Junge Künstler draußen auf einer Insel: Was kommt dabei raus?
Die Augsburger Fotografin Karen Irmer leitet ein ungewöhnliches Seminar – eine Gratwanderung zwischen Atlantik und Galerie
Inis Oírr (Inisheer) ist eine kleine gälische Insel im Atlantik, gelegen vor der Westküste Irlands. Im Sommer 2016 wurde das Eiland zu einer zeitgenössischen Künstlerkolonie, zu einem Experimentierfeld für zwölf junge Künstler, die dort eine Woche verbrachten und künstlerisch arbeiteten.
Als Initiatorin mit dabei: die Augsburger Fotografin Karen Irmer. Sie kennt die Insel, weil sie dort 2011 als „Artist in Residence“vier Wochen arbeitete. Nun war Karen Irmer die Exkursionsleiterin – denn die Studenten der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (HBK) sind Teilnehmer ihres Seminars „Gratwanderung“, das Irmer als Stipendiatin des DorotheaErxleben-Programms (es währt zwei Jahre) leitet.
Auf Inis Oírr ging es weniger darum, fertige Arbeiten zu produzieren. Vielmehr sollten die jungen Kunststudenten Erfahrungen machen und zu Haltungen finden, wie Karen Irmer sagt. „Wie kann man sich als Künstler organisieren? Wie gehe ich mit Zeit um, wie finde ich in einen Arbeitsrhythmus?“
Jeder war angehalten, ein Tagesritual für sich zu finden und sich Strukturen zu schaffen, die tauglich und inspirierend sind. In einem offenen Rahmen – niemand sollte am Ende der Woche etwas „Fertiges“präsentieren müssen – sollten die Studierenden der Freien Kunst und der Kunstwissenschaft Dinge entdecken können, die es im Hochschulbetrieb so nicht gibt. Zum Beispiel das Zusammenleben an einem abgeschiedenen Ort, wo man sich zwischen den Polen Alleinsein und Gruppendynamik bewegt. Die Insel bot weiten Raum zum Erproben neuer Arbeitsmethoden und Ansätze für künstlerische Forschung. Karen Irmer weiß aus eigener Erfahrung: „Als Künstler ist man Einzelgänger. Wer als Künstler im Studium keine Künstlerfreundschaften schließt, kriegt sie später nicht mehr. Aber solche Künstlerfreundschaften sind wichtig für den Austausch und die eigene Standortbestimmung.“
Das Seminar „Gratwanderung – Grenzen und Übergänge“führt die Teilnehmer auch nach der Inselexkursion immer wieder zusammen. Zunächst gab es eine Studioausstellung in der HBK in Braunschweig, wo die Projekte und Werkideen gezeigt wurden. Und nun wird es eine Ausstellung in der Galerie im Höhmannhaus in Augsburg geben, rund 600 Kilometer von Braunschweig entfernt – dort, wo die Foto- und Videokünstlerin Karin Irmer lebt und arbeitet. Das Ausstellungskonzept, ein gemeinsamer Katalog, Ideen für Performances – die Inselwoche hat in der Folge viele „Lerneffekte“. Organisieren, Zeitpläne bis hin zu einem kleinen Workshop in Sachen Ausstellungsfotografie …
Acht Studierende werden nun am Donnerstag ihre gemeinsam aufgebaute Ausstellung in der Galerie im Höhmannhaus eröffnen. Sie zeigen Videos, Fotos, Installationen. Für einige ist es die erste Ausstellung, die sie in dieser Form mit entwickelt und begleitet haben, sagt Karen Irmer, die Kuratorin der Ausstellung „orten“ist. Sie selbst ist mit einer Fotografie vertreten, die auf Inisheer entstanden ist.
„orten“Eine Ausstellung Studierender der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig eröffnet an diesem Don nerstag, 18. Mai, 19 Uhr in der Galerie im Höhmannhaus. Laufzeit bis 25. Juni. Geöffnet Dienstag Sonntag, 10 bis 17 Uhr, Eintritt frei.