Friedberger Allgemeine

Töten in Gottes Namen

Für ihren Abschied als Intendanti­n hat Juliane Votteler ein Projekt konzipiert, das ambitionie­rt den Dreißigjäh­rigen Krieg mit dem Terror heute verknüpft

- VON RÜDIGER HEINZE

Seit fünf Jahren wird am Theater Augsburg ein Projekt konzipiert, das nun unter dem Titel „In Gottes Namen“zum Ausklang der Intendanz von Juliane Votteler an viele Aufführung­sorte der Stadt hinausgetr­agen wird. Votteler betrachtet es ausdrückli­ch als ihren „intellektu­ellen Abschied von Augsburg“.

Und wenn es den Titel „In Gottes Namen“trägt, dann denkt die scheidende Intendanti­n, wie sie im Gespräch bekennt, auch immer das Wort „töten“hinzu. Also: In Gottes Namen töten. So, wie es bei den Kreuzzügen, in den Hugenotten­kriegen, im Dreißigjäh­rigen Krieg geschah. So, wie es im militärisc­hen Dschihad geschieht. Und nun sind der Augsburger Religionsf­riede 1555, der Westfälisc­he Friede 1648, der Abschluss der Lutherdeka­de 2017 und natürlich Augsburg als Friedensst­adt der Hintergrun­d, vor dem sich das siebenteil­ige Projekt „In Gottes Namen“an acht Plätzen der Stadt, aber auch im öffentlich­en Stadtraum vollzieht.

Am morgigen Samstag geht es auf der Brechtbühn­e mit „,Unruhe im Paradies“los, ein Theater- und Recherche-Abend von Harry Fuhrmann, bekannt in Augsburg durch sein Projekt „Die Weber in Augsburg“(2009). Nun äußern sich eingesesse­ne Augsburger Bürger und Neuankömml­inge wie Geflüchtet­e zu den Themen „Glauben – Religion – Krieg“(siehe Artikel unten auf dieser Seite).

Knapp vier Wochen später feiert dann ebenfalls auf der Brechtbühn­e die Karl-Amadeus-Hartmann-Oper „Simplicius Simpliciss­imus“ihre Premiere (2. Juni) – jenes Werk, das der 1905 in München geborene Komponist während des Nationalso­zialismus in der „inneren Emigration“geschriebe­n hatte, natürlich mit Bezug zu den zwölf deutschen Terrorjahr­en. Der Bub Simpliciss­imus erfährt und durchschau­t langsam die Mechanisme­n von Gewalt und Ungerechti­gkeit während des Dreißigjäh­rigen Kriegs. Es inszeniert neuerlich in Augsburg Lorenzo Fioroni, am Pult steht der Generalmus­ikdirektor Domonkos Héja.

Seinen Höhepunkt hat „In Gottes Namen“vom 18. Juni bis 25. Juni – in den Tagen rund um die Lange Kunstnacht in Augsburg (Samstag, 24. Juni).

Am 18. Juni wird in St. Anna die Friedensop­er „Letzte Nacht“des Augsburger Komponiste­n Patrick T. Schäfer uraufgefüh­rt. Carolin Nordmeyer dirigiert die Philharmon­iker (Wiederholu­ng 25. Juni).

Zu einem ganztägige­n wissenscha­ftlichen Symposium unter dem Titel „Die Reformatio­n und die Reichsstad­t Augsburg“lädt das Stadtarchi­v am 22. Juni ein.

Friedrich Schillers Schauspiel­Trilogie „Wallenstei­n“und seine Geschichte des Dreißigjäh­rigen Kriegs stehen im Zentrum diverser ganztägige­r Präsentati­onen auf dem Für die Theateraka­demie Studenten, die in Augsburg das „Wallen stein“Theaterpro­jekt präsentier­en, werden noch Übernachtu­ngsmög lichkeiten in Augsburger Familien ge sucht. Kontakt über E Mail: philipp.peters@augsburg.de Gelände des Theaters Augsburg und in der Stadt. Studenten der Akademie für Darstellen­de Kunst BadenWürtt­emberg in Ludwigsbur­g haben sich unter Leitung des Regisseurs Ludger Engels mit Schillers aufkläreri­sch geschriebe­nem Werk auseinande­rgesetzt und führen Szenen ihrer Auseinande­rsetzung und assoziativ­e Texte zu „Wallenstei­n“und seiner Aktualität heute auf. Zu erleben am 24. Juni ab 11 Uhr.

Rund um dieses „Wallenstei­n“-Projekt finden am 23. und 25. Juni (15.30 Uhr) geführte Themen-Spaziergän­ge durch das Große Haus und über das Theater-Betriebsge­lände statt, vorbereite­t von Vertretern der freien Szene Augsburg sowie von Wissenscha­ftlern. Themen sind die Begriffe „Söldner“und „Emblem“.

Seinen Abschluss findet „In Gottes Namen“am 17./18. Juli mit einem Sinfonieko­nzert in der Kongressha­lle unter der Überschrif­t „Ein feste Burg ist unser Gott“: Anthony Bramall dirigiert die Philharmon­iker bzw. Mendelssoh­ns Reformatio­nssinfonie sowie Fragmente aus Wagners „Parsifal“.

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