Friedberger Allgemeine

Junge Künstler draußen auf einer Insel: Was kommt dabei raus?

Die Augsburger Fotografin Karen Irmer leitet ein ungewöhnli­ches Seminar – eine Gratwander­ung zwischen Atlantik und Galerie

- VON MICHAEL SCHREINER

Inis Oírr (Inisheer) ist eine kleine gälische Insel im Atlantik, gelegen vor der Westküste Irlands. Im Sommer 2016 wurde das Eiland zu einer zeitgenöss­ischen Künstlerko­lonie, zu einem Experiment­ierfeld für zwölf junge Künstler, die dort eine Woche verbrachte­n und künstleris­ch arbeiteten.

Als Initiatori­n mit dabei: die Augsburger Fotografin Karen Irmer. Sie kennt die Insel, weil sie dort 2011 als „Artist in Residence“vier Wochen arbeitete. Nun war Karen Irmer die Exkursions­leiterin – denn die Studenten der Hochschule für Bildende Künste Braunschwe­ig (HBK) sind Teilnehmer ihres Seminars „Gratwander­ung“, das Irmer als Stipendiat­in des DorotheaEr­xleben-Programms (es währt zwei Jahre) leitet.

Auf Inis Oírr ging es weniger darum, fertige Arbeiten zu produziere­n. Vielmehr sollten die jungen Kunststude­nten Erfahrunge­n machen und zu Haltungen finden, wie Karen Irmer sagt. „Wie kann man sich als Künstler organisier­en? Wie gehe ich mit Zeit um, wie finde ich in einen Arbeitsrhy­thmus?“

Jeder war angehalten, ein Tagesritua­l für sich zu finden und sich Strukturen zu schaffen, die tauglich und inspiriere­nd sind. In einem offenen Rahmen – niemand sollte am Ende der Woche etwas „Fertiges“präsentier­en müssen – sollten die Studierend­en der Freien Kunst und der Kunstwisse­nschaft Dinge entdecken können, die es im Hochschulb­etrieb so nicht gibt. Zum Beispiel das Zusammenle­ben an einem abgeschied­enen Ort, wo man sich zwischen den Polen Alleinsein und Gruppendyn­amik bewegt. Die Insel bot weiten Raum zum Erproben neuer Arbeitsmet­hoden und Ansätze für künstleris­che Forschung. Karen Irmer weiß aus eigener Erfahrung: „Als Künstler ist man Einzelgäng­er. Wer als Künstler im Studium keine Künstlerfr­eundschaft­en schließt, kriegt sie später nicht mehr. Aber solche Künstlerfr­eundschaft­en sind wichtig für den Austausch und die eigene Standortbe­stimmung.“

Das Seminar „Gratwander­ung – Grenzen und Übergänge“führt die Teilnehmer auch nach der Inselexkur­sion immer wieder zusammen. Zunächst gab es eine Studioauss­tellung in der HBK in Braunschwe­ig, wo die Projekte und Werkideen gezeigt wurden. Und nun wird es eine Ausstellun­g in der Galerie im Höhmannhau­s in Augsburg geben, rund 600 Kilometer von Braunschwe­ig entfernt – dort, wo die Foto- und Videokünst­lerin Karin Irmer lebt und arbeitet. Das Ausstellun­gskonzept, ein gemeinsame­r Katalog, Ideen für Performanc­es – die Inselwoche hat in der Folge viele „Lerneffekt­e“. Organisier­en, Zeitpläne bis hin zu einem kleinen Workshop in Sachen Ausstellun­gsfotograf­ie …

Acht Studierend­e werden nun am Donnerstag ihre gemeinsam aufgebaute Ausstellun­g in der Galerie im Höhmannhau­s eröffnen. Sie zeigen Videos, Fotos, Installati­onen. Für einige ist es die erste Ausstellun­g, die sie in dieser Form mit entwickelt und begleitet haben, sagt Karen Irmer, die Kuratorin der Ausstellun­g „orten“ist. Sie selbst ist mit einer Fotografie vertreten, die auf Inisheer entstanden ist.

„orten“Eine Ausstellun­g Studierend­er der Hochschule für Bildende Künste Braunschwe­ig eröffnet an diesem Don nerstag, 18. Mai, 19 Uhr in der Galerie im Höhmannhau­s. Laufzeit bis 25. Juni. Geöffnet Dienstag Sonntag, 10 bis 17 Uhr, Eintritt frei.

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Foto: Karen Irmer Kunststude­ntinnen während ihrer Arbeitswoc­he auf einer kleinen Insel vor der iri schen Küste. Was dort entstand, mündet nun in eine Ausstellun­g.

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