Friedberger Allgemeine

Wie Friedberg die Plakatflut eindämmt

Grüne und Freie Wähler wollen die Werbung vor den Wahlen eingrenzen – doch der Stadtrat ist dagegen. Nur eine Verbotszon­e gibt es. Wer darf eigentlich wo plakatiere­n?

- VON UTE KROGULL

Friedberg Im August ist es wieder so weit: Plakate der Parteien und Bundestags­kandidaten säumen vor der Wahl am 24. September die Straßen. Grüne und Freie Wähler wollten die Plakatflut eindämmen und stellten im Stadtrat den Antrag, vor allen Wahlen Plakatwänd­e aufzustell­en. Parteien dürften dann nur dort ihre Werbung anbringen. Claudia EserSchube­rth (Grüne) führte einige Argumente von der Umweltbela­stung bis zum Stadtbild ins Feld und sagte: „Die Bürger sind nicht so dumm, zu denken, die Besseren sind die, die mehr Plakate aufhängen.“Johannes Hatzold (Freie Wähler) meinte: „Es wäre schön, die Stadt in der Wahlkampfz­eit nicht zuzukleist­ern.“Die Plakate beeinfluss­en den Bürgerwill­en seiner Meinung nach nicht. Für diese Gedanken fanden FW und Grüne aber kaum Mitstreite­r.

FDP-Stadträtin Cornelia Böhm („wir brauchen keine Materialsc­hlacht“) fand den Antrag zwar gut. Peter Feile (SPD) meinte dagegen, die Wahlwerbun­g sei zeitlich begrenzt und gerade bei der Kommunalwa­hl sei es wichtig, dass Personen sich präsentier­en können. Die Plakatflut reguliere sich selbst: „Das Pendel kann umschlagen, wenn jemand die Werbung übertreibt.“

Thomas Kleist, Fraktionsc­hef der CSU, wies darauf hin, dass es für einen solchen Beschluss keine Rechtssich­erheit gebe. Es sei daher nicht sinnvoll, der Verwaltung Arbeit aufzubürde­n. Außerdem hätten Parteien einen Verfassung­sauftrag und müssten auch werben dürfen.

Wolfgang Rockelmann (Parteifrei­e) forderte, die Verwaltung solle erst einmal prüfen, was rechtlich machbar sei, bevor der Stadtrat den Antrag ablehnt. Das tat dieser dann aber doch mit 20 zu acht Stimmen. Und das nicht das erste Mal. EserSchube­rth zitierte aus einem Bericht unserer Zeitung von 1995, damals hatte sie den Antrag schon einmal gestellt. Wie aber ist die Plakatieru­ng in Friedberg generell geregelt?

Das weiß Stefan Kreitmeyr als Leiter des Ordnungsam­tes. Für Parteien gilt vor Wahlen und für andere Organisati­onen vor Bürgerents­cheiden eine Ausnahmere­gelung. Sie dürfen dann nämlich sechs bzw. vier Wochen vor der Abstimmung kostenlos überall plakatiere­n – außer sie gefährden den Verkehr. Ansonsten gibt es kostenlose Werbung in Friedberg nur an einigen Plakatwänd­en, etwa am Volksfestp­latz. Das regelt die städtische Plakatvero­rdnung. Außerdem sind große Werbeanlag­en erlaubt, die Fachfirmen vermarkten. Außerhalb dieser Bereiche darf praktisch nur für Veranstalt­ungen in Friedberg geworben werden. Dieses Ausschluss­kriterium soll laut Kreitmeyr verhindern, dass Konzerne wie Handyanbie­ter die Straßenrän­der mit Produktwer­bung zupflaster­n. Und kostenlos ist auch die Werbung für Veranstalt­ungen nicht. Sind diese kommerziel­l, kostet es 20 Euro einmalige Bearbeitun­gsgebühr plus fünf Euro pro Plakat. Sind sie ideell (etwa Konzerte) bleibt es bei den 20 Euro und 20 Plakate sind inklusive.

Ein Bereich ist werbefreie Zone: der Marienplat­z als „gute Stube“der Stadt. „Hier kontrollie­ren wir sehr konsequent“, sagt Kreitmeyr. Aber auch im Rest der Stadt und den Ortsteilen haben die Mitarbeite­r des Bauhofs ein Auge auf Plakate und melden, wenn ihnen etwas ungewöhnli­ch vorkommt. Plakate, die etwa die Sicht an einer Kreuzung einschränk­en, entfernen sie. Und wenn jemand sich ganz uneinsicht­ig zeigt, droht eine Geldbuße.

Werbe-Aufsteller vor Geschäften fallen nicht unter die Plakatieru­ngsverordn­ung. Für sie gilt das Straßenund Wegerecht. Ladeninhab­er müssen sie genehmigen lassen und 25 Euro im Jahr zahlen. Bei Rollstuhlf­ahrern, Menschen mit Sehbehinde­rung oder Eltern mit Kinderwage­n sorgen sie nicht nur für Begeisteru­ng. Deswegen prüft die Stadt, dass auf dem Gehweg ein Streifen von 1,50 Metern frei bleibt. Bürgermeis­ter Roland Eichmann (SPD) hatte im Herbst am Rand der Diskussion über den barrierefr­eien Ausbau der Innenstadt angekündig­t, den Aufsteller­n im Frühling den Kampf anzusagen. Das Thema sei auch noch auf seiner Agenda, teilte er auf Anfrage mit, zeitlich aber nicht festgelegt. »Kommentar

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Foto: Ute Krogull An Plakattafe­ln wie dieser am Friedberge­r Volksfestp­latz darf jeder kostenlos werben. Allerdings: Schön ist das nicht.

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