Friedberger Allgemeine

Ein letztes Jahr beim Tavernwirt

Gastronomi­e Nach 25 Jahren hört Martin Wastl in Sulzbach auf. Mit dem Restaurant hat er es in den Michelin-Führer geschafft. In einem Jahr kocht er nur noch in Thalhausen und als Caterer

- VON CLAUDIA BAMMER

Aichach Sulzbach Ein Vierteljah­rhundert. So lange wird Martin Wastl das Gasthaus „Zum Tavernwirt“im Aichacher Stadtteil Sulzbach betrieben haben, wenn er aufhört. Sein letztes Jahr als Wirt des Traditions­gasthofs ist angebroche­n: Ende März 2018 ist Schluss – „aus Altersgrün­den“. Im Juni werde er 56 Jahre alt. Derzeit arbeite er bis zu 80 Stunden in der Woche. „Ich will kürzertret­en“, erklärt er, warum er den Pachtvertr­ag nicht verlängert.

Den Tavernwirt hat Wastl im 1993 übernommen. Mit seiner regional und saisonal geprägten, gehobenen Küche machte er sich überregion­al einen Namen. Dabei ist er erst spät zum Kochen gekommen. Mit 23 Jahren hat er mit Partnern die Studentenk­neipe Striese in Augsburg betrieben. Mit 28 Jahren entschloss er sich, eine Ausbildung zum Koch zu machen: bei Sternekoch Franz Fuchs im Restaurant „Cheval Blanc“im Augsburger Ho- tel Gregor. Als dann der „Tavernwirt“in Sulzbach, wo er aufgewachs­en ist, vakant war, bewarb er sich, und überzeugte mit seiner zupackende­n Art Verpächter Marian Freiherr von Gravenreut­h aus Affing. Von Anfang an setzte er in dem Restaurant mit 60 Plätzen und einem schönen Biergarten auf Qualität und Regionalit­ät. Sein gastronomi­sches Konzept knüpft an die Tradition der Tavernwirt­schaften aus dem 19. Jahrhunder­t an, wie Wastl selbst auf seiner Internetse­ite beschreibt: „Es waren die besten Gasthäuser in Bayern, wo die Reisenden üppig und fein tafelten, während die Postkutsch­enpferde gewechselt wurden“. „Tavern“komme von „tafeln“und nicht von der südeuropäi­schen Einkehr, der Taverne.

Hohe Qualität bescheinig­en ihm die Restaurant­führer des Vereins Slow Food Deutschlan­d und der Guide Michelin. In Letzterem ist der „Tavernwirt“seit 2001 regelmäßig aufgeführt, zwar nicht mit einem „Stern“, aber immerhin mit einem „Besteck“. Wastl ist daher stolz auf das Erreichte – „hier mitten auf dem Land“. Zu den heimischen Lieferante­n – ob Metzger, Spargelbau­er oder Fischzücht­er – hat er über die Jahre ein gutes Verhältnis aufgebaut: „Bei einigen ist es mittlerwei­le Freundscha­ft.“Die Lieferante­n spielen auch in dem Kochbuch, das Wastl 2011 veröffentl­icht hat, eine große Rolle. Zu den Rezepten gibt es Beiträge darüber, wo die Zutaten herkommen, und Infos zu Sehenswürd­igkeiten.

Längst kommen nicht nur diejenigen in den Genuss von Wastls Kochkunst, die nach Sulzbach kommen oder seine Rezepte nachkochen: Vor rund 15 Jahren schuf sich Wastl ein zweites Standbein mit einem Catering-Service, den er weiterhin betreiben wird. Und seit einem Jahr bewirtet er außerdem im Biergarten der Weilachmüh­le in Thalhausen (Landkreis Dachau). Auch sie hat eine lange Tradition.

Das Gebäude ist 170 Jahre alt. Bekannt machte sie Albert (Berti) Well, Spross der berühmten WellFamili­e. Als er die Mühle 1984 kaufte, richtete er eine Kleinkunst­bühne ein, auf der neben seinen Geschwiste­rn – der Biermösl Blosn und den Wellküren – auch Kabarettgr­ößen wie Gerhard Polt und Dieter Hildebrand­t auftraten. Diese Kleinkunst­tradition wollen die heutigen Eigentümer Christian und Christine Tesch, die die Mühle Ende 2011 kauften, wieder aufleben lassen. Schon jetzt finden dort viele Hochzeiten und Feiern statt, bei denen Martin Wastl für die Bewirtung sorgt. Ab nächstem Jahr will sich Wastl nun auf Catering und Weilachmüh­le beschränke­n. Vom Tavernwirt-Personal – laut Wastl vier festangest­ellte Mitarbeite­r aus der Küche und etwa zehn Aushilfen im Service – kommt „der ein oder andere“mit in die Weilachmüh­le.

Für den Tavernwirt sucht Wastl nun gemeinsam mit Verpächter Marian Freiherr von Gravenreut­h einen neuen Pächter. Von Gravenreut­h bedauert Wastls Entscheidu­ng sehr. „Wir suchen einen ähnlich guten Nachfolger“, sagt er. Das über 150 Jahre alte Gasthaus wolle man unbedingt weiterführ­en und dafür auch investiere­n. »Kommentar

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Foto: Klaus Lipa Martin Wastl hört als „Tavernwirt“in Sulzbach auf und geht in die Weilach mühle nach Thalhausen.

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