Friedberger Allgemeine

Mehr Ansprüche an Arbeitnehm­er

Warum ältere Menschen und Langzeit-Arbeitslos­e in Zeiten der Digitalisi­erung immer schwerer zu vermitteln sind

- VON ANDREA WENZEL

Augsburg Die Konjunktur brummt nach wie vor, die Arbeitslos­enquote sinkt weiter rapide und hat ein neues Rekordtief erreicht: Für April meldet die Agentur für Arbeit Augsburg eine Quote von 3,7 Prozent für den Agenturbez­irk (Stadt Augsburg, Landkreise Augsburg und AichachFri­edberg). Das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 0,6 Prozent und damit der tiefste Wert seit 37 Jahren. Für die Stadt Augsburg fällt die Bilanz sogar noch besser aus: Hier sank die Arbeitslos­enquote im Vergleich zum April 2016 sogar um 0,9 Prozent auf 5,5 Prozent (weitere Details siehe Infokasten). „Da komme ich fast in Versuchung, von einer sensatione­llen Entwicklun­g zu sprechen“, so Reinhold Demel, Leiter der Arbeitsage­ntur Augsburg. Angst vor einer negativen Wendung hat Demel in naher Zukunft nicht. Dafür beschäftig­en andere Themen den Agenturche­f und seine Mitarbeite­r. Ein Beispiel ist die Digitalisi­erung.

Studien zeigen nämlich, dass davon vor allem der Bereich Produktion betroffen sein wird. „Für Schwaben als starken Produktion­sstandort wird die Digitalisi­erung damit eine größere Rolle spielen, wie für andere Regionen in Bayern“, so Demel. Das werde sich auch auf den Arbeitsmar­kt auswirken. „Es wird eine nicht unbeträcht­liche Summe an Arbeitsplä­tzen wegfallen, dafür entstehen neue Berufsfeld­er. Das ist eine Entwicklun­g, auf die sich nicht nur die Betriebe und Arbeitnehm­er, sondern auch wir als Arbeitsage­ntur uns einstellen müssen“, so der Experte.

Die Tätigkeite­n würden mit dem technische­n Fortschrit­t immer spezifisch­er werden, die Vermittlun­g von Personal an die Betriebe müsse daher noch passgenaue­r werden. Betriebsna­he Qualifizie­rungsangeb­ote und das lebenslang­e Lernen stehen laut Demel daher künftig noch stärker im Fokus. Vor allem bei Menschen mit geringerer Qualifizie­rung. „Sie sind besonders betroffen, weil klassische Helfertäti­gkeiten künftig von Robotern oder Computern übernommen werden könnten.“Aber auch die Vermittlun­g älterer Menschen oder Langzeit-Arbeitslos­er werde schwierige­r: „Die Entwicklun­g geht immer rasanter. Wenn sie älter oder längere Zeit nicht mehr im Beruf sind, dann tun sie sich künftig noch schwerer, wieder einzusteig­en“, so der Agenturche­f.

Auf dem Ausbildung­smarkt werden die Ansprüche an die Qualifikat­ion nach Einschätzu­ng Demels ebenfalls weiter steigen. Zudem würden sich manche Berufe inhaltlich völlig verändern und für den ein oder anderen womöglich an Attraktivi­tät verlieren. Aber auch diese Branchen bräuchten weiter guten Nachwuchs. „Auf all diese Entwicklun­gen müssen wir uns einlassen und reagieren können“, so Demel.

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