Er hat den Bogen raus
Reinhold Ulrich produziert Bögen für Instrumente per Hand. Der Artenschutz beeinflusst den Beruf / Serie (3)
Manchmal ist die ganze Arbeit von Reinhold Ulrich umsonst gewesen, dann kann der Instrumentenbauer den fertigen Bogen für ein Streichinstrument wie die Geige wegwerfen. „Bei der Fällung schlagen die Bäume teils ungünstig auf und es entstehen kleine Risse, die aber erst sichtbar werden, wenn der Bogen fertig und poliert ist. Ärgerlicherweise passiert das bei hochwertigerem hartem Holz öfter als bei dem günstigen Holz. Den Bogen kauft dann keiner mehr“, sagt Ulrich.
Er selbst wollte nach der Schule eigentlich Orgel- oder Flötenbauer werden, fand aber keine Lehrstelle und schwenkte deswegen zum Bogenbauer um. 42 Jahre ist das her. Das Handwerk erlernte er, der inzwischen in Lechhausen lebt, in Bubenreuth nahe Erlangen. „Nach dem Krieg haben sich dort viele sudetendeutsche Bogenbauer niedergelassen.“Der Ort galt damals weltweit als Zentrum des Bogenbaus. Laut Ulrich war Deutschland aber ein Land, in dem Massenproduktion stattfand, wohingegen noble Bögen eher in Frankreich hergestellt wurden. Wie wertvoll das verwendete Holz ist, lässt sich durch Klopfen feststellen. Ist es billiges Holz, klingt der Ton dumpfer.
Ulrich ist in der Branche inzwischen zum Exoten geworden, weil er noch von Hand herstellt. „Ich brauche etwa 45 Minuten pro Exemplar, das geht mit Maschinen natürlich viel schneller.“Immer abwechselnd biegt und hobelt er das Holzstück. Teils erhitzt er das Holz auch, um es biegsamer zu machen. Am Ende spannt er noch Rosshaar ein, mit dem der Musiker dann über die Saiten der Geige streicht.
Neben der Art der Herstellung gab es in den vergangenen Jahren noch einige weitere erhebliche Veränderungen. Als Ulrich in den Beruf einstieg, bestand die Kopfplatte am Ende des Bogens noch aus echtem Elfenbein. Inzwischen werden dafür Kunststoffe verwendet oder Elfenbein, was aus dem Permafrostboden in Sibirien ausgegraben wurde. Beschränkungen gibt es auch beim Holz. Die seltenen brasilianischen Fernambuk-Bäume stehen unter Artenschutz. Sie sind wegen der hervorragenden Vibrationseigenschaften des Holzes sehr gefragt. „Brasilien exportiert nur noch vorgefertigte Bögen. Ich habe noch Restbestände an Brettern.“
Inzwischen gibt es in dem südamerikanischen Land immer mehr Bogenmacher, während der Beruf hierzulande immer seltener wird. Auch der 63-jährige Reinhold Ulrich wird wohl bald aufhören. „Meine Kraft reicht nicht mehr, um Bassbögen herzustellen, auch sonst habe ich einige gesundheitliche Probleme“, sagt er.