Stuhlprobe im Schloss
Die Architekten schlagen für den Veranstaltungssaal einen Designklassiker vor. Doch die Stadträte haben Bedenken gegen das moderne Möbel
Friedberg Stuhlprobe? Doch, doch: Dieser Ausdruck ist tatsächlich gefallen bei der jüngsten Sitzung des Schlossausschusses. Allerdings nicht im medizinischen Sinn. Vielmehr machten sich die Stadträte Sorgen, ob man auf den Möbelstücken, die das Architekturbüro Braun + Partner für den Veranstaltungssaal vorschlägt, auch bequem genug sitzen kann, um stundenlang Kultur zu ertragen. Die Stuhlprobe, also ein entsprechender Praxistest, soll darüber nun Klarheit schaffen.
Maximal 400 Besucher dürfen im Veranstaltungssaal Platz finden, zu dem das ehemalige Museumsdepot im Nordflügel des Schlosses umgebaut wird. Diese Zahl hängt mit den Fluchtwegen zusammen, die durch die Versammlungsstättenverordnung vorgegeben sind. So ist zwischen den Reihen eine lichte Weite von mindestens 40 Zentimetern vorgeschrieben. Und maximal dürfen zehn Plätze von einem Gang aus erschlossen werden, der wiederum mindestens 1,20 Meter Breite haben muss.
Auf dieser Grundlage haben potenzielle Veranstalter und Besucher im Rahmen eines Workshops nun verschiedene Bestuhlungspläne entwickelt. Auch zwei Bühnenvarianten wurden diskutiert, den Vorzug bekam der Standort an der Nordseite des Saals. Dadurch komme der architektonische Eindruck besser zur Geltung, außerdem sei die Sichtbehinderung durch die Stützen des Dachstuhls geringer, so Baureferent Carlo Haupt vor dem Schlossausschuss. Diese Bestuhlungspläne lassen zwischen 385 und 398 Plätze zu, müssen aber jeweils von den Fachstellen noch genehmigt werden. Als Möbel schlägt das Architekturbüro das Modell 40/4 vor, das der amerikanische Architekt David Rowland Anfang der 60er-Jahre entworfen hat. Es zählt zu den wichtigsten Designstücken des 20. Jahrhunderts, wurde acht Millionen Mal verkauft und steht an so bedeutenden Orten wie dem New Yorker Museum of Modern Art. Neben der zeitlosen Gestaltung schätzen Kenner vor allem, dass sich der Stuhl problemlos stapeln lässt.
Der Nachteil: Der Klassiker ist gerade mal 50 Zentimeter breit. Genauer gesagt sogar nur 48,5. Für „nicht zumutbar“hält Kulturpfleger Peter Gürtler (CSU) ein so schmales Möbelstück. Schließlich hat auch die Bestuhlung in der Stadthalle eine Breite von 60 Zentimetern. Wolfgang Rockelmann (Parteifreie Bürger) riet deshalb zu praktischen Tests. Eine Reihe von mindestens fünf Stühlen soll aufgebaut werden, um die Bequemlichkeit der Designikone zu erproben. Klar ist aber: Wird ein breiteres Modell ausgewählt, passen entsprechend weniger Menschen in den Veranstaltungssaal.
Offen blieb auch die Frage, ob sich 40/4 für eine Bankettbestuhlung eignet oder ob die Stadt für festliche Essen im Schlosssaal zusätzlich ein gediegeneres Möbel beschafft.