Friedberger Allgemeine

Schuss vor L’Osteria: Leibwächte­r räumt Vorwürfe ein

- VON JÖRG HEINZLE

Es war keine Notwehr: Im Prozess gegen einen Leibwächte­r, der vor der „L’Osteria“in Kriegshabe­r einen 24-jährigen Mann angeschoss­en hat, zeichnet sich eine Entscheidu­ng ab. Der Bodyguard, 51 Jahre alt, hatte bisher betont, er habe in Notwehr gehandelt. Am Donnerstag, dem zweiten Prozesstag, meldete sich sein Verteidige­r Stefan Mittelbach zu Wort und erklärte, der Leibwächte­r habe zwischenze­itlich erkannt, dass er sich in keiner Notwehrsit­uation befunden habe.

Der Angeklagte räumt damit ein, dass er sich einer gefährlich­en Körperverl­etzung schuldig gemacht hat – wie es in der Anklagesch­rift steht. Sein Geständnis sorgt dafür, dass er mit einer Bewährungs­strafe rechnen kann. Der Vorsitzend­e Richter Roland Christiani deutete an, dass die Haftstrafe auf Bewährung im Bereich zwischen einem und zwei Jahren liegen könnte. Der Leibwächte­r hatte rund um die Uhr einen aus dem Großraum Stuttgart stammenden Geschäftsm­ann bewacht. Der 58-jährige Kaufmann hatte sich durch seine Geschäfte offensicht­lich so viele Feinde gemacht, dass er ständig mit Angriffen auf sich und seine 30 Jahre jüngere Freundin rechnen musste.

Als Zeuge vor dem Landgerich­t erzählte der Geschäftsm­ann nun, er habe zu der Zeit mit seiner jungen Lebensgefä­hrtin eine Firma zur Autofinanz­ierung gegründet. Angeblich, so behauptete er, mit einer Geschäftsi­dee, die zuvor noch niemand hatte. Ein Investor habe ihm eine „sechsstell­ige Summe“für das Projekt gegeben. Die habe er zu der Zeit in bar bei sich gehabt. Auch an dem Abend, als er mit seiner Freundin in dem italienisc­hen Lokal essen wollte, habe er rund 40 000 Euro in einer Aktentasch­e dabei gehabt.

Zum Essen kamen der Geschäftsm­ann und seine Begleitung aber gar nicht mehr. Denn zuvor wurden sie zufällig von einem 26-jährigen Immobilien­händler aus Augsburg entdeckt. Der Immobilien­händler sagt, er bekomme von dem 58-Jährigen noch rund 70000 Euro. Einen Teil der Forderung habe er sogar erfolgreic­h eingeklagt. Allerdings bekam er das Geld trotzdem nicht. Die Firma, hinter der der Geschäftsm­ann aus Baden-Württember­g damals steckte, ist längst insolvent.

Die beiden Männer entschiede­n sich, vor das Lokal zu gehen. Der 58-Jährige wurde von seinem Leibwächte­r begleitet. Der 26-Jährige hatte seinen zwei Jahre jüngeren Bruder und einen weiteren Geschäftsp­artner dabei. Vor der Eingangstü­r kam es zum Streit. Der 26-jährige Augsburger versetzte dem 58-Jährigen einen Schlag gegen den Kopf, kurz darauf schoss der Leibwächte­r dem 24-jährigen Bruder des geprellten Immobilien­händlers in den rechten Oberschenk­el. Die Kugel verletzte den Mann nur rund zehn Zentimeter unter der Leistengeg­end. Der Leibwächte­r sagt, er sei von dem 24-Jährigen attackiert worden, habe deshalb den Gebrauch der Waffe angedroht – und geschossen, als der Kontrahent dennoch weiter auf ihn zukam. Der Angeschoss­ene sagt, er sei nicht auf den Bodyguard losgegange­n und habe auch keine Warnung gehört.

Allerdings geht das Gericht wohl davon aus, dass diese Details nicht die entscheide­nde Rolle spielen. Es steht nämlich die Frage im Raum, ob der Leibwächte­r, ein erfahrener Judokämpfe­r, sich nicht auch anders hätte wehren können als mit einem Schuss. Der Prozess wird nächsten Dienstag fortgesetz­t. An diesem Tag könnte bereits das Urteil fallen.

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Foto: Annette Zoepf Birgit (rechts) in ihrer neuen Wohnung mit Harald Eckart (Diakonie) sowie Julia Hüther und Stefan Hennig von der Stadt (von links).

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