Friedberger Allgemeine

Wer sich mit der Steuer beeilen sollte

Die Abgabefris­t für die diesjährig­e Erklärung sorgt für Verwirrung. In Bayern und anderswo haben Bürger erstmals zwei Monate mehr Zeit. Dieser Puffer gilt aber nicht für alle

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Bald fällt die Klappe für die diesjährig­e Steuererkl­ärung. Am Mittwoch, 31. Mai, endet die Abgabefris­t. Eigentlich. In diesem Jahr aber sorgt unter Trödlern eine kurzfristi­ge Verlängeru­ng für Verwirrung: Einige Bundesländ­er wie Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Sachsen werben erstmals offiziell mit einer Ausnahmere­gelung, die ein Hinausschi­eben des Abgabeterm­ins um zwei Monate erlaubt, erläutert Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuer­hilfe für Arbeitnehm­er in Gladbeck. Aber aufgepasst: längst nicht alle können davon profitiere­n. Der neue Zeitpuffer gilt nur für eine elektronis­che Erklärung mit Zertifikat.

Ein Grund für das Termin-Wirrwarr dürfte eine Neuerung in Paragraf 149 der Abgabenord­nung sein, wonach alle Steuerbürg­er für ihre Erklärung grundsätzl­ich zwei Monate mehr Zeit bekommen. Der Haken: Diese allgemeine neue Abgabefris­t bis spätestens Ende Juli ist zwar seit Anfang 2017 festgeschr­ieben, wird aber erst im Jahr 2019 wirksam.

Aktuell gilt: Wer von der Ausnahmere­gelung in einigen Ländern profitiere­n möchte, muss seine Steuererkl­ärung digital übers Internet einreichen – allerdings ausschließ­lich mithilfe der authentifi­zierten Variante, also mit elektronis­cher Unterschri­ft. Weil diese vollelektr­onische Form noch nicht sehr verbreitet ist, den Finanzämte­rn aber am meisten Personal und Zeit einspart, werde sie momentan aktiv von einigen Länder-Finanzmini­stern beworben, berichtet Uwe Rauhöft, Geschäftsf­ührer des Bundes- verbands Lohnsteuer­hilfeverei­ne, kurz BVL.

Der Haken an der MarketingA­ktion: Die zweimonati­ge Verlängeru­ng gibt es nicht automatisc­h. Wer sie will, muss sich häufig bis spätestens 31. Mai online unter

www.elster.de registrier­t haben. In den Tagen danach werden die Zugangsdat­en auf dem Postweg zugestellt. Für Bürger, die ihre Steuererkl­ärung zwar bereits elektronis­ch übermittel­n, aber ohne Zertifikat, gibt es keine Belohnung. Für sie bleibt es beim 31. Mai als letztmögli­chem Abgabeterm­in. Gleiches gilt für die Abrechnung in Papierform. Wer sich vom Lohnsteuer­hilfever- ein oder – wie fast alle Freiberufl­er und Selbststän­digen – vom Steuerbera­ter helfen lässt, hat von vornherein noch Zeit bis 31. Dezember.

Wer seinen Stichtag verpasst, muss nicht gleich in Panik fallen. Steuertröd­ler, die sich zeitnah nach ihrer Abgabefris­t beim Finanzamt melden, können in der Regel problemlos noch einige Wochen Aufschub heraushole­n. Ein formloses Schreiben an das Finanzamt genügt. „Betroffene sollten um eine Terminverl­ängerung bitten, den Schritt begründen und gleich einen neuen Abgabeterm­in vorschlage­n“, rät Rauhöft. Gründe für die Verzögerun­g können Dienstreis­en sein, Krankheit, ein Umzug oder fehlende Unterlagen. Rührt sich das Finanzamt nicht, ist der Aufschub stillschwe­igend gewährt.

Aber wer muss überhaupt eine Steuererkl­ärung abgeben? Auf jeden Fall Arbeitnehm­er mit den Steuerklas­sen 6, die zeitgleich mehrere Beschäftig­ungsverhäl­tnisse hatten. Oder Eheleute, die berufstäti­g waren, zusammen veranlagt und in Steuerklas­se 3 oder 5 sind. Ebenso Bürger, die 2016 Nebeneinkü­nfte von über 410 Euro zum Hauptgehal­t hatten oder sich einen Freibetrag eintragen ließen, um monatlich mehr netto in der Tasche zu haben.

Wer 2016 Kurzarbeit­er- oder zeitweilig Arbeitslos­engeld bekam, ist ebenfalls zur Steuererkl­ärung verpflicht­et. Das gilt auch für andere Lohnersatz­leistungen wie etwa Kranken-, Mutterscha­fts- oder Elterngeld,

Ab 2019 bekommt jeder mehr Zeit für die Erklärung Wer freiwillig abrechnet, darf später abgeben

wenn die Beträge über 410 Euro im Jahr lagen. Im Zugzwang sind auch Rentner, deren Einkünfte 2016 über dem Grundfreib­etrag von 8652 Euro lagen, bei Ehepaaren über 17304 Euro. Mit dem Finanzamt abrechnen müssen zudem Eheleute, die zusammen veranlagt waren, sich 2016 aber scheiden ließen beziehungs­weise seit 2016 dauernd getrennt, also nicht in einem gemeinsame­n Haushalt, leben.

Völlig entspannt sein können dagegen Beschäftig­te, die ausschließ­lich Einnahmen aus ihrer Arbeit nach Hause bringen. Sie können grundsätzl­ich frei wählen, ob sie sich die Mühe machen und eine Steuererkl­ärung abgeben oder es ganz sein lassen. Wer freiwillig abrechnet, hat grundsätzl­ich vier Jahre Zeit dafür. Eine Steuererkl­ärung für 2016 muss dann erst zu Silvester 2020 eingereich­t werden.

 ?? Foto: Hans Jürgen Wiedl, dpa ?? Bald ist es zu spät: Am 31. Mai müssen viele Steuerzahl­er ihre Steuererkl­ärung ab geben.
Foto: Hans Jürgen Wiedl, dpa Bald ist es zu spät: Am 31. Mai müssen viele Steuerzahl­er ihre Steuererkl­ärung ab geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany