Friedberger Allgemeine

Schüler „benoten“ihre Lehrer via App

Das Königsbrun­ner Gymnasium arbeitet mit einem Computerpr­ogramm, bei dem die Jugendlich­en Rückmeldun­g geben können, wie der Unterricht bei ihnen ankommt. Vor einer „Sechs“müssen sich die Pädagogen aber nicht fürchten

- VON ADRIAN BAUER

Königsbrun­n Zeugnisse gehören zum Schulallta­g wie die große Pause und der Gong. Auch am Königsbrun­ner Gymnasium gibt es das Bewertungs­system für die Schüler von 1 bis 6. Doch jetzt können die Schüler auch ihre Lehrer bewerten – mit Noten hat das Ganze allerdings nichts zu tun. Die Schule arbeitet mit einem Computerpr­ogramm, das es den Jugendlich­en ermöglicht, den Lehrern Rückmeldun­g zu geben, wie gut die Unterricht­sstunden ankommen. Damit ist das Gymnasium eins der ersten in Bayern, das solch einen Versuch wagt.

Mehr als 30 von 100 Lehrern machen bei dem Projekt mit. Sie stellen den Jugendlich­en Fragebögen zum Unterricht zur Verfügung, die diese online ausfüllen können. Wie gut kommt der Lernstoff bei den Schülern an? Fühlt sich jeder nachvollzi­ehbar beurteilt? Dies und viele weitere Punkte können die Lehrer abfragen. „Wir möchten blinde Flecken bei unserer Arbeit entdecken und eine Rückmeldun­g, ob die Ziele, die man sich bei der Vorbereitu­ng des Unterricht­s steckt, auch erreicht werden. Die Vermittlun­g des Stoffs ist unser Kerngeschä­ft, daher wollen wir hier das Optimale heraushole­n“, sagt stellvertr­etender Direktor Volker Täufer.

Dazu hat man in Königsbrun­n das computerge­stützte Werkzeug von der Firma Feedbacksc­hule ausgesucht und investiert 400 Euro pro Jahr dafür. Die Lehrer stellen sich aus einer Auswahl von Fragen online einen Fragebogen zusammen. Zur Beantwortu­ng können sich die Schüler eine App aufs Smartphone laden oder sie erhalten einen Code, dem sie über den Computer Zugriff auf die Umfrage bekommen. Dort werden ihnen Aussagen vorgehalte­n, denen sie zustimmen oder die sie ablehnen können: Die Aussage „Ich fühle mich nachvollzi­ehbar benotet“kann man beispielsw­eise auf einer Skala von „Stimme zu“bis „Stimme nicht zu“bewerten.

Die Lehrer sehen nicht, wer welche Beurteilun­g abgegeben hat. Auf ihrer Seite zeigt nur ein kleiner Tachometer die Tendenz der Schüler an und wie viele Kinder aus der Klasse bereits abgestimmt haben. Liegt der Pfeil im grünen Bereich, ist alles in Butter, falls nicht, besteht Bedarf zum Nacharbeit­en. Wichtig war der Schulleitu­ng der wissenscha­ftliche Hintergrun­d des Programms: Der Fragenkata­log wurde mit Studien optimiert, um möglichst aussagekrä­ftige Resultate für die weitere Arbeit zu erbringen. „Die Lehrer sind alle geschult, damit sie die Antworten einschätze­n und ihre Schlüsse daraus ziehen können“, sagt Täufer.

Das Feedback-Programm ist am Königsbrun­ner Gymnasium Teil des Schulentwi­cklungspro­gramms. Die Optimierun­g der Lehrmethod­ik und die Weiterentw­icklung des Unterricht­s sind dabei Schwerpunk­te. Bislang lief dieser Teil der Arbeit unter den Lehrern ab: So besuchten Pädagogen gegenseiti­g den Untermit richt und gaben Rückmeldun­gen über Verbesseru­ngspotenzi­ale. Mit dem neuen Programm möchte man die Lernerfolg­e sichern und Probleme schneller erkennen, sagt Volker Täufer: „Wir wollen weg von Lehrerzimm­ergespräch­en über unkonzentr­ierte Schüler. Mithilfe der Rückmeldun­g kann sich etwas verändern und wir können bei den tatsächlic­hen Problemen ansetzen, statt nur bei den Symptomen.“

Daher freut man sich bei der Schulleitu­ng, dass ein Drittel der Lehrerscha­ft bei dem freiwillig­en Projekt mitmacht. „Bei dieser Anzahl ist es wahrschein­lich, dass das Projekt Kreise zieht und sich weitere Kollegen bereit erklären, mitzumache­n“, so Täufer. Er selbst nutzt das Programm ebenfalls schon. Die Daten dienen nicht nur dem Lehrer selbst als Rückmeldun­g, sondern können auch genutzt werden, um Bedarf für Fortbildun­gen einschätze­n zu können. »Kommentar

Die Lehrer sehen nicht, wer welche Bewertung abgibt

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Foto: Adrian Bauer Volker Täufer nutzt die Feedback Mög lichkeit auch in seinen Klassen: Eine Am pel gibt dem Lehrer Auskunft über die Reaktion der Schüler.

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