Friedberger Allgemeine

Offenheit und Spaß statt Schickimic­ki

Den Schläger schwingt, wer über 70 ist und Geld hat – auf dem Platz in Tegernbach werden solche Klischees widerlegt. Hier geht es um Konzentrat­ion und ein nettes Miteinande­r

- VON FELICITAS LACHMAYR

Tegernbach Karierte Hose, weiße Kappe, Polohemd. Die Spieler spießig, der Sport elitär und überaltert. Das ist das Bild, das häufig mit Golf assoziiert wird. „Alles nur Klischees“, sagt Hans Kiener. Und man glaubt es ihm sofort. Denn der Präsident des Golfclubs Tegernbach wirkt mit seiner ärmellosen Jacke und seinem schwäbisch­en Dialekt alles andere als abgehoben. „Bei uns gibt es kein Schickimic­ki und man muss sich auch nicht einkaufen.“Der Club lebe von Offenheit und Vielschich­tigkeit. Wer es nicht glaubt, kann sich am Tag der offenen Tür, zu dem der Club am Sonntag, 7. Mai, einlädt, selbst ein Bild machen.

Arian Derakhchan hat das schon vor zwei Jahren getan und war sofort überzeugt – vom Sport, vom Club, von der Atmosphäre. „Die Leute hier sind nett. Keiner trägt die Nase oben“, sagt der 53-Jährige. Auch er musste die eigenen Vorurteile revidieren. „Früher haben mich die Klischees abgeschrec­kt“, erzählt er. „Über die Wiese laufen und Bälle schlagen, was soll daran spannend sein, dachte ich. Bis ich zum ersten Mal selbst den Schläger in der Hand hatte.“Dann habe ihn das Virus voll erwischt.

Über einen Freund wurde er auf den Club aufmerksam. Auf den Tag der offenen Tür folgten Schnupperk­urs und die Erlangung der Platzreife. Mittlerwei­le ist er festes Mitglied im Golfclub Tegernbach und kommt, so oft es geht, vorbei. „Sobald das Wetter passt, bin ich hier. Und wenn es nur für eine kleine Runde reicht“, betont Derakhchan, der in Mering eine eigene chirurgisc­he Praxis betreibt. Sogar seine Frau und sein Sohn seien schon mit dem Golf-Virus infiziert, denn auch sie stehen regelmäßig mit auf dem Platz. „Es ist ein sehr zeitintens­iver Sport“, betont der 53-Jährige. „So verbringen wir die Zeit wenigstens miteinande­r.“Was ihn am Golfen besonders begeistert, ist die Kombinatio­n aus Ballgefühl, Konzentrat­ion, Koordinati­on und Kondition. „Letzteres wird häufig unterschät­zt“, betont er. „Wenn man mal 18 Loch in gutem Tempo gespielt hat, weiß man, dass das kein AltMänner-Sport ist.“

Das sieht Gerlinde Pupke ähnlich. Sie sieht im Golf eine sportliche Herausford­erung, die es in kaum einer anderen Sportart gibt. „Es erfordert unheimlich­e Konzentrat­ion und Koordinati­on“, erklärt die 69-Jährige, die seit diesem Jahr zusammen mit ihrem Mann Mitglied im Club ist. „Nach so einem Tag auf dem Platz bin ich immer ganz erschöpft, auch im Kopf“, sagt sie lachend. Das Wichtigste sei, sich auf den Ball zu konzentrie­ren. Neben dem sportliche­n Anspruch genieße sie vor allem die Natur und die frische Luft. „Der Platz ist hügelig und sehr schön gelegen, das hat uns sofort angesproch­en“, sagt Pupke. Sie ist eine von 40 Personen, die in diesem Jahr dem Tegernbach­er Golfclub beigetrete­n sind.

Insgesamt zählt er etwa 550 Mitglieder. Das Durchschni­ttsalter liegt bei 50 aufwärts. „Damit sind wir im deutschlan­dweiten Vergleich ein relativ junger Club“, erklärt Manager Alexander Burkhart. Die Atmosphäre sei familiär, die Mitglieder bunt gemischt. „Bei uns ist vom Handwerker bis zum Vorstandsv­orsitzende­n jeder dabei.“Das älteste Mitglied stehe mit 87 Jahren immer noch täglich auf dem Platz.

Für Eltern, die am Wochenende spielen wollen, bietet der Golfclub sogar eine profession­elle Kinderbetr­euung. „Es sind auch einige Kinder mit dabei, die regelmäßig am Training teilnehmen“, sagt Präsident Kiener. Eine weitere Besonderhe­it des Clubs sieht er in den Öffnungsze­iten, denn die 80 Hektar große Anlage wird das ganze Jahr bespielt. „Nur bei Bodenfrost und Schnee wird der Platz gesperrt“, erklärt Kiener. „Das gibt es nicht überall.“

Das freut auch Derakhchan. Er verbringt am liebsten jede freie Minute auf dem Platz. Denn für den 53-Jährigen ist Golfen kein gesellscha­ftliches Event, sondern ein hoch komplexer Sport, der viel Übung erfordert und Ehrgeiz weckt. Sein Ziel ist es, mindestens drei Mal in der Woche zu trainieren. „Ich will mich steigern und besser werden“, sagt Derakhchan. „Manchmal ärgere ich mich, dass ich nicht schon vor 20 Jahren angefangen habe.“

Golfclub Tegernbach mationen gibt es unter www.gc tegernbach.de oder per Telefon unter 08202/905700. Der Tag der offenen Tür findet am Sonntag, 7. Mai, von 11 bis 17 Uhr statt.

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 ?? Archivfoto: Sibylle Seidl Cesare ?? Die 80 Hektar große Golfanlage in Tegernbach wird das ganze Jahr bespielt. Das schätzen die Mitglieder sehr.
Archivfoto: Sibylle Seidl Cesare Die 80 Hektar große Golfanlage in Tegernbach wird das ganze Jahr bespielt. Das schätzen die Mitglieder sehr.

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