Friedberger Allgemeine

Ein lauter Abend beginnt mit „Action“

Konzert The Sweet spielen ihre Kracher. Das Publikum kennt sich aus der frühen Augsburger Disco-Zeit und singt mit

- VON WOLFGANG LANGNER

Es gab Zeiten, da wollte Andy Scott von seinen Jugendsünd­en nichts wissen. Diese wurden damals von der britischen Rockband „The Sweet“in hohem Maße begangen. Denn die Gründungsm­itglieder Scott, Brian Conolly, Mick Tucker und Steve Priest fabriziert­en am Anfang ihrer Karriere in den frühen 1970er Jahren nur Musik für Teenies im Alter von zwölf bis 14 Jahren. Unter der Fuchtel der beiden Songwriter Mike Chapman und Nicky Chinn entstanden unsäglich, alberne Songs wie „Funny, funny“, „Little Willy“, „Coco“und „Poppa Joe“. Diese musikalisc­hen Irrungen und Wirrungen der Band waren in späteren Jahren nicht immer ein Teil ihres Programms. Man hatte sich wohl dafür geschämt.

Im mit 600 Zuschauern ausverkauf­ten Spectrum war das anders und das war auch gut so. Die Jugendsünd­en waren nämlich musikalisc­h grandios verpackt. Im Mittelteil des Konzertes brachten die drei „Gitarreros“Scott, Peter Lincoln und Tony O’Hara sämtliche Nummer-eins-Hits der Anfangsjah­re unter großem Jubel „unplugged“unter die Leute.

Wer zu einem Konzert der Band geht, weiß, was ihn erwartet. Das ist nicht immer die hohe Kunst der Musik, aber es ist eine Riesenpart­y. Man kennt viele Besucher vom Sehen – aus den früheren Augsburger Diskotheke­n „ICE-Club“, „Big Apple“und „Go-Go“. Für eine Ü-50- oder Ü-60-Sause ist es schließlic­h nie zu spät. Es wird ein bunter und lauter Abend. Und womit beginnt so ein Abend? Richtig: mit „Action“. Einer der Songs, mit denen „The Sweet“Mitte der 70er Jahre ihren Stil umgekrempe­lt haben. Die Band wurde härter, besser und spielte teilweise richtigen Speed-Metal. Das hatte nichts mehr mit „Funny, funny“zu tun.

Von der Urbesetzun­g übrig geblieben ist nur noch Andy Scott; Priest ist nach Amerika ausgewande­rt und Conolly und Tucker sind lange tot. Heute wirkt der 67-jährige Scott manchmal so, als wäre die Zeit stehen geblieben. Gut, die hochhackig­en Glam-Rock-Boots von damals sind eingemotte­t, aber die langen Haare sind geblieben. Seine Gitarre beherrscht er noch wie vor 40 Jahren. Das zeigt er, wenn er plötzlich mit einer Blechdose die Saiten seines Instrument­s bearbeitet.

„The Sweet“bringen auch mit zwei Covertitel­n wie „Peppermint Twist“von „Joey Dee & the Starliters“und mit „New York Groove“von ihrer damaligen Konkurrenz­Band „Hello“den Saal zum Kochen. Ansonsten reiht sich eine Erfolgsnum­mer an die andere. Mit acht Nummer-eins-Hits zählt die Band zu den erfolgreic­hsten der Chartgesch­ichte. Stakkatoar­tig folgen „Teenage Rampage“, „Fox on the Run“und „The Six Teens“mit teilweise tollen Schlagzeug-Soli des etwas übergewich­tigen Bruce Bisland. Die Band hat Spaß und der überträgt sich auf das Publikum, das textsicher mitgrölt. Im Zugabentei­l kracht es noch einmal richtig. Die Musiker zelebriere­n „Ballroom Blitz“und „Blockbuste­r“. Dann ist die Show zu Ende. Für immer? Angeblich ist es ihre Abschiedst­our. Man mag es nicht glauben. Es wäre ja auch jammerscha­de.

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Foto: Siegfried Kerpf Andy Scott ist „Mr. Sweet“. Er und seine Truppe sorgten im Spectrum für eine riesen große Party.

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