Friedberger Allgemeine

Frau Schuster ist süchtig nach Glücksspie­l

Die 53-Jährige erzählt hier, wie es überhaupt so weit kommen konnte

- VON KIM ALEXANDER ZICKENHEIN­ER Wusstest du, …

Irgendwann bemerkte Frau Schuster, dass sie ein Problem hat. Sie erfährt, dass sie aus ihrer Wohnung ausziehen muss. Drei Monate lang hat sie die Miete nicht zahlen können. Denn Frau Schuster konnte nicht aufhören, um Geld zu spielen. Und dabei verlor sie so viel, dass sie nichts mehr bezahlen konnte. Frau Schuster ist süchtig nach Glücksspie­len.

„Bei einer Sucht verlieren Menschen die Kontrolle über ihr Verhalten“, erklärt ein Experte. „Sie können nicht mehr damit aufhören.“Glücksspie­l bedeutet: Jemand zahlt Geld und hofft, dadurch mehr Geld zurückzube­kommen. Der Zufall bestimmt das Ergebnis ganz oder fast ganz.

Dann erzählte sie Lügen, weil sie sich schämte

Wie kam es bei Frau Schuster dazu, dass sie spielsücht­ig wurde? Sie konnte nicht mehr zur Arbeit gehen, ihr Vater wurde schwer krank und jemand tat ihr Gewalt an. Um sich von diesen schlimmen Dingen abzulenken, ging sie spielen. Anfangs ab und zu, dann immer mehr. Sie sagt: „Ich wollte an nichts mehr denken.“

Doch oft verliert man das meiste Geld. „Glücksspie­le sind dazu da, die Taschen der Betreiber zu füllen, nicht die Taschen der Spieler“, sagt der Experte. Nicht jeder Spieler wird süchtig. Frau Schuster schon. Sie spielte an Automaten, immer in derselben Bar in der Stadt Berlin. Vielleicht sind dir die bunt blinkenden Maschinen schon mal aufgefalle­n. Man schmeißt eine Münze rein, und wenn man Glück hat, kommen viele Münzen raus. Das passiert aber sehr selten.

Frau Schuster konnte nicht aufhören. Sie musste sich Geld leihen, um weiterzuma­chen. Sie … dass es unterschie­dliche Arten von Glücksspie­l gibt? Man kann Karten spielen oder darauf wet ten, dass eine bestimmte Zahl gezogen wird. Man kann auch auf den Ausgang von Fußballspi­e len oder Pferderenn­en wetten. Je denfalls hat man nur wenig oder gar keinen Einfluss auf das Ergebnis des Spiels. „Der mög liche Geldgewinn ist der größte Reiz, um zum ersten Mal mitzu machen“, sagt ein Experte. Später geht es aber um andere Dinge. Manche Leute wollen sich von ih rem Alltag und von Problemen ablenken. Manche Leute mögen auch die Spannung des Spiels. Bei bestimmten Spielen, zum Bei spiel an Automaten, dauert das Spiel nur ein paar Sekunden. Dann kann man sofort ein neu es Spiel anfangen. Und auch wenn man verliert, kann die Spannung die Enttäuschu­ng schnell beiseitesc­hieben. Des wegen kann es so leichter passie ren, dass man süchtig wird, sagt der Experte. Was ist die Grenze zwischen Spaß und Sucht? Der Experte sagt: Wer sein Spielen nicht mehr im Griff hat, die ganze Zeit ein Verlangen da nach hat und am Ende Schaden verursacht, ist süchtig. Hobbys, Interessen, Freundscha­ften und Familie sind für einen Süchtigen oft nicht mehr wichtig. Er küm mert sich nicht mehr um seinen Alltag. (dpa) hat auch Geld genommen, das ihr nicht gehörte. Das alles verlor die 53 Jahre alte Frau wieder. Sie erzählte Lügen, denn sie schämte sich. Keiner wusste von ihrer Sucht. Doch als sie erfährt, dass sie, ihr Sohn und ihre Mutter aus der Wohnung ausziehen müssen, macht sie Schluss mit den Lügen. Sie erzählt ihren Liebsten, was mit ihr los ist – und hat seitdem keinen Automaten mehr angerührt.

Sie trifft sich mit Leuten, denen es ähnlich geht

„Nie wieder will ich spielen“, sagte sie. Dabei haben ihr Berater geholfen. Frau Schuster hat gelernt, sich um ihre Probleme zu kümmern und sich nicht mit Spielen abzulenken. Immer noch trifft sie sich mit anderen Süchtigen, die über ihre Probleme sprechen. Frau Schuster, die eigentlich anders heißt, spielt nicht mehr. Aber sie sagt von sich selbst: „Ich bin immer noch süchtig.“Sie geht nirgendwo hin, wo es Automaten gibt. Nicht einmal „Mensch ärgere dich nicht!“spielt sie.

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Fotos: dpa Lauter blinkende Lichter, ein paar Töne und ein Schlitz zum Geldeinwer­fen – so sehen Glücksspie­lautomaten aus.
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Frau Schuster hat sich Hilfe von Exper ten geholt. Hier siehst du sie im Ge spräch mit einem von ihnen.

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