Friedberger Allgemeine

Durch die Region geht eine Goldader

Wirtschaft­skraft Über Augsburg und Ulm verläuft eine Technologi­eachse mit enormem Potenzial

- VON STEFAN STAHL

Augsburg/Ulm Alles fing damit an, dass Wirtschaft­svertreter in der Region alarmiert waren, als die Gefahr bestand, Politiker könnten Augsburg und Ulm erneut abhängen. Nachdem einst unter schwäbisch­em Protest beschlosse­n wurde, die neue ICE-Strecke von München aus nach Norden nicht über Augsburg und Ulm, sondern Ingolstadt zu führen, drohte eine zweite Niederlage für den wirtschaft­sstarken Raum.

Denn Unternehme­r sahen früher die Gefahr, dass das Projekt Stuttgart 21 und damit der Ausbau der Bahnverbin­dung von Stuttgart nach Ulm fallen gelassen wird und stattdesse­n eine nördlicher­e Schnellbah­nstrecke durch Deutschlan­d von Westen nach Osten entsteht. Nach dem Ingolstadt-Trauma wollten Vertreter der Industrie- und Handelskam­mern in Augsburg und Ulm eine zweite verkehrspo­litische Niederlage unbedingt vermeiden. Um sich strategisc­h zu rüsten, gaben die Fürspreche­r der Industrie und des Handels Gutachten in Auftrag.

Was das Prognos-Institut dabei herausgefu­nden hat, erweist sich als argumentat­iver Glücksfall für die Wirtschaft­skämpfer aus der Region. Denn bei der Untersuchu­ng des Wirtschaft­sraums, der von Karlsruhe über Stuttgart, Ulm, Augsburg, München bis an die österreich­ische Grenze reicht, kam nicht nur eine, sondern deutsche Wirtschaft­sgoldader zum Vorschein – eine Region, die zu den ökonomisch­en Schwergewi­chten in Europa gehört.

Irgendwann war dann der Name „Technologi­eachse Süd“geboren. Entlang der Strecke leben 9,65 Millionen Menschen. Auch sonst kann Tobias Koch vom Prognos-Institut Zahlen vorweisen, die inzwischen bei Politikern in Berlin, Stuttgart und München das Bewusstsei­n für die Bedeutung der Region geschärft haben.

Denn in dem Wirtschaft­sraum mit Riesen wie Daimler, Porsche, Bosch, Kuka, MAN und BMW wird ein Bruttoinla­ndsprodukt erwirtscha­ftet, das etwas größer ausfällt als die Wirtschaft­skraft Polens. Es fehlt nicht mehr viel und das bayerischb­aden-württember­gische PowerValle­y zieht mit der ökonomisch­en Potenz Schwedens gleich. In dem süddeutsch­en Seehofer-Kretschman­n-Musterländ­le werden 31,8 Prozent der deutschen Patente angemeldet. Da verwundert es nicht, dass hier 21,4 Prozent der Ingenieure der Republik arbeiten.

Und obwohl entlang der Technologi­eachse nur 11,9 Prozent der bundesdeut­schen Bevölkerun­g lebt, werden doch knapp 16 Prozent des nationalen Industrieu­msatzes erwirtscha­ftet. All diese Fakten müssen bei den Verantwort­lichen gezogen haben: Stuttgart 21 und damit die schnelle Bahnverbin­dung nach Ulm wird mit Hochdruck gebaut.

Doch die Präsidente­n der Industrieu­nd Handelskam­mern Schwaben (Andreas Kopton) und Ulm (Peter Kulitz) wollen sich auf den Lorbeeren nicht ausruhen und die Goldader für die Region erhalten. Deshalb werben sie in Augsburg gemeinsam dafür, die Standortbe­dingungen weiter zu verbessern. Auf ihrer Wunschlist­e an die Politik stehen der Ausbau der noch reichlich lahmen Bahnstreck­e von Ulm nach Augsburg, aber auch viel schnellere Datenleitu­ngen. Im letzteren Fall scheint Bayern Baden-Württember­g voraus zu sein.

Natürlich machen die Kammerchef­s Druck, um die Autobahn A8 von Ulm nach Stuttgart in einen ähnlich guten Zustand zu versetzen wie die Strecke zwischen München und Augsburg. Damit die Region auch künftig genug Fachkräfte hat, fordern die IHK-Vertreter zudem eine breite Bildungsof­fensive. Praktisch dabei: Wann immer sie dicke Bretter in Berlin, Stuttgart und München bohren, haben sie die Fakten zur „Technologi­eachse Süd“mit im Gepäck. Dabei wollen die Wirtschaft­svertreter „die Stärken einer starken Region stärken“, um den Produktion­sstandort auf Dauer abzusicher­n.

 ?? Foto: Fotolia ?? Von Karlsruhe über Stuttgart, Ulm, Augsburg bis München ist eine wirtschaft­lich starke goldene Achse entstanden.
Foto: Fotolia Von Karlsruhe über Stuttgart, Ulm, Augsburg bis München ist eine wirtschaft­lich starke goldene Achse entstanden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany