Alles Tracht, oder?
Viele besuchen das Volksfest in Dirndl und Lederhose. Manch einer mag es dabei gerne etwas ausgefallener. Andere legen mehr Wert auf die Tradition. Ein Rundgang durch die Bierzelte
Die Freundinnen Ann-Kathrin Stolz und Jacqueline Greschak haben ihre Trachten extra für Besuche auf dem Volksfest gekauft. Weil sie beim Osterplärrer auch schon im Dirndl unterwegs waren, haben sie sich dieses Mal für Lederhosen entschieden. „Meistens gehen wir mit unseren Freundinnen aus der Prinzen-Garde auf den Plärrer. Dabei ist das Tracht tragen für uns eine Selbstverständlichkeit“, erzählen sie stolz. Die beiden gestalten ihre Kleidung auch gerne mal etwas unkonventionell. So scheuen sie sich nicht, ihre traditionellen Hosen ganz entspannt mit modernen T-Shirts zu kombinieren. Ann-Kathrin zieht mit einem roten Hut und passendem Halstuch die Blicke auf sich.
Einmal im Jahr gehen die Brüder Basti, Matthias und Lukas Härle zu- sammen mit Papa Walter auf den Plärrer. Das ist Familientradition. An diesem besonderen Tag stimmen sie sich immer modisch ab. So tragen sie dieses Jahr alle einen dunklen Hut und ähnliche Westen. Geht es ihnen auch um den Erhalt bayerischer Kultur? So weit wollen die vier Männer nicht gehen. Es soll einfach modisch aussehen und zum Wohlfühlen sein, sagen sie. Außerhalb des Plärrers bleibt die Lederhose deshalb meist im Schrank.
Beim Anblick von Simone Bergers modernem Blümchen-Dirndl kommen Frühlingsgefühle auf. Die Günzburgerin hat zwei Dirndl zuhause und zieht diese immer an, wenn sie mit ihren Freunden auf Volksfeste geht. Dabei mag sie es am liebsten, wenn alles farblich abgestimmt ist. „Früher hatte ich rote Haare, deshalb habe ich mir ein Dirndl in Rosa gekauft“, sagt sie. Inzwischen sind ihre Haare wieder blond. Aber extra für den Plärrerbesuch hat sie ihre Haarspitzen passend zum Kleid pink getönt.
Den pinken Schmuck, den Daniela Mergler aus Fischach passend zu ihrem Dirndl trägt, hat sie zufällig beim Durchstöbern ihres Schmuckkästchens gefunden. „Pink und Pink, das passt“, hat sie sich gedacht und ihre Tracht spontan aufgepeppt. Auch ihren Lippenstift hat sie farblich angepasst. Meist bevorzuge sie er aber eher schlicht, sagt sie. Heute ist sie mit Kollegen im Bierzelt. „Unser Chef hat gesagt, alle, die eine Tracht haben, sollen sie anziehen. Das habe ich dann natürlich gemacht, denn so oft ergibt sich die Gelegenheit ja nicht“, sagt sie. Die zwei Dirndl, die sie besitzt, zieht sie außer auf Volksfesten auch ab und zu auf Hochzeiten an.
Zwei Trachtengewänder? Über diese Zahl kann Edda Thoma nur müde lächeln. Die Ur-Augsburgerin besaß früher um die 120 Dirndl. Nach dem Umzug in eine kleinere Wohnung musste sie ihre Sammlung schweren Herzens auf 50 Kleider reduzieren. Sie sieht ihre Trachten als Weg, die traditionelle bayerische Lebensweise zu erhalten. „Für alles haben wir Geld, aber nicht für unsere eigene Kultur“, kritisiert sie. Deshalb trägt sie ihre Dirndl nicht nur zur Plärrerzeit, sondern auch im Alltag während des ganzen Jahres. Dabei achtet sie darauf, dass ihre Kleider der alten Tradition entsprechen. „Die Trachten, die man heutzutage im Kaufhaus bekommt, sind stark vereinfacht. Das hat mit echter bayerischer Kultur nur noch wenig zu tun“, sagt Edda Thoma. „Früher waren die Kleider noch mit Klöppeleien und Seidenstickereien versehen“, erzählt sie. Trotzdem findet sie es schön, dass viele den Plärrer in Tracht besuchen.
Tradition statt Mode: Udo Aichmeyer ist stolz auf sein traditionelles bayerisches Gewand, mit modischen Trends hat er dagegen nichts am Hut. Er ist der Vorsitzende des Vereins der Königstreuen in Augsburg. Dessen Ziel: der Erhalt der bayerischen Kultur und Lebensweise. Während der Plärrerzeit trifft er sich mit seinen Vereinskollegen zum Stammtisch im Bierzelt. Die Männer treten auf verschiedensten Veranstaltungen im traditionellen Gewand auf. Jeder ergänzt seine Tracht auch mit individuellen Elementen. So trägt Aichmeyer neben seinen Vereinsorden auch Abbilder des früheren Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß und von König Ludwig II. an Hut und Weste. Die Tracht ist für Udo Aichmeyer eine Lebenseinstellung, sagt er.