Laie trifft Profi: Wie es ist mit Damo Suzuki
Die Krautrocklegende tritt in Augsburg auf und sucht Musiker dafür. Unser Mitarbeiter spielt Schlagzeug und erzählt
Vom Straßenmusiker zum Frontmann der Krautrocklegende Can: Eine steile Karriere, die Damo Suzuki 1970 gemacht hatte. Drei Jahre und vier Studioalben später hatte er die Gruppe wieder verlassen und sich seinem „Network“gewidmet, zu dem seit vergangenem Samstag auch ich gehöre – und mit mir 4000 weitere Musiker. Das Prinzip, das der in Japan geborene, in Köln lebende Sänger dabei verfolgt, ist einfach: Es heißt Freiheit.
Diese für Damo Suzukis Arbeit unumgängliche musikalische Freiheit umfasst nicht nur seinen Gesang. In jedem Konzert improvisiert er aus dem Nichts heraus neu einen Abend, zumeist in einer Fantasiesprache. Hinzu kommt zu der Freiheit, dass Suzuki in jeder Stadt, in der er konzertiert, sich von einer lokalen Band begleiten lässt – ohne vorheriges Proben, versteht sich. So auch in Augsburg. Mein Glück, dass ich trommelnder Teil dieser speziell für das Konzert des Ex-Can-Sängers zusammengestellten Band war.
Um 19.30 Uhr sitze ich am Samstagabend mit ein paar Leuten vor der Ballonfabrik, in der das Konzert mit Suzuki stattfindet. Gespanntes Warten. Dann taucht der 67-Jährige auf. Erst vor kurzem hatte er eine schwere Operation hinter sich bringen müssen. Von Angeschlagensein ist aber keine Spur zu sehen. Über beide Backen grinst er und begrüßt uns entwaffnend freundlich. Im Handumdrehen wird aus Anspannung Freude, aus Achtung ein freundschaftliches Verhältnis. Sich mit dieser sympathischen Erscheinung wohlzufühlen, fällt leicht.
Ab in den Backstage-Bereich, das Essen wartet und die Gespräche mit dem Dinosaurier des Krautrock. Es geht – natürlich – um die Musik und das darin zu findende Abenteuer. „Ich liebe es, mit Musikern zu spielen, mit denen ich noch nie gespielt habe“, erklärt Damo Suzuki. „Das gibt mir neuen Input, überrascht mich, fordert mich heraus.“
Eine Herausforderung ist es auch für die Band, dieses Kraftpaket auf der Bühne zu begleiten. Nonstop feuert Suzuki seine verbalen Ergüsse auf die vielen Zuhörer herab, die sich in der Ballonfabrik eingefunden haben. Wir spielen auf Teufel komm raus, geben alles. Das Ganze auf improvisatorischer Basis. Da gibt es keine Lead-Sheets, keine festen Strukturen, keine Absprachen, nichts. Fang an zu spielen, der Rest kommt dazu und ab geht die Post. Creatio ex nihilo, Songs aus dem Nichts, im Sinn der Krautrocker Can, deren Happenings auch von freiem Spiel geprägt waren. Damit so etwas funktioniert, müssen alle Musiker gleich ticken, das gleiche Verständnis von musikalischer Freiheit haben. Wir hatten es.
Drei Stücke, 75 Minuten und viele Schweißperlen später ist das Konzert vorbei. Vergessen kann ich diesen Menschen nicht, der nichts von Star-Allüren an sich hatte und sichtbar zufrieden war mit dem Abend. Ein einmaliges Erlebnis.