Warum die Bäume weg sind
Am Kissinger Weitmannsee haben Arbeiter am Parkplatz und auf einem großen Waldstück im Norden abgeholzt. Die Fichten dort mussten entfernt werden
Kissing Die warmen Temperaturen locken immer mehr Spaziergänger zum Kissinger Weitmannsee. Manchen fällt auf, dass dort in jüngster Zeit im Norden einige Bäume gefällt wurden. Beim Restaurant Seeblick sind auf drei Nischen zwischen den Parkbuchten sämtliche Gehölze „auf Stock“gesetzt, also bis auf wenige Zentimeter zurückgeschnitten worden. Wer vom Parkplatz aus die Lechauenstraße in Richtung Wall entlanggeht, entdeckt zudem auf der linken Seite ein großes Waldstück, in dem zahlreiche Bäume gefällt wurden.
Hintergrund sind mehrere Maßnahmen, zu denen sich der Erholungsgebieteverein Augsburg (EVA) gezwungen sah. Das Parkplatzgrundstück gehört eigentlich der Gemeinde Kissing, für die Pflege ist aber der Verein zuständig. Geschäftsführerin Elisabeth Burkhard erklärt, dass seit 2013 in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde und der Gemeinde die Grünflächen am Parkplatz zurückgestutzt werden. Dabei entschied die Vereinsführung, in einem „rollierenden Verfahren“vorzugehen. Jedes Jahr werden mehrere Flächen abgeholzt – zuletzt drei Ende des Winters. Im Laufe von acht bis zehn Jahren geht es auf diese Weise über den gesamten Parkplatz. Dem Verein ist wichtig, dass es nicht zu Unfällen kommt. „Die Verkehrssicherheit muss gewährleistet sein“, sagt Burkhard. Fällt ein morscher Baum auf ein Auto, ist der Erholungsgebieteverein haftbar. Zudem haben Unbekannte in der Vergangenheit die hohen Sträucher genutzt, um dazwischen Müll zu verstecken. Dabei handelt es sich nicht nur um ein paar leere Ver- packungen. Unter anderem sind bei den Holzarbeiten bereits Autoreifen gefunden worden, sagt Burkhard.
Um das Thema Verkehrssicherheit ging es auch bei dem Waldstück in der Nähe des Sees neben dem Wanderweg. Der Förster Rudolf Brandl sagt, dass solche Eingriffe immer wieder nötig sind. „Der Eigentümer haftet für die Gefahr, die von seinem Grundstück ausgeht“, sagt er. Als Revierleiter beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Augsburg ist er unter anderem für die Gemeinde Kissing zuständig. Er sprach sich dafür aus, einen Großteil der Fichten auf dem Waldstück, das dem Erholungsgebieteverein gehört, abholzen zu lassen. Die Bäume waren von Borkenkäfern befallen. In diesem Fall hilft nur, sie zu entfernen.
Grundsätzlich gibt es bei der Fichte ein Problem. Die Baumart passt eigentlich nicht zum Standort. Sie wurde dort erst im 20. Jahrhundert angepflanzt. Der kalkreiche Boden bekommt ihr aber nicht. Auch hat die Trockenperiode im Jahr 2015 der Baumart extrem zugesetzt. Durch den Wassermangel konnten die Fichten den Angriffen der Borkenkäfer nur geringe Abwehr durch Harzfluss entgegensetzen. Laut dem Förster wirkt das immer noch nach. „Wir schauen auch heuer mit großer Sorge auf den Borkenkäfer“, sagt Brandl.
Auf dem etwa einen viertel Hektar großen Waldstück am Weitmannsee mussten die absterbenden Fichten jedenfalls weg. Auch, weil die Gefahr bestand, dass einer der bis zu 30 Meter hohen Stämme auf den angrenzenden Waldweg fällt. Also rückten im Februar Arbeiter mit einem Holzvollernter – einer großen Maschine – an, mit dem die Bäume gefällt wurden. Das nutzbare Holz hat die Forstgemeinschaft Friedberg verkauft. Noch liegen einige Stämme am Rande des Wegs. Bald sollen sie aber abgeholt werden. Ein paar Laubbäume, gekennzeichnet mit roten Kreisen, blieben auf dem Gelände stehen. Revierleiter Brandl hofft nun auf „Naturverjüngung“. Von den umliegenden Bäumen sollen Samen angeflogen kommen und austreiben. Die Vegetation soll sich möglichst ohne weiteren Eingriff durch Menschen ausbreiten. Brandl sagt: „Dabei entsteht ein neuer Wald, wenn der Wildbestand passt.“Mit anderen Worten: Es dürfen nicht zu viele Rehe da sein, die die jungen Bäumchen fressen.
Brandl hat vor allem die umliegenden Edellaubhölzer im Blick: zum Beispiel den Berg-Ahorn, die Linde und die Weißerle. Aus dem Waldboden sprießen bereits ein paar kleine Pflänzchen.