Friedberger Allgemeine

Die Straßenkla­viere kommen wieder

Die erfolgreic­he Aktion „Play Me, I’m Yours“soll im kommenden Jahr wiederholt werden. Bereits während der Augsburger Sommernäch­te werden zwei Pianos wieder zum Einsatz kommen. Es gibt aber auch Kritik

- VON MIRIAM ZISSLER

Eine besondere Freude hat die Aktion „Play Me, I’m Yours“Henriette Maier bereitet. Wie jeden Tag schob Linda Maier vergangene Woche ihre 83-jährige Mutter mit dem Rollstuhl zum Theodor-HeussPlatz. „Dort stand eines der bunten Klaviere. Ich schob meine Mutter mit dem Rollstuhl an das Klavier. Und schon ging es los“, berichtet sie. Obwohl ihre Mutter seit ihrer Kindheit kein Klavier mehr gespielt hatte, habe sie nach ein wenig Übung die richtigen Töne getroffen. „Kuckuck, ruft’s aus dem Wald“und „Hoch auf dem gelben Wagen“habe ihre Mutter gespielt und dabei vor Freude und Glück bis über beide Ohren gestrahlt.

Diese Freude, die die Aktion den Augsburger­n bereitete, hat auch Bürgermeis­terin Eva Weber beeindruck­t. Zehn Straßenkla­viere waren ab 7. Mai im Stadtgebie­t verteilt worden – am Sonntag ging die Aktion zu Ende. „Es war unglaublic­h, wie viele verschiede­ne Menschen sich an die Pianos setzen: jung und alt, Touristen und Augsburger, Geübte und weniger Geübte.“Die Pianos kamen so gut an, dass es noch einen Nachschlag geben wird. So sollen zu den Augsburger Sommernäch­ten, die vom 29. Juni bis zum 1. Juli in der Innenstadt gefeiert werden, nochmals zwei Straßenkla­viere zum Einsatz kommen. Und auch die Hochzoller haben mit ihrem Klavier noch viele Pläne: Es soll dort in Veranstalt­ungen, wie dem Kunstmarkt, Lechuferfe­st oder den Adventsmar­kt mit eingebunde­n werden.

Den Wunsch vieler Bürger nach einer Verlängeru­ng der Aktion, kommt die Stadt nicht nach. „Ich glaube, dass es das Ereignis verwässern würde und es nichts mehr Besonderes wäre“, sagt Eva Weber. Dafür will sie sich einsetzen, dass die Aktion im kommenden Jahr in eine neue Runde geht.

Die Handwerksk­ammer (Hwk), war einer der Sponsoren der diesjährig­en Aktion, wäre dann wohl auch wieder mit im Boot. „Es ist eine tolle kulturelle Aktion, die die ganze einbindet. Jeder hat etwas davon, wenn er will“, sagt Susanne Sylvester von der Hwk. Ein Straßenkla­vier war vor der Handwerksk­ammer in der Siebentisc­hstraße postiert. „Unsere Mitarbeite­r haben sich sehr über die Musik gefreut und fühlten sich nie belästigt. Es waren aber auch immer wieder sehr gute Klavierspi­eler bei uns“, sagt sie.

So hätten sich die Mitarbeite­r oder Weiterbild­ungsteilne­hmer in ihrer Pause gerne einmal ans Klavier gesetzt und es hätten sich so „ungeahnte Talente“offenbart. Besucher des nahegelege­nen Zoos oder Botanische­n Gartens stellten sich gerne ans Klavier und hörten dem Spiel zu oder gaben selber ein kleines Konzert. Es gab auch wiederkehr­ende Gäste. „Es gab beispielsw­eise einen Klavierspi­eler, der kam täglich mit dem Fahrrad und hatte seinen No- und Noten dabei und spielte dann eine halbe Stunde, bevor er wieder davon radelte“, erzählt Susanne Sylvester. Die Handwerksk­ammer feierte „ihr“Piano und organisier­te ein Straßenkon­zert, um es dabei mit einbinden zu können. Das Piano, das künftig dem Jugendhaus Kosmos zur Verfügung stehen wird, wollen sie auch weiterhin für Aktionen nutzen. „Etwa als Highlight an einem Messestand. Denn es ist schon ein Hingucker“, sagt sie. Der Augsburger Patrick Friemel, 38, schaute nicht nur zu, sondern spielte in den vergangene­n drei Wochen auch jedes der zehn verschiede­nen Instrument­e. Er nimmt seit zweieinhal­b Jahren Klavierunt­erricht und wollte sich auch einmal im Freien versuchen. „Ich habe an dem Klavier am Holbeinpla­tz morgens um 9 Uhr angefanSta­dt gen. Da werden noch nicht so viele da sein, habe ich mir gedacht“, erzählt er und lacht. Angesteckt durch die tolle Atmosphäre und dem Zuspruch seiner Zuhörer spielte er sich von Klavier zu Klavier. In der CityGaleri­e spielte er „River flows in you“des südkoreani­schen Pianisten Yiruma. „Danach kam jemand auf mich zu und wollte wissen, von wem das Lied ist, um es sich gleich darauf im nebenanlie­genden Saturn-Markt zu kaufen“, sagt er. Am Klavier an der Handwerksk­ammer habe er sich mit seiner Klavierleh­rerin und anderen Schülern verabredet. „Wir hatten Kaffee und Kuchen dabei und haben ein kleines Konzert gespielt, teilweise sogar vierhändig. Das war toll.“Für ihn war die Aktion ein Ansporn besser zu spielen, die Stücke auswendig zu lernen und auch einmal in die Stadtteile zu fahtenstän­der ren. „In Hochzoll war ich beispielsw­eise außer am Kuhsee oder am Hochablass vorher noch nirgends.“

Nicht alle waren von der Aktion „Play Me, I’m Yours“gleicherma­ßen begeistert. Wer sich viel anhören „musste“, waren die Geschäftsi­nhaber und Verkäufer der Läden in unmittelba­rere Nähe des Klaviers in der City-Galerie. „Das war eine Zumutung. Der Großteil konnte nicht spielen und hat nur auf die Tasten gehauen und sich an ,Für Elise‘ oder ,Alle meine Entchen‘ versucht“, sagt Susanne Gebhart, Inhaberin des Tabak- und Zeitschrif­tenladens Wolsdorff. Im Innenberei­ch des Einkaufsce­nters sei das Klavierspi­el einfach zu laut gewesen. „Ich konnte die Kunden teilweise nicht mehr verstehen“, sagt sie. Als das Klavier am Mittwoch abgeholt wurde, habe es Beifall gegeben.

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Foto: Peter Fastl Bis Sonntag konnte in Augsburg an Straßenkla­vieren wie hier am Holbeinpla­tz gespielt werden. Die Aktion kam gut an und soll wiederholt werden.

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