Am Morgen heult in Hörmannsberg die Motorsäge auf
17 Meter hoher Birnbaum fällt für die neue Ortsmitte. Franz Kralj wollte ihn retten, doch dieses Mal kam er zu spät
Ried Hörmannsberg Franz Kralj aus Hörmannsberg versteht die Welt nicht mehr. Ein 17 Meter hoher Birnbaum fiel der Motorsäge zum Opfer. Er stand auf einer Wiese an der Kirche, die im Zuge der neuen Ortsmitte ebenfalls umgestaltet werden soll. Hier sollen kleine Wege entstehen und der Zugang zur Kirche barrierefrei werden. „Aber warum muss der Birnbaum, der in voller Blüte stand denn weg?“, fragt sich Franz Kralj immer wieder aufs Neue.
Noch am Wochenende hat er mit Bürgermeister Erwin Gerstlacher telefoniert und sich über den aktuellen Stand informiert. Bereits am 24. April hatte er eine Mail an den Bürgermeister geschrieben. „Ich wollte wissen, was im Rahmen der Ortsgestaltung, denn mit den alten Bäumen geschieht“, berichtet Kralj, der 40 Jahre bei der Stadt München als Bauingenieur beschäftigt war. In seinem Schreiben verwies er auf den geschädigten Birnbaum und bat um eine Begutachtung sowie gegebenenfalls um eine Reparatur durch einen Baumspezialisten.
Auf diese Mail bekam er jedoch nie eine Antwort. Über einen Nachbarn habe er am Samstag erfahren, dass der Baum weg muss. Sofort hatte Bürgermeister Erwin Gerstlacher persönlich angerufen, der ihn informierte, dass der Birnbaum durch den planenden Architekten und einem Baumsachverständigen als „irreparabel“angesehen werde. Die Standsicherheit sei nicht mehr gegeben. „Komisch, der Baum hat diese Schäden schon 15 Jahre und überstand einige heftige Gewitterstürme, während andere total gesund aussehende Bäume umfielen“, bemerkt Kralj.
Bürgermeister Erwin Gerstlacher bestätigt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass die Experten die Standsicherheit des Baumes in Gefahr sahen. „Wir haben sehr wohl zunächst in unseren Planungen den Baum miteinbezogen“, betont Gerstlacher. Er sei kein Bürgermeister, der schnell mit der Motorsäge alte Bäume ummache. „Wir haben an der Kirche in Ried erst vor Kurzem zwei Kastanien saniert, an der Glonnstraße in Baindlkirch ebenfalls die Bäume erhalten und die alte Linde bei Zillenberg repariert“, zählt er Beispiele für das Engagement der Gemeinde auf. In Ried gebe es keine Baumschutzverordnung und wäre der Baum im Privatgarten gefällt worden, hätte es wohl kaum so eine Diskussion gegeben.
Franz Kralj ärgert besonders, dass ihm keine Zeit für eine Rettungsaktion geblieben sei:. „Heute Vormittag traf mich fast der Schlag.“Um 10.30 Uhr besiegelte am Montag die Motorsäge das Schicksal des Birnbaums. „Ich bin noch rübergegangen und habe alles versucht“, schildert Kralj, „aber vergeblich.“Er habe an der Schnittfläche
Am liebsten hätte er sich an den Baum gekettet
des gefällten Baumes einen gesunden Außenring festgestellt. Zudem sei der Baum ja in voller Blüte gestanden. Er könne sich ja schlecht an den Baum ketten, doch am liebsten hätte er das getan. Ihn ärgert vor allem, dass man nicht wenigstens einen Baumdoktor eingeschaltet habe. „Wenn das für die Gemeinde zu teuer gekommen wäre, dann hätte ich sicherlich noch eine Spendenaktion dazu organisiert“, so Kralj. Erst vor drei Jahren sei die circa 200 Jahre alte Linde am Ortseingang von Hörmannsberg gefällt worden (wir berichteten). Auch hier habe man keine Rettungsversuche unternommen. „Das finde ich schrecklich, wie hier mit den Baumdenkmälern umgegangen wird.“
Was ihn zudem ärgert, ist die Tatsache, dass den Bürgern in der Gemeinde immer wieder versprochen werde, sie können bei der Gestaltung mitreden. „Das war hier leider nicht der Fall.“Dass Kralj den Baum nicht mehr retten konnte bedauert er zutiefst: „Mir zerreißt es fast das Herz, wenn ich auf das große Loch blicke.“Er appelliert an die Bürger: „Wenn der letzte Baum gefallen und die letzte Biene nach Süden ausgewandert ist, ist auch Bayern nicht mehr lebenswert.“