Sie zeigen Flagge gegen Hundekot
Wenn die Beutelspender nicht genutzt werden: Zwei Friedbergerinnen machen mit selbst gebastelten Fähnchen auf liegengelassene Exkremente aufmerksam. Was die Stadt und die Bürger dazu sagen
Aichach Friedberg Rein in die neuen Schuhe, das Haus verlassen und prompt in den nächsten Haufen getreten. Das Hundekot-Dilemma ist vielen nicht fremd. Julena Ranzinger und Uschi Schnelzer – selbst Hundebesitzerinnen – wollen dem in Friedberg mit einer ungewöhnlichen Idee zu Leibe rücken: Nach dem Vorbild Adelzhausens bestücken sie liegengelassene Fäkalien mit Fähnchen. Darauf stehen Sprüche wie: „Lieber Hundebesitzer, bitte nimm mich mit“und „Für ein sauberes Friedberg“. Ranziger sagt: „Wir möchten die Halter in dieser Angelegenheit sensibilisieren.“
Beim Gassi gehen mit Luke und Buddy – ihren beiden Hunden – sind die Friedbergerinnen auf das Problem entlang des Leitenwegs aufmerksam geworden. „Auf der gesamten Strecke bis hin zum Elfenbaum gibt es nur einen einzigen Kotbeutelspender“, sagt Ranzinger. Das reiche nicht aus für die Menge an Hundebesitzern, die den Weg täglich für ihre Runden nutzen.
Nach Angaben der Stadtverwaltung sind in Friedberg 1461 Hundehalter gemeldet. Für diese sind an verschiedenen Standorten insgesamt 45 Hundekotbeutelspender installiert. „2013 hat man mit 14 Exemplaren begonnen, 2014 folgten weitere zehn“, berichtet Pressesprecher Frank Büschel. Man habe die Vorschläge der Bürger und Hundehalter in die Standortvergabe miteinbezogen und die Zahl stetig erhöht. Dennoch gebe es nach wie vor vereinzelte Beschwerden um hinterlassene Hundeexkremente. „Es gehen aber in etwa gleich viele positive Rückmeldungen hinsichtlich der Automaten ein“, so Büschel.
Julena Ranzinger vermutet hinter dem akuten Ausmaß ein grundsätzlicheres Problem: „Eine Hundekotbeseitigungsverordnung gibt es in Friedberg nicht“, sagt sie. Damit hätte die Stadt eine rechtliche Handhabe. Dazu komme die Ignoranz mancher Hundebesitzer. „Sie lassen es absichtlich liegen – zum Teil mit Beutel – und müssen keine Sanktionen fürchten.“Eine Ausrede, die ihr oft zu Ohren kommt: „Ich zahle Hundesteuer.“Ihrer Meinung nach versuchen die Halter, auf diese Weise ihr Handeln zu legitimieren und die Verantwortung auf die Stadt zu schieben. Die Problembeseitigung landet schließlich beim Bauhof. „Ich habe von fürchterlichen Geschichten gehört“, betont Renate Mayer vom Aktiv-Ring, die unter anderem die Aktion Saubere Stadt initiiert hat. „Wenn die Mitarbeiter Wege und Seitenwege mit dem Feinschneider säubern, fliegt ihnen der Dreck buchstäblich um die Ohren.“Und auch Büschel von der Stadtverwaltung bekräftigt: Die Entsorgung der Haufen mache den Bauhofarbeitern bestimmt keinen Spaß. Auch Landwirte kämpfen mit den Folgen der Fäkalien: „Nimmt eine trächtige Kuh den Kot mit dem Frischfutter auf, kommt es häufig zu einer Abtreibung des Fötus“, erklärt Renate Mayer. Auch die Gemeinde Kissing hat vor Kurzem vor der Entsorgung von Hundekottüten auf landwirtschaftlichen Flächen gewarnt. Bei groben Verstößen drohe eine Strafe von bis zu 15000 Euro.
Bei vielen Bürgern im Landkreis kommt die Fähnchen-Aktion gut an. „Eine Sache, die vorsichtig Kritik anstößt“, findet Annette Schreier aus Mering. Auch Hans Krämer, der mit Dackel Kasimir des Öfteren nach Friedberg kommt, denkt: „A nette Gschicht.“Hohe Wellen schlug die pfiffige Idee in sozialen Netzwerken im Internet. Einige Personen äußerten sich hier begeistert, andere störten sich an der Optik der Flagge. Die ist nämlich in den Farben der Stadt Friedberg gehalten. Die Verwaltung wollte sich dazu nicht äußern.
Julena Ranzinger und Uschi Schnelzer sorgen sich aber auch um ihre Hunde. Sie befürchten, dass aus Ärger über das Kotproblem Giftköder ausgelegt werden könnten. „Letztendlich wird mit den Fähnchen gegen Windmühlen gekämpft“, sagt Julena Ranzinger. Zumindest aber habe man Flagge gezeigt.