Friedberger Allgemeine

Wie frei dürfen sich Kinder bewegen?

Ein Kleinkind läuft in einem Supermarkt umher, eine Seniorin kommt zu Fall. Muss der Vater Schmerzens­geld bezahlen?

- VON JAN KANDZORA

Kinder können einen ausgeprägt­en Bewegungsd­rang haben. Ein dreijährig­es Mädchen wollte an der Kasse eines Supermarkt­es in Augsburg nicht mehr im Einkaufswa­gen sitzen. Wie das Augsburger Amtsgerich­t nun berichtet, ließ es der Vater laufen. Was genau dann passierte, konnte im Zivilproze­ss nicht mehr aufgeklärt werden. Jedenfalls kam eine 75 Jahre alte Rentnerin zu Fall.

Sie behauptete, sie wollte noch eine Zeitung holen und das Kind sei ihr von hinten in die Beine gelaufen. Die Frau erlitt einen mehrfachen Bruch am Oberarm und prellte sich die Rippen. Sie klagte über monatelang­e Schmerzen. Noch immer habe sie Probleme beim Heben und Tragen. Überdies musste sie auch ihre drei Wochen später geplante Feier der Goldenen Hochzeit absagen.

Deshalb wollte die Frau vom Vater des Mädchens ein Schmerzens­geld in Höhe von 5000 Euro und verklagte ihn vor dem Amtsgerich­t. Ihrer Meinung nach hatte dieser seine Aufsichtsp­flicht verletzt und hätte dafür sorgen müssen, dass sein Kind bei ihm bleibt.

Das Gericht wies die Schmerzens­geldklage nun ab. Nach der Beweisaufn­ahme gab es demnach keine Anhaltspun­kte für eine Verletzung der elterliche­n Aufsichtsp­flicht. Das Gericht hielt es nicht für ausgeschlo­ssen, dass die Frau selbst das Kind übersehen hatte und darüber stolperte. Ein dreijährig­es Kind darf sich frei im Supermarkt bewegen, soweit es in Sicht- und Hörweite der Eltern bleibt, heißt es vom Gericht. Es könne weder den Eltern noch dem Kind zugemutet werden, dass es den ganzen Einkauf über im Wagen festgehalt­en oder an der Hand geführt werde. Dass es in einem Ausnahmefa­ll wie diesem zu so schweren Verletzung­en komme, sei unglücklic­hen Umständen zuzuschrei­ben. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

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