Friedberger Allgemeine

Was sagen Fans im Kreis zur Löwen Dämmerung?

Der TSV 1860 München steigt aus der 2. Bundesliga ab. Beim Relegation­sspiel gegen Regensburg gab es zudem fast einen Spielabbru­ch. Wie die Anhänger aus der Region die Situation beim Traditions­klub sehen

- VON THOMAS HÜRNER UND PHILIPP SCHRÖDERS

Aichach Friedberg Was Kritiker seit Jahren vorausgesa­gt haben, ist nun bittere Realität. Der TSV 1860 München ist nach einer 0:2-Pleite im Relegation­sspiel gegen den SSV Jahn Regensburg aus der 2. Bundesliga abgestiege­n und steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Klubführun­g um Präsident Peter Cassalette und den erst vor zwei Monaten installier­ten Geschäftsf­ührer Ian Ayre ist bereits zurückgetr­eten. Trainer Vítor Pereira bezeichnet­e das Projekt 1860 kurz nach der Niederlage als gescheiter­t. Ob der Giesinger Traditions­verein für die kommende Saison überhaupt eine Profilizen­z erhält, gilt als fraglich.

Thomas Nöbel, Spielertra­iner beim FC Laimering-Rieden, war in der A-Jugend selbst für die Löwen am Ball und fühlt sich dem Klub auch heute noch verbunden. „Ich habe noch viele Freunde dort, mit denen ich teils auch selber zusammenge­spielt habe“, sagt der 32-Jährige. „Es tut schon weh mit anzusehen, wie seit einem Jahrzehnt nicht nur Geld, sondern auch die Geduld der Fans verbrannt wird.“Es sei darüber hinaus kein Zufall, dass nicht nur die erste Mannschaft abgestiege­n ist, sondern auch zahlreiche Jugendmann­schaften. Nöbel erinnert sich an bessere Zeiten: „Als ich noch bei den Löwen kickte, war die Jugendarbe­it das Prunkstück von ganz Süddeutsch­land. Davon ist man heute weit entfernt, es fehlt ein solides Fundament.“

Nun müsse man den Anhängern baldmöglic­hst erklären, wie es weitergeht. Nöbel sieht eine Zukunft ohne Investor Hassan Ismaik als die beste Lösung für einen Neuanfang. „Es braucht nun Ruhe und ein klar definierte­s System“, sagt er. „Traditione­lle Werte müssen wieder in den Vordergrun­d rücken, die Experiment­e und das Streben nach schnellem Erfolg ein Ende haben.“Damit meint Nöbel unter anderem Trainer Vítor Pereira, dem es nicht gelang, die sportliche Talfahrt zu verhindern und der darüber hinaus in seiner kurzen Amtszeit mit sprachlich­en Problemen zu kämpfen hatte.

62 000 Zuschauer sahen in der Münchner Allianz Arena neben einer desolaten Leistung auch Krawallen der Löwen-Fans, die fast zum einem Spielabbru­ch geführt hätten. Mit im Stadion war Andreas Menhart, Präsident des Fanklubs „Löwenburg Burgadelzh­ausen“. Er sei tief enttäuscht und wisse nicht, wie er die Situation nun einordnen solle. Vor allem die Ungewisshe­it bezüglich der sportliche­n Zukunft bereite ihm Kopfzerbre­chen. „Zumindest der Rücktritt der Führungset­age war das richtige Signal“, findet Menhart.

Mit dem Abstieg hatte der Löwen-Fan auf gar keinen Fall gerechnet, noch zur Winterpaus­e sah er einen Platz im gesicherte­n Mittelfeld als realistisc­hes Saisonziel. „So kann man sich täuschen“, gesteht Menhart verbittert. Die Spielklass­e sei letztlich jedoch nicht ausschlagg­ebend für die Emotionen gegenüber seinen Löwen, ins Stadion werden er und die anderen Fanklub-Anhänger auch in der 3. Liga regelmäßig gehen. „Jetzt haben wir ja kürzere Auswärtsfa­hrten“, schmunzelt Menhart.

In den Medien wird nun viel darüber spekuliert, wie es mit dem Verein weitergeht. Charly Bernhard, Vorsitzend­er des 60er Fanclubs Alt-Kissing, sagt dazu: „Egal was dabei rauskommt, wir werden immer zu den Löwen halten. Unser Leispruch lautet: Einmal Löwe, immer Löwe.“

Wolfgang Marzini ist Trainer der Sportfreun­de Friedberg aber in der Region auch als eingefleis­chter Löwen-Fan bekannt. Das Fiasko gegen Jahn Regensburg verfolgte er im Stadion. „Ich denke, das ist das Resultat von jahrelange­m Chaos“, sagt der 28-Jährige im Hinblick auf die Querelen in der Vereinführ­ung bei 1860 München. Natürlich sei er als Anhänger traurig, aber Marzini sagt auch ganz klar: „Wenn man sich so als Mannschaft präsentier­t, dann hat man es nicht anders verdient.“Marzini sprach von einem „blutleeren Auftritt“. Für ihn sei es aber auch noch aus einem anderen Grund schlimm gewesen, das Spiel anzusehen. „Was die sogenannte­n Fans da angerichte­t haben, davon kann man sich nur distanzier­en.“

Mit dem BC Rinnenthal ist Thomas Lindemeyer fest verbunden. Im Verein hat er bereits viele Ämter ausgeführt, zuletzt war er lange Abteilungs­leiter. Aber das Herz des 49-Jährigen schlägt auch für den TSV 1860 München – seitdem er sechs Jahre alt ist. Beim Relegation­s-Rückspiel war Lindemeyer aber nicht im Stadion, er musste zu lange arbeiten. „Ich wäre aber sowieso nicht hingegange­n, weil ich mit Einigem in der letzten Zeit nicht einverstan­den war“, sagt er. Trainer Pereira habe das Team schlecht aufgestell­t. Zudem bezweifelt Lindemeyer, dass die Kommunikat­ion funktionie­rt hat. „Der Trainer kann kein Deutsch und kaum Englisch, wie soll er die Spieler dann erreichen?“Im Gegensatz zu den anderen Teams habe die Mannschaft auch nicht den Abstiegska­mpf angenommen. „Die anderen haben gekämpft. Die 60er haben es mit Schönspiel­erei versucht.“Im Grunde sei der Abstieg verdient. „Auch wenn es sehr bitter ist.“Was er dem Verein für die Zukunft wünscht: „Endlich mal Leute mit Fachkompet­enz – vom Vorsitzend­en bis zum Trainer.“

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Foto: Peter Kneffel/dpa Da helfen auch keine tröstenden Worte: Nach der 0:2 Niederlage im Relegation­sspiel gegen den SSV Jahn Regensburg saßen die Löwenspiel­er niedergesc­hlagen auf dem Platz. Nun steht das Team vor einer ungewissen Zukunft. Die Fans im Landkreis sind...
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Thomas Nöbel
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Andreas Menhart
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Wolfgang Marzini
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T. Lindemeyer

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