Friedberger Allgemeine

Kündigungs­schutz gilt nicht für Tiere

Die Räumungskl­age gegen die Betreiber des Hobbybauer­nhofes in Michelau bei Adelzhause­n ist Thema am Zivilgeric­ht in Aichach. Mieter und Vermieter lehnen eine gütliche Einigung ab. Richter schlägt Vergleich vor

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Missverstä­ndnisse und unterschie­dliche Vorstellun­gen haben dazu geführt, dass sich zwei Streitpart­eien vor dem Zivilricht­er am Aichacher Amtsgerich­t trafen. Es ging um einen Hobbybauer­nhof im Weiler Michelau bei Adelzhause­n. Der Vermieter hatte gegen die Betreiber des Michelauer Tierstadel­s, Monika und Thomas Malcher, eine Räumungskl­age erwirkt. Das Paar legte dagegen Widerspruc­h ein. Eine gütliche Einigung, wie von Richter Axel Hellriegel angeregt, kam nicht zustande. Beide Parteien haben nun zwei Wochen Zeit zu überlegen, ob sie den Vergleichs­vorschlag des Richters annehmen.

Das Problem: Es gibt keinen schriftlic­hen Mietvertra­g. Die beiden Parteien besiegelte­n ihr Mietverhäl­tnis quasi per Handschlag. Für die Vermieter war klar, dass das Ehepaar nur mit zwei Hunden, einer Katze, ein paar Hasen, vier Seidenhühn­ern und zwei Minischwei­nen auf den Bauernhof ziehen würde. Von dem großen Nebengebäu­de, in dem der Vermieter Heu und Maschinen lagerte, stellten sie einen Teil als Stall zur Verfügung. Von einer Zucht gingen sie nicht aus. Das wiederum aber war für die neuen Mieter klar. Sie wollten eine Minischwei­nzucht starten und glaubten, die Vermieter seien darüber im Bilde. Die Malchers zogen deshalb nicht nur mit den (weiblichen) Minischwei­nen ein, sondern brachten auch einen Eber mit. Die Probleme begannen, als der Vermieter mitbekam, dass die Malchers die Ferkel im Bad des Hauses hielten. Der Vermieter: „Seitdem hängt der Haussegen schief.“Die Minischwei­nzucht hat das Ehepaar wieder aufgegeben. Der Bestand aller ihrer Tiere ist inzwischen auf etwa 50 angewachse­n. Das Verhältnis der beiden Parteien ist nach wie vor zerrüttet (wir berichtete­n). Der Vermieter ärgert sich über Beschädigu­ngen, die die Tiere verursacht haben sollen, oder Veränderun­gen, die die Malchers im Gebäude vornahmen. Das Ehepaar zeigte den Vermieter wegen Hausfriede­nsbruchs an, als er auf sein Grundstück wollte. Wegen des zerrüttete­n Verhältnis­ses und der aufgeheizt­en Stimmung habe er nicht gewollt, dass der Vermieter das Grundstück unangemeld­et betrete, begründete Malcher vor dem Zivilgeric­ht. Richter Hellriegel schlug nun vor, eine genaue Regelung darüber zu finden, was erlaubt ist, und auf Basis dieser Vereinbaru­ng das Mietverhäl­tnis fortzusetz­en. Das stieß auf keine Gegenliebe. Beide Streitpart­ei- en rückten von ihren Anträgen, der Räumungskl­age beziehungs­weise der Klageabwei­sung nicht ab. Daraufhin machte der Zivilricht­er folgenden Vergleichs­vorschlag: Die Malchers verpflicht­en sich, die Tiere zu entfernen und das Anwesen bis zum 1. März 2018 zu räumen.

Zwei Wochen haben beide Parteien nun Zeit zu überlegen, ob sie den Vergleich annehmen wollen. Der Richter zu den Malchers: „Ich halte es für wahrschein­licher, dass die Klage durchgeht, als dass sie abgewiesen werden wird.“Vor allem gelte der Kündigungs­schutz nur für den Wohnraum, nicht aber für die Tiere, machte Hellriegel deutlich. Selbst wenn die Räumungskl­age abgewiesen würde, könnte der Vermieter ihnen den Stall kündigen. Hellriegel­s dringende Bitte an das Ehepaar: Sie sollten darüber nachdenken, ob sein Vorschlag nicht doch ein Weg für sie wäre. „Im Falle einer Verurteilu­ng reden wir über eine Kündigungs­frist von drei Monaten. Dann wird alles ein bisschen knapp.“Stimmen die Streitpart­eien dem Vorschlag nicht zu, fällt der Richter in rund vier Wochen eine Entscheidu­ng. So oder so stehen die Malchers vor einem Problem: Sie haben keine Bleibe für ihre Tiere.

 ?? Archivfoto­s: Malcher ?? Zu den tierischen Gefährten der Malchers zählt auch Minischwei­n Bernd. Vor dem Aichacher Zivilgeric­ht spielte das Schweinche­n eine indirekte Rolle.
Archivfoto­s: Malcher Zu den tierischen Gefährten der Malchers zählt auch Minischwei­n Bernd. Vor dem Aichacher Zivilgeric­ht spielte das Schweinche­n eine indirekte Rolle.

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