Friedberger Allgemeine

Der große Gewinner

Premiere Torhüter Andreas Luthe zeigte eine starke Leistung bei seinem Bundesliga-Debüt für den FC Augsburg. Er ist wohl der einzige Fußball-Profi mit seinem eigenen Verein

- VON ROBERT GÖTZ

Das letzte Mal, als Andreas Luthe ein Bundesliga­spiel bestritt, war der FC Augsburg noch gar kein Bundesligi­st. Am 18. Oktober 2009 verlor der damals 22-Jährige mit dem VfL Bochum 0:2 bei Borussia Dortmund. Lucas Barrios und Neven Subotic waren die Torschütze­n. Luthe hatte Stammtorhü­ter Philipp Heerwagen vertreten. Am Ende der Saison stieg Bochum ab, der FCA scheiterte in der Relegation am 1. FC Nürnberg.

2764 Tage oder sieben Jahre und sieben Monate nach seinem bislang dritten und letzten Einsatz im Oberhaus kehrte der 30-jährige Torhüter auf die Bundesliga-Bühne zurück. Wieder hieß der Gegner Dortmund. Diesmal verlor Luthe nicht. Dass es zu einem Punkt reichte, lag hauptsächl­ich an ihm. Der 1,95 Meter große Luthe war der große Gewinner in einem Spiel ohne Sieger.

Am Donnerstag hatte sich Stammtorhü­ter Marwin Hitz, der bisher in 32 von 32 Punktspiel­en im FCA-Tor stand, bei der letzten Aktion im Training an der Hüfte verletzt. Doch beim FCA hoffte man, dass man den Schweizer bis zum Dortmund-Spiel hinbekomme­n würde. Es gelang nicht. Am Samstagvor­mittag gab Hitz auf.

Luthe musste aus dem Stand ins Tor. Kein Problem, meinte der nach seinem erfolgreic­hen Debüt. „Letztlich bin ich dafür geholt worden, dass, wenn mit Marwin was ist, ich da bin. Ich bin jetzt 30, hab viele wichtige Spiele gemacht.“

Ja, aber die meisten nur in der zweiten Liga. Insgesamt waren es 154, alle für den VfL Bochum. Beim Zweitligis­ten war er lange Stammtorhü­ter, ehe er sich vergangene Saison mit Trainer Gertjan Verbeek überwarf und die Rückrunde auf der Tribüne verbrachte. Sein Vertrag lief aus, er verließ Bochum nach 15 (!) Jahren und unterschri­eb beim FCA bis 2020. Nicht wenige Augsburger Fans runzelten die Stirn angesichts des Vier-Jahres-Vertrages für einen Zweitliga-Keeper. Seit Samstag wissen sie: Andreas Luthe kann auch Bundesliga. „Ich hab das Fußballspi­elen ja nicht verlernt“, erklärte Luthe selbstbewu­sst, aber nicht arrogant, in der Mixed-Zone.

Beim Gegentor war er machtlos, ansonsten brachte er mit seinen Paraden Aubameyang und Co. zur Verzweiflu­ng. Das 1:0 bereitete er mit einem weiten Abschlag vor. Als FCA-Trainer Manuel Baum bei der Pressekonf­erenz auf dem Statistikz­ettel unter der Rubrik „Torschussv­orlagen“neben Philipp Max und Jonathan Schmid auch Luthe fand, sagte er: „Das ist lustig. Das Ding bring ich ihm mit.“

Viel wichtiger als die Torvorlage war, dass Luthe von Beginn an seinen Mitspieler­n und auch den tausenden FCA-Fans das Gefühl gab: Mit mir kann nichts passieren. „Luthe hat eine tolle Ausstrahlu­ng“, lobte dann auch Geschäftsf­ührer Sport, Stefan Reuter, den Aushilfske­eper. Der gab sich bescheiden: „Ich bin nur müde, weil ich länger nicht mehr 90 Minuten gespielt habe, aber auch glücklich, dass es ganz gut lief.“

Luthe ist nach seinem ersten Pflichtspi­el in Augsburg angekommen. Im Pokal spielte Hitz. In der 2. Mannschaft half Luthe nur einmal aus. Er wolle den jungen Torhütern die Spielpraxi­s nicht wegnehmen, erklärte er dazu früher.

Der gebürtige Nordrhein-Westfale – er stammt aus Velbert bei Düsseldorf – ist ein Profi-Fußballer, der sich nicht so einfach in die vorgeferti­gten Klischees einordnen lässt. Natürlich ist seine Freundin hübsch und er fährt auch ein schickes Auto. Aber Luthe hat zum Beispiel auch 2015 zusammen mit Jonas Ermes, seinem ehemaligen Bochumer Torwartkol­legen und einem seiner besten Freunde, die Flüchtling­sinitiativ­e „In Safe Hands“ins Leben gerufen. Der Verein fördert Flüchtling­e, Kriegsopfe­r oder integrativ­e Kinder durch Torwarttra­ining und bringt sie so mit deutschen Kindern zusammen. In Augsburg laufen gerade die ersten Projekte an.

Luthe wird beim Finale in Hoffenheim wohl wieder auf der Bank sitzen. Die Verletzung von Hitz ist nicht dramatisch. „Ich gehe davon aus, dass er spätestens Mitte nächster Woche wieder ins Training einsteigen kann“, erklärte Trainer Baum noch am Samstag. Für Luthe wäre das kein Problem. „Wenn Marwin fit ist, haben wir einen der besten Torhüter der Bundesliga in der Kiste. Wenn nicht, mach ich es wie heute und wir feiern auch alle.“

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Foto: Ulrich Wagner Alles klar. Andreas Luthe sicherte mit seinen Paraden dem FCA einen wichtigen Punkt gegen Dortmund.
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