlich aber sehe auch er die Chancen des neuen Systems. Durch die mit dem neuen G9 eingeführte „Überholspur“(Abschluss nach acht Jahren) könne man individueller nach dem jeweiligen Entwicklungsstand der Schüler lehren. „Mit manchen Schülern kann man eben schon mit 16 den Faust lesen“, sagt Lippold. Bei Kindern mit Migrationshintergrund könne man hingegen, wenn nötig, mit einem zusätzlichen Schuljahr sprachliche Defizite ausgleichen. „Denn niemand sollte aufgrund einer Sprachbarriere keine Chance auf ein Abitur haben.“
Wie soll das zusätzliche Jahr gefüllt werden?