Friedberger Allgemeine

Ein neues Gebäude sorgt für Getuschel bei der Justiz

Weil es mehr Richter und Staatsanwä­lte gibt, hat der Freistaat eine private Immobilie in Göggingen gemietet. Vermieteri­n ist die Frau des CSU-Politikers Bernd Kränzle. Warum es aber keine Hinweise auf „Spezlwirts­chaft“gibt

- VON PETER RICHTER UND KLAUS UTZNI

Das Strafjusti­zzentrum, vor 15 Jahren an der Gögginger Straße eingeweiht, ist zu klein. Die Justiz hat ihr Personal seither kräftig aufgestock­t, auch eine Folge der steigenden Zahl großer Wirtschaft­sstrafverf­ahren. Anfang Mai sind Teile des Amtsgerich­ts und der Staatsanwa­ltschaft in ein neues, einen Kilometer entferntes Gebäude umgezogen. Der Freistaat hat das dreigescho­ssige Eckhaus in der Edisonstra­ße 7 angemietet. Der Name der Vermieter sorgt in Justizkrei­sen für Aufsehen: Evi Schmidt-Kränzle. Es handelt sich um die Ehefrau des CSU-Politikers Bernd Kränzle. Er ist Stadtrat, Landtagsab­geordneter und war Justiz-Staatssekr­etär.

Da entsteht leicht der Verdacht, der Vermieteri­n könnten die guten Kontakte ihres Mannes zu Politik und Justiz geholfen haben. Immerhin bezahlt der Freistaat für das Gebäude monatlich eine Miete, die im Bereich zwischen 15000 und 20000 Euro liegt. Landgerich­tspräsiden­t Herbert Veh weist jedoch jeden Verdacht der „Spezlwirts­chaft“entschiede­n zurück. Er versichert, es sei nichts gemauschel­t worden. „Es war einfach das beste Angebot.“Beim Immobilien­verwalter des Freistaats, dem staatliche­n Unternehme­n „Immobilien Freistaat Bayern“, bestätigt man die Aussage. Dort wurde der Mietvertra­g ausgehande­lt. Geschäftsf­ührer Dieter Knauer sagt, es seien sechs Mietangebo­te und ein Neubau geprüft worden. Mit der Justiz habe man sich „aus wirtschaft­lichen Gründen“für die Edisonstra­ße entschiede­n. Für einen Neubau fehlten im Staatshaus­halt die Millionen. Der zunächst auf zehn Jahre festgeschr­iebene Mietvertra­g wurde Ende 2015 unterschri­eben.

Im April 2014 hatte es eine erste, ein Jahr später wegen geänderter Raumpläne eine zweite Ausschreib­ung gegeben. Am 23. Mai 2015 erschien dazu folgende Zeitungsan­zeige: „Der Freistaat Bayern sucht ein Verwaltung­sobjekt in AugsburgSt­adt, Nähe Gögginger Straße.“Die Frau des Abgeordnet­en hat sich beide Male an der Ausschreib­ung beteiligt. Doch wie und wann hat sie erfahren, dass die Justiz nach Räumen sucht? Oberstaats­anwalt Matthias Nickolai, der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft, gibt Auskunft. Im Juni 2014 besichtigt­en demnach Mitarbeite­r der Justiz ein Gebäude in der Ohmstraße. Es erwies sich als ungeeignet. Doch zwei Häuser weiter fiel ihnen ein ehemaliger Gewerbebet­rieb auf, die stillgeleg­te Holzhandlu­ng Schmidt. Nachbarn verrieten, wer die Besitzerin ist.

Im Herbst 2015 fiel die Entscheidu­ng für diese Immobilie. Im Ministeriu­m weiß man: Der Name Kränzle kann in dem Zusammenha­ng heikel sein. Immerhin war der Politiker von 1994 bis 1998 Justizstaa­tssekretär. Aber Amtschef Frank Arloth trägt die Entscheidu­ng mit, ebenso die Spitze des Finanzmini­steriums. Evi Schmidt-Kränzle und ihr Mann Bernd wollen sich mit Verweis auf ihre Privatsphä­re nicht äußern. Die Bautafel am Gebäude verschwand kurz nach Beginn der Recherche.

Das Gebäude ist inzwischen kernsanier­t. Es verfügt über 1400 Quadratmet­er für Büros und weitere 600 Quadratmet­er als Lagerfläch­e für Akten. Hier arbeiten künftig Staatsanwä­lte, die Wirtschaft­sdelikte verfolgen und Amtsrichte­r, die Wirtschaft­sprozesse führen. Die Verhandlun­gen finden jedoch weiter in den Sälen des Strafjusti­zzentrums statt. Interessan­t wird sein, wie Staatsanwä­lte, Richter, Servicekrä­fte das tägliche Pendeln zwischen zwei Arbeitsplä­tzen bewältigen. Denn nahezu jedes Mal muss viel Papier geschleppt werden. Die „elektronis­che Akte“steckt noch in den Kinderschu­hen. Die Justiz erwägt nun unter anderem, ihr Personal mit E-Bikes auszustatt­en.

 ?? Foto: S. Wyszengrad ?? Hier arbeiten künftig Staatsanwä­lte und Amtsrichte­r, die mit Wirtschaft­sstraf recht zu tun haben.
Foto: S. Wyszengrad Hier arbeiten künftig Staatsanwä­lte und Amtsrichte­r, die mit Wirtschaft­sstraf recht zu tun haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany