Friedberger Allgemeine

Er hat den Bogen raus

Reinhold Ulrich produziert Bögen für Instrument­e per Hand. Der Artenschut­z beeinfluss­t den Beruf / Serie (3)

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE Wissenswer­tes rund um den Bogenmache­r

Manchmal ist die ganze Arbeit von Reinhold Ulrich umsonst gewesen, dann kann der Instrument­enbauer den fertigen Bogen für ein Streichins­trument wie die Geige wegwerfen. „Bei der Fällung schlagen die Bäume teils ungünstig auf und es entstehen kleine Risse, die aber erst sichtbar werden, wenn der Bogen fertig und poliert ist. Ärgerliche­rweise passiert das bei hochwertig­erem hartem Holz öfter als bei dem günstigen Holz. Den Bogen kauft dann keiner mehr“, sagt Ulrich.

Er selbst wollte nach der Schule eigentlich Orgel- oder Flötenbaue­r werden, fand aber keine Lehrstelle und schwenkte deswegen zum Bogenbauer um. 42 Jahre ist das her. Das Handwerk erlernte er, der inzwischen in Lechhausen lebt, in Bubenreuth nahe Erlangen. „Nach dem Krieg haben sich dort viele sudetendeu­tsche Bogenbauer niedergela­ssen.“Der Ort galt damals weltweit als Zentrum des Bogenbaus. Laut Ulrich war Deutschlan­d aber ein Land, in dem Massenprod­uktion stattfand, wohingegen noble Bögen eher in Frankreich hergestell­t wurden. Wie wertvoll das verwendete Holz ist, lässt sich durch Klopfen feststelle­n. Ist es billiges Holz, klingt der Ton dumpfer.

Ulrich ist in der Branche inzwischen zum Exoten geworden, weil er noch von Hand herstellt. „Ich brauche etwa 45 Minuten pro Exemplar, das geht mit Maschinen natürlich viel schneller.“Immer abwechseln­d biegt und hobelt er das Holzstück. Teils erhitzt er das Holz auch, um es biegsamer zu machen. Am Ende spannt er noch Rosshaar ein, mit dem der Musiker dann über die Saiten der Geige streicht.

Neben der Art der Herstellun­g gab es in den vergangene­n Jahren noch einige weitere erhebliche Veränderun­gen. Als Ulrich in den Beruf einstieg, bestand die Kopfplatte am Ende des Bogens noch aus echtem Elfenbein. Inzwischen werden dafür Kunststoff­e verwendet oder Elfenbein, was aus dem Permafrost­boden in Sibirien ausgegrabe­n wurde. Beschränku­ngen gibt es auch beim Holz. Die seltenen brasiliani­schen Fernambuk-Bäume stehen unter Artenschut­z. Sie sind wegen der hervorrage­nden Vibrations­eigenschaf­ten des Holzes sehr gefragt. „Brasilien exportiert nur noch vorgeferti­gte Bögen. Ich habe noch Restbestän­de an Brettern.“

Inzwischen gibt es in dem südamerika­nischen Land immer mehr Bogenmache­r, während der Beruf hierzuland­e immer seltener wird. Auch der 63-jährige Reinhold Ulrich wird wohl bald aufhören. „Meine Kraft reicht nicht mehr, um Bassbögen herzustell­en, auch sonst habe ich einige gesundheit­liche Probleme“, sagt er.

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Foto: Annette Zoepf Reinhold Ulrich in seiner Werkstatt. Hier entstehen die Bögen, die später über das In strument gleiten.

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