Friedberger Allgemeine

Gäste müssen nicht alles hinnehmen

Lauwarmes Essen, halb gares Fleisch, ewige Wartezeite­n: Wer essen geht, muss sich nicht alles bieten lassen. Welche Rechte Restaurant-Gäste haben – und was Wirte dürfen

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Der Magen knurrt, und das schon seit über einer Stunde. Dann endlich kommt eine Bedienung und bringt das Essen an den Tisch. Doch die servierten Kartoffeln sind nur lauwarm – und das Fleisch nicht einmal durchgegar­t. Auf „Rechnung bitte“reagiert die Bedienung erst gar nicht. Der Abend ist gründlich daneben gegangen. Doch bei der Bewirtung im Restaurant müssen sich Gäste nicht alles bieten lassen.

Denn Speisen und Getränke, die einem aufgetisch­t werden, müssen von einwandfre­ier Qualität und Zubereitun­g sein. Verdorbene Lebensmitt­el darf und sollte der Kunde reklamiere­n, rät die Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen. Beanstande­n kann man auch alles, was unüblich ist – etwa wenn der Fisch versalzen oder die Suppe kalt ist. Und wenn etwas anderes auf dem Teller liegt als bestellt wurde, braucht das ebenfalls niemand zu schlucken.

In einem solchen Fall muss der Wirt zunächst den Mangel beheben – Juristen sprechen dann von der sogenannte­n Nacherfüll­ung. Konkret heißt das: Das noch rohe Steak muss durchbrate­n oder das falsche Gemüse ausgetausc­ht werden. Alternativ kann das Essen natürlich auch gegen ein einwandfre­ies Gericht umgetausch­t

Gäste dürfen vieles – aber längst nicht alles

werden. Weigert sich der Wirt, kann der Gast im nächsten Schritt den Preis herabsetze­n, sofern er überhaupt noch weiteresse­n möchte. Er ist dann nur noch zur Zahlung in Höhe des Einkaufspr­eises verpflicht­et. Wem der Appetit gänzlich vergangen ist, der darf das Essen auch ohne Bezahlung zurückgehe­n lassen, heißt es bei der Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen.

Auch mit schlechtem Service muss sich ein Gast nicht zufrieden geben. Es hängt aber davon ab, wo man speist: Eine ruppige Bedienung mag für eine Kneipe noch akzeptabel sein, in einem Sterne-Restaurant könnte dafür eine Preisminde­rung berechtigt sein. Umgekehrt wird man in einem gehobenen Restaurant mit kleineren Essensmeng­en rechnen müssen als in einer gut bürgerlich­en Gaststätte. Allerdings muss der Wirt nicht jeden Wunsch erfüllen: Die Speisekart­e gilt nämlich nur als unverbindl­iches Angebot. Ist ein dort aufgeführt­es Essen ausgegan- hat der Gast keinen Anspruch darauf, es zu bekommen.

Wie um viele Bereiche des Alltags ranken sich auch um den Restaurant­besuch zahlreiche Mythen und Irrtümer. Denn Restaurant­gäste haben zwar viele Rechte – sie dürfen aber längst nicht alles. Zu den populärste­n Irrtümern zählt, dass der Gast einfach ohne zu bezahlen das Lokal verlassen darf, wenn der Kellner nicht rechtzeiti­g mit der Rechnung an den Tisch kommt. Das stimmt so nicht – im Gegenteil: „Dann setzt sich der Gast dem Verdacht aus, von Anfang an einen Abgang ohne Bezahlung geplant zu haben – und das wäre ein strafbarer Betrug“, warnt Michaela Rassat, Juristin beim DAS-Leistungss­ervice.

Daher gilt: Zunächst muss man warten. „Juristen sehen eine Dauer von 30 Minuten als zumutbar an“, so die Expertin. Wenn dann immer noch keine Rechnung gebracht wird, darf man sich zwar auf den Heimweg machen. Allerdings muss der Gast zuvor Name und Anschrift hinterlass­en, damit ihm der Wirt die Rechnung zuschicken kann – sonst riskiert er eine Strafanzei­ge. Und diese Rechnung muss natürlich auch beglichen werden. „Einfacher ist es, im Restaurant direkt auf Kellner oder Wirt zuzugehen und vor Ort zu bezahlen“, sagt Rassat.

Auch dass ein Wirt vom letzten verblieben­en Gast die Zeche jener Gäste eintreiben darf, die nach einem feuchtfröh­lichen Abend in größerer Runde schon gegangen sind, ist ebenfalls ein populärer Irrtum. Der Volksmund sagt zwar, der Letzte zahlt die Zeche – doch rechtlich ist dem nicht so, sagt die Juristin Rassat. „Der letzte Gast muss nur die Speisen und Getränke bezahlen, die er tatsächlic­h bestellt und konsumiert hat.“Hat vorher ein anderer Gast vergessen, seinen Wein oder sein Wasser zu bezahlen, bleibt der Wirt auf den Kosten sitzen. Der rechtliche Hintergrun­d: Bei der Bestellung schließt der Wirt mit jedem einzelnen Gast einen eigenen Bewirtungs­vertrag. Deshalb kann er auch nur von diesem die Bezahlung verlangen. Das gilt zumindest dann, wenn jeder für sich bestellt hat.

Immer wieder sorgen auch Hafgen,

tungsfrage­n für Streitigke­iten zwischen Wirten und ihren Gästen. Zum einen wäre da das Schild „Für Garderobe wird nicht gehaftet“, was über so ziemlich jeder Garderobe in Restaurant­s hängt. Doch ganz so einfach kann sich ein Wirt nicht aus der Haftung stehlen: „Wenn das Lokal über eine zentrale Garderobe verfügt, bei der die Gäste schon am Eingang ihren Mantel abgeben, entsteht rechtlich gesehen ein Verwahrung­svertrag“, erläutert Expertin

Rassat. Dann haftet der Wirt für die abgegebene Bekleidung, selbst wenn er ein Schild angebracht hat.

Anders sieht es bei einer Garderobe aus, die sich mitten im Gastraum befindet und die der Gast während seines Aufenthalt­s folglich ständig im Blick haben kann. „Hier ist es Sache des Gastes, auf sein Eigentum zu achten und der Gastwirt haftet nicht“, so die Expertin. In diesem Fall müsste der Wirt sogar nicht einmal ein Schild aufhängen.

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Foto: Robert Kneschke, Fotolia Der Wein im Restaurant ist verkorkt oder das Essen kommt schon kalt am Tisch an? Als Gast muss man das nicht kommentarl­os hinnehmen. Denn jeder Gast hat bestimmte Rechte. Allerdings müssen auch Wirte nicht alles akzeptiere­n.

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