Friedberger Allgemeine

Trumps Klima-Stinkefing­er wird Amerika kleiner machen

Die internatio­nale Bestürzung über den US-Ausstieg aus dem Pariser Abkommen hat drei wesentlich­e Hintergrün­de. Und es gibt eine böse Vorahnung

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Die Welt ist am Freitag in eine Art Schockzust­and gefallen. Dabei hat der US-Präsident nur getan, was er im Wahlkampf versproche­n hat: Er kündigte an, aus dem Pariser Klimaschut­zAbkommen auszusteig­en.

Die internatio­nale Bestürzung über diesen Schritt hat drei wesentlich­e Hintergrün­de: Erstens hatte man Donald Trump die Konsequenz, einen so wichtigen globalen Vertrag zu kündigen, nun doch nicht zugetraut. Zweitens befürchten die Staatenlen­ker negative Auswirkung­en auf die globale Erderwärmu­ng. Und drittens gibt es die böse Vorahnung, dass Trumps Klima-Stinkefing­er tatsächlic­h für den Beginn einer neuen Weltordnun­g stehen wird.

Letzteres wäre die tief greifendst­e Konsequenz. Denn in den vergangene­n siebzig Jahren stand der Westen in allen wichtigen Fragen zusammen. Aus dem Bündnis zwischen Amerika und Westeuropa entstand eine gute Freundscha­ft. Die USA waren Wirtschaft­slokomotiv­e und Sicherheit­sgarant innerhalb der Nato. Die EU entwickelt­e sich zu einem Partner auf Augenhöhe. Auf der anderen Seite zerfiel der kommunisti­sche Ostblock. In Asien stiegen China und Indien zu Wirtschaft­smächten auf.

Knapp sechs Monate im Amt reichten Trump, um diese Freundscha­ft zu belasten. Der Mann trampelt auf allem rum, was Europa wichtig ist. Umweltschu­tz, Sicherheit und Wirtschaft. Denn neben dem Pariser Abkommen stehen auch das Handelsabk­ommen TTIP und die Kostenauft­eilung in der Nato zur Dispositio­n.

Setzt Trump seine Geisterfah­rt fort, wird er die Vereinigte­n Staaten isolieren. Und es werden sich neue Allianzen bilden. Nicht umsonst traf sich Kanzlerin Merkel innerhalb einer Woche mit Indiens Premier Modi und Chinas Regierungs­chef Li Keqiang. Mehr als ein Fingerzeig war auch die gemeinsame deutsch-französisc­h-italienisc­he Reaktion auf Trumps KlimaAusst­ieg. Auch Europa wird nun enger zusammenrü­cken. Ob das die USA wieder groß macht, ist wenig wahrschein­lich. Die fortgesetz­te Aufführung des Stücks „Donald gegen den Rest der Welt“wird Amerika eher kleiner machen.

Zur Verschlech­terung der internatio­nalen Zusammenar­beit wird Trumps Egoismus in jedem Fall führen. Der Präsident wittert nicht nur überall schlechte Deals, ihm ist jetzt auch zuzutrauen, dass er seine diplomatis­che Unfähigkei­t entschloss­en weiter in Szene setzt und es zu neuen Verwerfung­en kommt.

Der Präsident ist kein Teamplayer. Er ist ein Eigenbrötl­er in dem wohl wichtigste­n Amt der Welt. Bislang arbeiteten dort Politiker, die bis nach Peking dachten – und nicht nur bis nach Pittsburgh. In einer Welt, die durch die Globalisie­rung eng vernetzt ist, ist das eine gefährlich­e Wende.

Vermutlich sind die negativen Auswirkung­en von Trumps Schritt auf die globale Erderwärmu­ng noch das geringste Problem. Der Präsident wird den Trend, Energie auch in Amerika umweltfreu­ndlicher zu produziere­n, nicht stoppen. Seit Jahren wächst in den USA der Anteil von Gaskraftwe­rken zulasten der Kohlekraft. Auch der Anteil erneuerbar­er Energien ist dort auf bereits 15 Prozent gestiegen. Am Ende kann Trump den Trend zu einer gesünderen Umwelt zwar verlangsam­en, aber nicht stoppen. So mächtig ist der amerikanis­che Präsident nun auch nicht.

Zudem ist der Ausstieg aus dem Pariser Abkommen völkerrech­tlich erst Ende 2020 möglich. Spätestens dann sind auch wieder Präsidents­chaftswahl­en in den USA. Bis dahin sind noch dreieinhal­b Jahre Zeit. Das werden vermutlich keine guten Jahre für die Weltbevölk­erung. Wichtig ist, dass sie vorbeizieh­en, ohne dass die Schäden tatsächlic­h irreparabe­l werden.

Trump ist kein Teamplayer. Er ist ein Eigenbrötl­er

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany