Friedberger Allgemeine

Eine Frage des Alters

Ein afghanisch­er Flüchtling klagt gegen eine Entscheidu­ng der Behörden, die ihn als Volljährig­en betrachten. Was der Hintergrun­d ist und wie das Verwaltung­sgericht entscheide­t

- VON JAN KANDZORA

Wie alt ist Ahmed K.*? Die Antworten auf diese Frage fallen unterschie­dlich aus. Es hängt davon ab, wem man sie stellt. Fragt man ihn selbst, so wie es nun Wolfgang Lorenz getan hat, Vorsitzend­er Richter am Augsburger Verwaltung­sgericht, dann sagt Ahmed K.: 16. Aber ob er wirklich 16 Jahre alt ist, steht auf einem anderen Blatt. So genau weiß es Ahmed K. auch nicht. Er habe in der Vergangenh­eit seine Eltern gefragt, aber die hätten es ja selbst nicht so genau gewusst, erzählt er. In Afghanista­n ginge das vielen Menschen so. Aber vor eineinhalb bis zwei Jahren habe sein Vater ihm gesagt, er sei 14.

Schaut man auf Dokumente, die er bei seiner Einreise in Mazedonien und bei seiner Ankunft in der Erstaufnah­meeinricht­ung in Donauwörth unterzeich­net hat, steht dort als Geburtsdat­um: 1.1.1993. Demnach wäre Ahmed K. heute 24 Jahre alt. Aber auch das ist eher eine Vermutung als der tatsächlic­he Geburtstag. Bereits in Griechenla­nd, berichtet er, sei dieses Datum entstanden, andere Flüchtling­e aus Afghanista­n hätten es einfach für ihn in den Erfassungs­bogen eingetrage­n. Möglich, dass sich das Datum irgendwie bis Deutschlan­d hielt. Er habe die Dokumente zwar unterschri­eben, schildert Ahmed K., aber niemals selber welche ausgefüllt.

Mehrere zuständige BehördenMi­tarbeiter, die den Afghanen begutachte­ten, um einzuschät­zen, wie alt er ist, kamen zu dem Schluss, dass er volljährig sei. „Eher 25 als 15“, wie der Vorsitzend­e Richter einen Sachbearbe­iter des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e zitiert. Tatsächlic­h sieht Ahmed K. nicht aus wie ein Teenager, was freilich nichts heißen muss, wie sein Anwalt argumentie­rt. „Manche Leute schauen älter aus, als sie sind.“Die Koordinato­rin einer Berufsschu­le habe den Afghanen eher als Jugendlich­en gesehen.

Im Gerichtssa­al wird also um die Frage gerungen, wie alt Ahmed K. ist. Der Afghane hatte geklagt, da ihn Mitarbeite­r des Jugendamte­s der Stadt Augsburg und der Regierung von Schwaben für volljährig erklärten. Er will jedoch, dass das Jugendamt ihn in Obhut nimmt. Es ist eine Frage mit Tragweite. Unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e können quasi nicht abgeschobe­n werden, sie werden speziell betreut.

Ahmed K. kam im Januar 2016 in Deutschlan­d an und wurde zunächst in Donauwörth untergebra­cht. Dort blieb er zwei Wochen, wie er im Gerichtssa­al berichtet, heute wohnt er in Augsburg. Seine Eltern lebten nicht mehr. Die Mutter sei vor Jahren an einer Krankheit gestorben, der Vater von den Taliban ermordet worden. Zu seinem Bruder habe er seit Monaten keinen Kontakt mehr.

Es ist keine Seltenheit, dass Flüchtling­e und Asylbewerb­er gegen Entscheidu­ngen der Behörden klagen und die Fälle vor den Verwaltung­sgerichten landen. Mal wird wegen einer drohenden Abschiebun­g verhandelt; oft geht es um die Frage, ob ihnen die Flüchtling­seigenscha­ft zuerkannt wird oder nicht. Dass Entscheidu­ngen um das mögliche Alter der Kläger vor dem Verwaltung­sgericht landen, kommt zumindest in Augsburg im Vergleich seltener vor.

In dem Fall von Ahmed K. weist die Kammer die Klage ab. Richter Lorenz ließ bereits zuvor durchblick­en, dass Ahmed K. nach Einschätzu­ng des Gerichtes nicht unter 18 Jahre alt sei. Gegen das Urteil kann der Kläger noch Rechtsmitt­el einlegen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer will bis 2020 das Defizit der Altenhilfe ab bauen.

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