Mehr Ansprüche an Arbeitnehmer
Warum ältere Menschen und Langzeit-Arbeitslose in Zeiten der Digitalisierung immer schwerer zu vermitteln sind
Augsburg Die Konjunktur brummt nach wie vor, die Arbeitslosenquote sinkt weiter rapide und hat ein neues Rekordtief erreicht: Für April meldet die Agentur für Arbeit Augsburg eine Quote von 3,7 Prozent für den Agenturbezirk (Stadt Augsburg, Landkreise Augsburg und AichachFriedberg). Das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 0,6 Prozent und damit der tiefste Wert seit 37 Jahren. Für die Stadt Augsburg fällt die Bilanz sogar noch besser aus: Hier sank die Arbeitslosenquote im Vergleich zum April 2016 sogar um 0,9 Prozent auf 5,5 Prozent (weitere Details siehe Infokasten). „Da komme ich fast in Versuchung, von einer sensationellen Entwicklung zu sprechen“, so Reinhold Demel, Leiter der Arbeitsagentur Augsburg. Angst vor einer negativen Wendung hat Demel in naher Zukunft nicht. Dafür beschäftigen andere Themen den Agenturchef und seine Mitarbeiter. Ein Beispiel ist die Digitalisierung.
Studien zeigen nämlich, dass davon vor allem der Bereich Produktion betroffen sein wird. „Für Schwaben als starken Produktionsstandort wird die Digitalisierung damit eine größere Rolle spielen, wie für andere Regionen in Bayern“, so Demel. Das werde sich auch auf den Arbeitsmarkt auswirken. „Es wird eine nicht unbeträchtliche Summe an Arbeitsplätzen wegfallen, dafür entstehen neue Berufsfelder. Das ist eine Entwicklung, auf die sich nicht nur die Betriebe und Arbeitnehmer, sondern auch wir als Arbeitsagentur uns einstellen müssen“, so der Experte.
Die Tätigkeiten würden mit dem technischen Fortschritt immer spezifischer werden, die Vermittlung von Personal an die Betriebe müsse daher noch passgenauer werden. Betriebsnahe Qualifizierungsangebote und das lebenslange Lernen stehen laut Demel daher künftig noch stärker im Fokus. Vor allem bei Menschen mit geringerer Qualifizierung. „Sie sind besonders betroffen, weil klassische Helfertätigkeiten künftig von Robotern oder Computern übernommen werden könnten.“Aber auch die Vermittlung älterer Menschen oder Langzeit-Arbeitsloser werde schwieriger: „Die Entwicklung geht immer rasanter. Wenn sie älter oder längere Zeit nicht mehr im Beruf sind, dann tun sie sich künftig noch schwerer, wieder einzusteigen“, so der Agenturchef.
Auf dem Ausbildungsmarkt werden die Ansprüche an die Qualifikation nach Einschätzung Demels ebenfalls weiter steigen. Zudem würden sich manche Berufe inhaltlich völlig verändern und für den ein oder anderen womöglich an Attraktivität verlieren. Aber auch diese Branchen bräuchten weiter guten Nachwuchs. „Auf all diese Entwicklungen müssen wir uns einlassen und reagieren können“, so Demel.