Was sagen Fans im Kreis zur Löwen Dämmerung?
Der TSV 1860 München steigt aus der 2. Bundesliga ab. Beim Relegationsspiel gegen Regensburg gab es zudem fast einen Spielabbruch. Wie die Anhänger aus der Region die Situation beim Traditionsklub sehen
Aichach Friedberg Was Kritiker seit Jahren vorausgesagt haben, ist nun bittere Realität. Der TSV 1860 München ist nach einer 0:2-Pleite im Relegationsspiel gegen den SSV Jahn Regensburg aus der 2. Bundesliga abgestiegen und steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Klubführung um Präsident Peter Cassalette und den erst vor zwei Monaten installierten Geschäftsführer Ian Ayre ist bereits zurückgetreten. Trainer Vítor Pereira bezeichnete das Projekt 1860 kurz nach der Niederlage als gescheitert. Ob der Giesinger Traditionsverein für die kommende Saison überhaupt eine Profilizenz erhält, gilt als fraglich.
Thomas Nöbel, Spielertrainer beim FC Laimering-Rieden, war in der A-Jugend selbst für die Löwen am Ball und fühlt sich dem Klub auch heute noch verbunden. „Ich habe noch viele Freunde dort, mit denen ich teils auch selber zusammengespielt habe“, sagt der 32-Jährige. „Es tut schon weh mit anzusehen, wie seit einem Jahrzehnt nicht nur Geld, sondern auch die Geduld der Fans verbrannt wird.“Es sei darüber hinaus kein Zufall, dass nicht nur die erste Mannschaft abgestiegen ist, sondern auch zahlreiche Jugendmannschaften. Nöbel erinnert sich an bessere Zeiten: „Als ich noch bei den Löwen kickte, war die Jugendarbeit das Prunkstück von ganz Süddeutschland. Davon ist man heute weit entfernt, es fehlt ein solides Fundament.“
Nun müsse man den Anhängern baldmöglichst erklären, wie es weitergeht. Nöbel sieht eine Zukunft ohne Investor Hassan Ismaik als die beste Lösung für einen Neuanfang. „Es braucht nun Ruhe und ein klar definiertes System“, sagt er. „Traditionelle Werte müssen wieder in den Vordergrund rücken, die Experimente und das Streben nach schnellem Erfolg ein Ende haben.“Damit meint Nöbel unter anderem Trainer Vítor Pereira, dem es nicht gelang, die sportliche Talfahrt zu verhindern und der darüber hinaus in seiner kurzen Amtszeit mit sprachlichen Problemen zu kämpfen hatte.
62 000 Zuschauer sahen in der Münchner Allianz Arena neben einer desolaten Leistung auch Krawallen der Löwen-Fans, die fast zum einem Spielabbruch geführt hätten. Mit im Stadion war Andreas Menhart, Präsident des Fanklubs „Löwenburg Burgadelzhausen“. Er sei tief enttäuscht und wisse nicht, wie er die Situation nun einordnen solle. Vor allem die Ungewissheit bezüglich der sportlichen Zukunft bereite ihm Kopfzerbrechen. „Zumindest der Rücktritt der Führungsetage war das richtige Signal“, findet Menhart.
Mit dem Abstieg hatte der Löwen-Fan auf gar keinen Fall gerechnet, noch zur Winterpause sah er einen Platz im gesicherten Mittelfeld als realistisches Saisonziel. „So kann man sich täuschen“, gesteht Menhart verbittert. Die Spielklasse sei letztlich jedoch nicht ausschlaggebend für die Emotionen gegenüber seinen Löwen, ins Stadion werden er und die anderen Fanklub-Anhänger auch in der 3. Liga regelmäßig gehen. „Jetzt haben wir ja kürzere Auswärtsfahrten“, schmunzelt Menhart.
In den Medien wird nun viel darüber spekuliert, wie es mit dem Verein weitergeht. Charly Bernhard, Vorsitzender des 60er Fanclubs Alt-Kissing, sagt dazu: „Egal was dabei rauskommt, wir werden immer zu den Löwen halten. Unser Leispruch lautet: Einmal Löwe, immer Löwe.“
Wolfgang Marzini ist Trainer der Sportfreunde Friedberg aber in der Region auch als eingefleischter Löwen-Fan bekannt. Das Fiasko gegen Jahn Regensburg verfolgte er im Stadion. „Ich denke, das ist das Resultat von jahrelangem Chaos“, sagt der 28-Jährige im Hinblick auf die Querelen in der Vereinführung bei 1860 München. Natürlich sei er als Anhänger traurig, aber Marzini sagt auch ganz klar: „Wenn man sich so als Mannschaft präsentiert, dann hat man es nicht anders verdient.“Marzini sprach von einem „blutleeren Auftritt“. Für ihn sei es aber auch noch aus einem anderen Grund schlimm gewesen, das Spiel anzusehen. „Was die sogenannten Fans da angerichtet haben, davon kann man sich nur distanzieren.“
Mit dem BC Rinnenthal ist Thomas Lindemeyer fest verbunden. Im Verein hat er bereits viele Ämter ausgeführt, zuletzt war er lange Abteilungsleiter. Aber das Herz des 49-Jährigen schlägt auch für den TSV 1860 München – seitdem er sechs Jahre alt ist. Beim Relegations-Rückspiel war Lindemeyer aber nicht im Stadion, er musste zu lange arbeiten. „Ich wäre aber sowieso nicht hingegangen, weil ich mit Einigem in der letzten Zeit nicht einverstanden war“, sagt er. Trainer Pereira habe das Team schlecht aufgestellt. Zudem bezweifelt Lindemeyer, dass die Kommunikation funktioniert hat. „Der Trainer kann kein Deutsch und kaum Englisch, wie soll er die Spieler dann erreichen?“Im Gegensatz zu den anderen Teams habe die Mannschaft auch nicht den Abstiegskampf angenommen. „Die anderen haben gekämpft. Die 60er haben es mit Schönspielerei versucht.“Im Grunde sei der Abstieg verdient. „Auch wenn es sehr bitter ist.“Was er dem Verein für die Zukunft wünscht: „Endlich mal Leute mit Fachkompetenz – vom Vorsitzenden bis zum Trainer.“