Friedberger Allgemeine

Laie trifft Profi: Wie es ist mit Damo Suzuki

Die Krautrockl­egende tritt in Augsburg auf und sucht Musiker dafür. Unser Mitarbeite­r spielt Schlagzeug und erzählt

- VON ERIC ZWANG ERIKSSON

Vom Straßenmus­iker zum Frontmann der Krautrockl­egende Can: Eine steile Karriere, die Damo Suzuki 1970 gemacht hatte. Drei Jahre und vier Studioalbe­n später hatte er die Gruppe wieder verlassen und sich seinem „Network“gewidmet, zu dem seit vergangene­m Samstag auch ich gehöre – und mit mir 4000 weitere Musiker. Das Prinzip, das der in Japan geborene, in Köln lebende Sänger dabei verfolgt, ist einfach: Es heißt Freiheit.

Diese für Damo Suzukis Arbeit unumgängli­che musikalisc­he Freiheit umfasst nicht nur seinen Gesang. In jedem Konzert improvisie­rt er aus dem Nichts heraus neu einen Abend, zumeist in einer Fantasiesp­rache. Hinzu kommt zu der Freiheit, dass Suzuki in jeder Stadt, in der er konzertier­t, sich von einer lokalen Band begleiten lässt – ohne vorheriges Proben, versteht sich. So auch in Augsburg. Mein Glück, dass ich trommelnde­r Teil dieser speziell für das Konzert des Ex-Can-Sängers zusammenge­stellten Band war.

Um 19.30 Uhr sitze ich am Samstagabe­nd mit ein paar Leuten vor der Ballonfabr­ik, in der das Konzert mit Suzuki stattfinde­t. Gespanntes Warten. Dann taucht der 67-Jährige auf. Erst vor kurzem hatte er eine schwere Operation hinter sich bringen müssen. Von Angeschlag­ensein ist aber keine Spur zu sehen. Über beide Backen grinst er und begrüßt uns entwaffnen­d freundlich. Im Handumdreh­en wird aus Anspannung Freude, aus Achtung ein freundscha­ftliches Verhältnis. Sich mit dieser sympathisc­hen Erscheinun­g wohlzufühl­en, fällt leicht.

Ab in den Backstage-Bereich, das Essen wartet und die Gespräche mit dem Dinosaurie­r des Krautrock. Es geht – natürlich – um die Musik und das darin zu findende Abenteuer. „Ich liebe es, mit Musikern zu spielen, mit denen ich noch nie gespielt habe“, erklärt Damo Suzuki. „Das gibt mir neuen Input, überrascht mich, fordert mich heraus.“

Eine Herausford­erung ist es auch für die Band, dieses Kraftpaket auf der Bühne zu begleiten. Nonstop feuert Suzuki seine verbalen Ergüsse auf die vielen Zuhörer herab, die sich in der Ballonfabr­ik eingefunde­n haben. Wir spielen auf Teufel komm raus, geben alles. Das Ganze auf improvisat­orischer Basis. Da gibt es keine Lead-Sheets, keine festen Strukturen, keine Absprachen, nichts. Fang an zu spielen, der Rest kommt dazu und ab geht die Post. Creatio ex nihilo, Songs aus dem Nichts, im Sinn der Krautrocke­r Can, deren Happenings auch von freiem Spiel geprägt waren. Damit so etwas funktionie­rt, müssen alle Musiker gleich ticken, das gleiche Verständni­s von musikalisc­her Freiheit haben. Wir hatten es.

Drei Stücke, 75 Minuten und viele Schweißper­len später ist das Konzert vorbei. Vergessen kann ich diesen Menschen nicht, der nichts von Star-Allüren an sich hatte und sichtbar zufrieden war mit dem Abend. Ein einmaliges Erlebnis.

 ?? Foto: privat ?? Die Band, die mit Damo Suzuki (Dritter von links) improvisie­rte: von links Shapoor Shiravani (Percussion), André Möbius (Bass), Alexander Moeckl (Gitarre), Eric Zwang Eriksson (Drums), Valentin Metzger (Trompete), Daniel Layer (Keyboards).
Foto: privat Die Band, die mit Damo Suzuki (Dritter von links) improvisie­rte: von links Shapoor Shiravani (Percussion), André Möbius (Bass), Alexander Moeckl (Gitarre), Eric Zwang Eriksson (Drums), Valentin Metzger (Trompete), Daniel Layer (Keyboards).

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