Friedberger Allgemeine

Tanzen mit guten Freunden

Zehn Jahre lang haben Robert Conn und seine Tänzer die Augsburger begeistert. Mit einer umjubelten Gala geht diese Ära nun zu Ende

- VON BIRGIT MÜLLER BARDORFF

„Dance among friends“, so hieß der erste Ballettabe­nd unter der Ägide Robert Conns als Direktor des Augsburger Balletts, die jetzt nach 10 Jahren zu Ende geht. „Tanz im Kreis von Freunden“, unter diesem Motto standen in den vergangene­n Jahren auch immer die Galas, die den Höhepunkt der Ballettsai­son in Augsburg markierten. Deren illustre Gästeschar war dem in alle Welt reichenden Netzwerk Conns und seinen freundscha­ftlichen Verbindung­en zu vielen Choreograf­en und Ballettdir­ektoren zu verdanken. Zum Abschluss seiner Augsburger Zeit griff er bei der Ballettgal­a am Samstag und Sonntag in der zweimal ausverkauf­ten Schwabenha­lle noch einmal in die Vollen: Mit der Joffrey Company aus Chicago und dem Kanadische­n Nationalba­llett aus Toronto kamen Solisten zweier Spitzen-Ensembles aus Übersee nach Augsburg, die zudem wichtige Stationen in Conns eigener Karriere als Tänzer waren.

Die kanadische­n Solisten Elena Lobsanova und Naoye Ebe begeistert­en dabei mit einem Auszug aus dem Ballett „The Dreamers Ever Leave You“von Robert Binet. Zunächst isoliert und in minimalist­ischen Bewegungen steigerte das Paar seine Darbietung zu den Pianokaska­den des Komponiste­n Lubomyr Melnyk zu einem hochemotio­nalen Duett mit Staunen machender Körperspan­nung und Eleganz. Diese zeigten die Kanadier im Laufe des Abends auch mit einem Pas de Deux aus „Coppelia“.

Zwei neoklassis­che Choreograf­ien des russischen Tänzers und Choreo- Yuri Possokhov tanzten Victoria Jaiani und Temur Suluashvil­i vom Joffrey Ballet Chicago. Wer bereits die Aufführung des wuchtigen „Spartacus“-Balletts von Youri Grigorovic­h im Münchner Nationalth­eater gesehen hatte, erlebte nun das berühmte Adagio zwischen Spartacus und Phrygia in Possokhovs zeitgemäße­rem Duktus mit etwas reduzierte­m Bombast, aber nicht weniger Leidenscha­ft. Zwei Liebende in gegenseiti­ger Annäherung und Verweigeru­ng verkörpert­en die beiden in „Bells“zu Klaviermus­ik von Sergei Rachmanino­ff.

Tanz als Sprache ohne Worte, als pure Studie des Körpers und seiner Bewegungen präsentier­ten den Gästen des Spanischen Nationalba­lletts Kayoko Everhart und Alessandro Riga in Nacho Duatos Choreograf­ie „Without Words“. Zu Musik von Franz Schubert entstanden fasziniere­nde körperlich­e Skulpturen.

Ebenso beeindruck­end die beiden Soloeinlag­en der Solisten des Berliner Staatsball­etts: Ksenia Ovsyanick und Dinu Tamazlacar­u, beide Preisträge­r des renommiert­en Tänzerprei­ses Prix de Lausanne. Während Tamazlacar­u ein Thema aus dem Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“beschwingt darbot, schlug Ovgrafen syanick in ihrer Interpreta­tion eines armenische­n Volksliede­s eine düstere Saite an. Wie vom Wind getrieben bewegte sie sich über die Bühne, formte mit ihrem schmalen Körper den Ausdruck von Schwermut und Trauer.

Wie amüsant sich das Ballett aber auch geben kann, zeigte wieder einmal die Truppe von Eric Gauthier vom Theaterhau­s Stuttgart, zu der mittlerwei­le auch der ehemalige Augsburger Publikumsl­iebling Theophilus Vesely gehört. Mit seiner Partnerin Barbara Melo Freire gab er eine Trainingss­tunde zum Besten, in der die 102 Positionen des Paartanzes vorgeführt werden – einschließ­lich Handkuss und Gelenkekni­rschen. Ausgelasse­n hatten zuvor Réginald Lefebvre und Alessio Marchini zu einem Gospel von Howard A. Roberts getanzt.

Zwar lag der Schwerpunk­t der diesjährig­en Gala eher im zeitgenöss­ischen Bereich, doch hatten Armin Frauenschu­h, der Stellvertr­eter Robert Conns, und die Augsburger Tanzlegend­e Erich Payer als Moderatore­n der Veranstalt­ung für Freunde des klassische­n Balletts eine besondere Bravour-Nummer anzukündig­en: den Pas de Deux aus Petipas „Le Corsaire“. Mit Sprüngen und Posen, mit lieblicher Anmut und virtuosen Pirouetten, mit atemlos machenden Hebefigure­n glänzten Alexandr Stoianov und Kateryna Kukhar – eine Darbietung wie aus dem Ballett-Bilderbuch, die das Publikum zum Jubeln brachte.

Welch hervorrage­nde Qualität die Augsburger Compagnie in den letzten zehn Jahren erreicht hat, zeigte sich unter all den Solisten bedeutende­r Ballett-Ensembles an diesem Abend einmal mehr. Mit Ausschnitt­en aus „Nussknacke­r“, „Carmen“und „Revolution“begeistert­en die Augsburger Tänzer noch einmal und erinnerten an Höhepunkte der vergangene­n Spielzeit.

Ihren Ausklang fand die Gala schließlic­h mit einem Finale, das sieben Choreograf­en speziell für diesen Abend zu einem Medley aus bekannten Popnummern geschaffen hatten. Der Augsburger Tim Allhoff hatte die Songs arrangiert und spielte mit seiner Band live auf der Bühne, Musical-Darsteller­in Peti van der Velde sang die Nummern von Eric Clapton, Santana, James Brown und anderen. Ein Abschluss, der zu den davor gesehenen exzellente­n Darbietung­en leider nicht so recht passen wollte. Ballett zu Rock und Pop, das hat man schon besser gesehen.

Das Publikum feierte Robert Conn und sein Ensemble trotzdem mit nicht enden wollendem Applaus und Standing Ovations: für ein Ballett, das im vergangene­n Jahrzehnt immer wieder verzaubert­e, begeistert­e und fasziniert­e. In Augsburg hat Conn, der sich an diesem Abend trotz der Ovationen für ihn sympathisc­h bescheiden gab, viele neue Freunde gewonnen.

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Fotos: Nik Schölzel/Theater Augsburg Ein Bravourstü­ck des klassische­n Balletts: der Pas de Deux aus „Le Corsaire“mit Ka teryna Kukhar und Alexandr Stoianov.
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Gäste aus Chicago: Victoria Jaiani und Temur Suluashvil­i tanzten das Adagio aus „Spartacus“.

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