Das Darstellungsproblem der Grünen
Der kleinste Partner im Regierungsbündnis sieht Erfolge, tut sich aber oft schwer, diese deutlich werden zu lassen
Die Grünen wollen Bäume bei Bauarbeiten künftig besser schützen, indem sie eine „schwarze Liste“anregen, auf der Baufirmen landen, die Bäume bei Bauarbeiten irreparabel geschädigt haben. In den vergangenen Jahren gab es mehrere Fälle, bei denen Bäume im Nachgang zu Bauarbeiten gefällt werden mussten – sei es in Göggingen, am Bahnhofsvorplatz oder zuletzt in der Holbeinstraße.
Betroffene Firmen sollten für fünf Jahre von städtischen Aufträgen ausgeschlossen werden. Zudem fordern die Grünen in einem Antrag, dass für Bäume, die bei Bauarbeiten beschädigt werden, an exakt der gleichen Stelle Ersatz gepflanzt werden muss. So wolle man Bauherren die Möglichkeit nehmen, sich störender Bäume durch gezielte Beschädigung zu entledigen. Mit den Anträgen, die gestern ans OB-Referat geschickt wurden, treffen die Grünen ein einigermaßen populäres Thema. Ansonsten schaffen es die Partei, die gestern auch zu ihrer Halbzeitbilanz nach drei Jahren Regierungszeit einlud, nicht immer, öffentlich zu punkten. Die Einrichtung einer Gleichstellungskommission oder der Einsatz für Nachhaltigkeitsbildung wird in drei Jahren, wenn die nächsten Wahlen anstehen, kaum reichen, um Wähler vom Hocker zu reißen. Das ist auch den Grünen bewusst.
„Viele Dinge, bei denen wir unsere Handschrift einbringen, sind öffentlich nicht sichtbar, etwa in Verwaltungsräten“, sagt Fraktionsvorsitzende Martina Wild. Dies betreffe etwa die Trassenführung der Linie 5. Man habe hinter den Kulissen Druck gemacht, dass am Ende doch der Holzbachstraße Vorrang vor der ursprünglich favorisierten Hessenbachstraße gegeben wurde. „Manche Dinge entwickeln sich am Ende so, weil wir pieksen“, so Stadträtin Stefanie Schuhknecht. Öffentlich sichtbar ist dies beim Projekt Fahrradstadt 2020. Die Fortsetzung wird von den Grünen deutlich eingefordert. „Wir sind die treibende Kraft“, so Stadtrat Cemal Bozoglu.
Weitere Erfolge der Grünen seien, dass das Umweltbildungszentrum im Botanischen Garten kommt. Und auch die zunehmende Transparenz der Stadtverwaltung – vom Ratsinformationssystem über eine bürgerfreundliche Darstellung des städtischen Haushalts im Internet bis hin zur Informationsfreiheitssatzung – sei ein Ergebnis Grüner Politik. „Als Nächstes wollen wir, dass auf der Internetseite der Stadt eine Liste mit Vorhaben samt der dazugehörigen Beteiligungsverfahren eingestellt wird“, so Wild.
Mit die drängendste Thematik der kommenden Jahre werde die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund sein. Das zeigten Geschehnisse in Teilen der türkischen Gemeinschaft in letzter Zeit, aber auch Vorkommnisse am Königsplatz mit Flüchtlingen, so Bozoglu. Nötig sei ein Gesamtkonzept
Die geplante Energie Fusion war eine Zerreisprobe
zum Thema Integration, das für die nächsten zehn oder 20 Jahre wegweisend sein müsse.
Innerparteilich stehen die Mandatsträger bei ihrem Tun unter Beobachtung der Basis. Denn die Beteiligung am Regierungsbündnis war intern vor drei Jahren umstritten. Christian Moravcik, der sich als Finanzexperte im Stadtrat Anerkennung erworben hatte, legte seine Funktion als finanzpolitischer Sprecher nieder, weil er mit der Neuverschuldung für die Theatersanierung nicht einverstanden war. Und die geplante Energie-Fusion zwischen Stadtwerken und Erdgas Schwaben, von CSU und SPD so gewollt, bescherte den Grünen eine interne Zerreißprobe. Daraus habe man gelernt, so Wild. Man kommuniziere intern deutlich mehr. Mit dem neuen Vorstand der Partei arbeite man eng zusammen. Stadtrat Bozoglu gehörte vor drei Jahren zu den Skeptikern einer Kooperation. Aus seiner Sicht hat sich das Modell aber bewährt. „Wir sind nicht das fünfte Rad am Wagen.“