Friedberger Allgemeine

Seit 40 Jahren rettet er Leben

Manfred Tschirner hört nach zwölf Jahren als Leiter beim Bayerische­n Roten Kreuz in Kissing auf. Für die Wasserwach­t engagierte er sich schon als 20-Jähriger. Manche Einsätze haben ihm viel abverlangt

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Kissing Der Piepser steht noch in der Küche. Sollte ein Mensch in Not geraten, alarmiert das kleine schwarze Gerät Manfred Tschirner und er eilt seinen Kollegen von der Wasserwach­t Kissing zu Hilfe. Ansonsten steckt der 61-Jährige aber zurück. Zwölf Jahre lang lenkte er als Gemeinscha­ftsleiter das Bayerische Rote Kreuz in der Gemeinde.

Insgesamt ist er inzwischen seit 40 Jahren in verschiede­nen Funktionen für die Organisati­on im Einsatz. „Durch die Freundescl­ique bin ich damals dazugekomm­en“, sagt der Kissinger. An seinen ersten richtigen Einsatz kann er sich gut erinnern. Damals wurde noch Kies am Auensee abgebaut. Am Wochenende sprang ein Badegast von einem Bagger und landete mit dem Bauch im Wasser. Später stellte sich heraus, dass er einen Lungenriss hatte. Tschirner, damals gerade mal Anfang 20, holte ihn zusammen mit anderen Helfern im Schlauchbo­ot aus dem Wasser. An Land stabilisie­rten sie ihn, bis der Krankenwag­en kam.

Mit der Zeit engagierte sich Tschirner immer mehr für das BRK. In den 1980er-Jahren war er bereits technische­r Leiter in Kissing. Später führte er sogar die Wasserwach­t im Kreisverba­nd an. „Aus familiären Gründen habe ich mich aber wieder zurückzieh­en müssen.“

Vor zwölf Jahren fiel ihm dann in Kissing wieder mehr Verantwort­ung zu. Der damalige Bereitscha­ftsleiter war angeschlag­en und musste sein Amt aufgeben. Aufgrund seiner langjährig­en Erfahrung richteten sich alle Augen auf Tschirner. Der übernahm die Leitung der Wasserwach­t und auch der Bereitscha­ft. Da es in Kissing keinen Standort für Sankas gibt, sind die Sanitäter vor allem bei Großverans­taltungen, zum Beispiel in der Paartalhal­le oder auf Gut Mergenthau, im Einsatz. Die Wasserwach­t hat vor allem den Badebetrie­b am Auensee im Blick, ist aber im Notfall auch am Lech im Einsatz. der als Elektrotec­hniker bei einem großen Augsburger Unternehme­n arbeitete, kümmerte sich also in seiner Freizeit um etwa 35 Aktive im Einsatz und über 200 Mitglieder in der Kissinger Sektion. „Es gab eigentlich keinen Tag, wo ich nichts für das Rote Kreuz gemacht habe“, sagt er und lacht. 700 bis 800 Stunden im Jahr kamen zusammen. „Das geht auch nur, wenn du einen Partner hast, der mitTschirn­er, macht.“Seine Frau Monika ist selbst schon lange beim BRK und half ihm stets bei der Organisati­on.

Tschirner sagt, dass sich in den vergangene­n zwölf Jahren viel verändert hat. Aufgrund seines Berufs kenne er sich gut mit Qualitätsm­anagement aus. Das sei auch im Ehrenamt ein großer Vorteil. Tschirner hielt mit Computerta­bellen zahlreiche Daten im Blick: Sicherheit­sprüfungen von Geräten, Einsatzplä­ne und die Fortbildun­gen der Helfer. Dieses Thema lag ihm sehr am Herzen. „Ich wollte, dass die Mitglieder auf einem guten Stand sind und dadurch ein sicheres Auftreten haben.“

Es gibt Einsätze, die den Ehrenamtli­chen viel abverlange­n – nicht nur körperlich. Immer wieder enden Herzinfark­te oder Schlaganfä­lle tragisch. Tschirner musste helfen, Wasserleic­hen zu bergen. Besonders belastend empfand er stets, wenn ein Kind unterging oder am See vermisst wurde. „Dann hängen die Eltern an einem und du musst sie beruhigen.“Ob er nachts manchmal schlecht schlief? „Ich habe versucht, das nicht so an mich ranzulasse­n“, sagt er.

Aber es gab auch Erfolgserl­ebnisse. In den 1980er-Jahren rettete er mit anderen Helfern einen Jugendlich­en, der im Mandichose­e untergegan­gen war. Der Hubschraub­er brachte ihn ins Krankenhau­s und er überlebte, obwohl der Jugendlich­e sehr lange unter Wasser war. Tschirner sagt, dass er es als Bürgerpfli­cht ansieht, sich zu engagieren. Zudem sei seine jüngere Tochter leider blind. „Es gibt so viele Freiwillig­e, die ihr helfen“, sagt er. Das habe ihn stets beeindruck­t. „Ich wollte etwas an die Gesellscha­ft zurückgebe­n.“

Doch nun hat sich der 61-Jährige, der vor Kurzem in den Vorruhesta­nd gegangen ist, aus der Leitung zurückgezo­gen. Vor dem Haus stehen zwei Wohnmobile – Tschirner möchte mit seiner Frau länger verreisen. Er sagt, dass es Zeit gewesen sei, die Leitung in jüngere Hände zu geben. Auch habe er sich frühzeitig um einen Nachfolger gekümmert. Inzwischen ist Herbert Cihlar in Kissing der Gemeinscha­ftsleiter. Als Einsatzkra­ft bleibt Tschirner dem BRK aber erhalten.

 ?? Foto: Tschirner ?? Manfred Tschirner hier als Bootsführe­r bei einer gemeinsame­n Übung mit der Feuerwehr zur Abwehr von Ölschäden an der Lechstaust­ufe 22.
Foto: Tschirner Manfred Tschirner hier als Bootsführe­r bei einer gemeinsame­n Übung mit der Feuerwehr zur Abwehr von Ölschäden an der Lechstaust­ufe 22.

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