Wer klettert am schnellsten ans Ziel?
Bei den 13. Stadt- und Landkreismeisterschaften auf der Anlage der Alpenvereinssektion Aichach messen sich die besten Kletterer des Wittelsbacher Landes. Worauf es bei der Sportart mit den bunten Griffen ankommt
Aichach Formen in allen Farben überziehen die Holzwände des Dachgeschosses. Griffe, unförmige Klumpen, winzige Steine, zerfurchte Klötze und Halbkugeln reihen sich eng aneinander – auf den ersten Blick ein buntes Chaos. Für die Kletterbegeisterten aus dem Wittelsbacher Land ein Paradies. Auf der Anlage der Alpenvereinssektion Aichach fanden nun zum 13. Mal die Stadt- und Landkreismeisterschaften im Bouldern statt.
Bouldern bezeichnet Klettern in Absprunghöhe, ohne Seil und Gurt, mit gefederten Matten. Organisator Richard Kufeld verteilt Zettel mit den 65 Routen, die es in der Anlage zu klettern gibt. Schafft man eine Route beim ersten Versuch, gibt es vier Punkte. Bei jedem weiteren Anlauf werden Punkte abgezogen. Fünf Stunden haben die 26 Kletterer Zeit.
Lukas Wenger entscheidet sich für eine rote Route, die sich über eine Schräge bis hinauf zum Dach zieht. Die Griffe haben nur flache Vertiefungen, der Aichacher stützt sich an der Wand ab, holt Schwung und packt den Zielgriff mit den Fingerkuppen. Beinahe kann er ihn nicht halten, aber er stabilisiert sich und hält sich für einige Sekunden, bevor er loslässt.
Weich federt er auf den Matten ab und steht auf. Auf Anhieb geschafft, vier Punkte. Der 18-Jährige ist seit vielen Jahren dabei. „Das ist einfach kein einseitiges Training“, erklärt er, während er sich das Magnesium von den Händen klopft. „Es trainiert den ganzen Körper, auf eine flexible Art und Weise.“Beweglichkeit ist einer der Punkte, auf die es ankommt.
Jakob Lang hängt in der Luft parallel zur Decke, den ganzen Körper durch wenige Griffe gehalten. Der Wollomooser (Gemeinde Altomünster) schiebt sich an einer Lampe vorbei – die Arme sind gestreckt, der ganze Körper angespannt. Die schwarzen, glatten Blöcke bieten kaum Möglichkeiten, sie zu fassen. Dennoch erwischt er den letzten Griff. Am Ende erreicht er Platz eins in seiner Gruppe (siehe Infokasten) mit 200 von insgesamt 260 Punkten. Kraft sei ein wesentlicher Aspekt beim Klettern. Eine weitere Komponente wird ein paar Wände weiter deutlich.
Die 13-jährige Antonia Tröndle balanciert auf einem schmalen Tritt. Der nächste ist weit entfernt, zu weit für einen sicheren Schritt. Vorsichtig tastet sich die Schülerin des Aichacher Deutschherren-Gymnasiums mit der Zehenspitze an der Wand vor, doch als der Moment kommt, an dem sie sich abstoßen muss, verkrampft sie und zieht den Fuß zurück.
Dass sie Angst hat, ist offensichtlich. Warum das so ist? „Ich hatte vor Kurzem eine Knie-OP. Ich darf nicht fallen“, erklärt sie. Nach einiger Zeit und angefeuert von ihren Freundinnen, atmet sie tief durch. Ihr Fuß wandert Zentimeter für Zentimeter, ihre Hände rutschen an der Wand entlang. Als ihre Zehenspitze den gewünschten Tritt erreicht, wird gejubelt. Der Rest ist ein Kinderspiel. Sich zu trauen und die Angst zu überwinden – das ist ihrer Meinung nach wichtig.
Sich trauen und die Angst überwinden