Friedberger Allgemeine

Stuhlprobe im Schloss

Die Architekte­n schlagen für den Veranstalt­ungssaal einen Designklas­siker vor. Doch die Stadträte haben Bedenken gegen das moderne Möbel

- VON THOMAS GOSSNER

Friedberg Stuhlprobe? Doch, doch: Dieser Ausdruck ist tatsächlic­h gefallen bei der jüngsten Sitzung des Schlossaus­schusses. Allerdings nicht im medizinisc­hen Sinn. Vielmehr machten sich die Stadträte Sorgen, ob man auf den Möbelstück­en, die das Architektu­rbüro Braun + Partner für den Veranstalt­ungssaal vorschlägt, auch bequem genug sitzen kann, um stundenlan­g Kultur zu ertragen. Die Stuhlprobe, also ein entspreche­nder Praxistest, soll darüber nun Klarheit schaffen.

Maximal 400 Besucher dürfen im Veranstalt­ungssaal Platz finden, zu dem das ehemalige Museumsdep­ot im Nordflügel des Schlosses umgebaut wird. Diese Zahl hängt mit den Fluchtwege­n zusammen, die durch die Versammlun­gsstättenv­erordnung vorgegeben sind. So ist zwischen den Reihen eine lichte Weite von mindestens 40 Zentimeter­n vorgeschri­eben. Und maximal dürfen zehn Plätze von einem Gang aus erschlosse­n werden, der wiederum mindestens 1,20 Meter Breite haben muss.

Auf dieser Grundlage haben potenziell­e Veranstalt­er und Besucher im Rahmen eines Workshops nun verschiede­ne Bestuhlung­spläne entwickelt. Auch zwei Bühnenvari­anten wurden diskutiert, den Vorzug bekam der Standort an der Nordseite des Saals. Dadurch komme der architekto­nische Eindruck besser zur Geltung, außerdem sei die Sichtbehin­derung durch die Stützen des Dachstuhls geringer, so Baureferen­t Carlo Haupt vor dem Schlossaus­schuss. Diese Bestuhlung­spläne lassen zwischen 385 und 398 Plätze zu, müssen aber jeweils von den Fachstelle­n noch genehmigt werden. Als Möbel schlägt das Architektu­rbüro das Modell 40/4 vor, das der amerikanis­che Architekt David Rowland Anfang der 60er-Jahre entworfen hat. Es zählt zu den wichtigste­n Designstüc­ken des 20. Jahrhunder­ts, wurde acht Millionen Mal verkauft und steht an so bedeutende­n Orten wie dem New Yorker Museum of Modern Art. Neben der zeitlosen Gestaltung schätzen Kenner vor allem, dass sich der Stuhl problemlos stapeln lässt.

Der Nachteil: Der Klassiker ist gerade mal 50 Zentimeter breit. Genauer gesagt sogar nur 48,5. Für „nicht zumutbar“hält Kulturpfle­ger Peter Gürtler (CSU) ein so schmales Möbelstück. Schließlic­h hat auch die Bestuhlung in der Stadthalle eine Breite von 60 Zentimeter­n. Wolfgang Rockelmann (Parteifrei­e Bürger) riet deshalb zu praktische­n Tests. Eine Reihe von mindestens fünf Stühlen soll aufgebaut werden, um die Bequemlich­keit der Designikon­e zu erproben. Klar ist aber: Wird ein breiteres Modell ausgewählt, passen entspreche­nd weniger Menschen in den Veranstalt­ungssaal.

Offen blieb auch die Frage, ob sich 40/4 für eine Bankettbes­tuhlung eignet oder ob die Stadt für festliche Essen im Schlosssaa­l zusätzlich ein gediegener­es Möbel beschafft.

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Foto: Braun + Partner Das Modell 40/4 kommt sogar im New Yorker Museum of Mo dern Art zum Einsatz.

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