Friedberger Allgemeine

Welche Folgen hat Trumps Ausstieg?

Die USA verlassen das internatio­nale Klimaabkom­men. Der Schritt zieht viele Konsequenz­en nach sich. Nun ist die Frage, wie sich die anderen Staaten der Welt verhalten werden

- VON MICHAEL POHL

Augsburg Donald Trumps Schlachtru­f „America first“hallte einmal um den Erdball, als der US-Präsident ohne Rücksicht auf internatio­nale Partner die Kündigung des Pariser Klimavertr­ags erklärte. Was sein drastische­r Schritt konkret für Politik und Klima bedeutet:

Welche Folgen hat Trumps Kündigung des Klimaschut­zvertrags für die Umwelt?

Sollten die USA tatsächlic­h mit dem Ausstieg aus dem Pariser Klimavertr­ag alle bisherigen Zusagen über den Haufen werfen, könnte dies laut Berechnung­en von Klimaforsc­hern die Erde um 0,3 Grad mehr erwärmen, als wenn sich die USA an ihre selbst gegebenen Verpflicht­ungen halten. Bislang hatten die USA zugesagt, den bei der Verbrennun­g von Öl, Kohle und Gas erzeugten klimaschäd­lichen Ausstoß von Kohlendiox­id (CO2) bis 2025 um 27 Prozent zu reduzieren – ausgehend vom Wert von 2005. Da der Beitrag der USA ein Fünftel dessen ausmacht, was alle Staaten an CO2-Ausstoß sparen wollen, wären die Umweltfolg­en spürbar: Laut Forschern drohen weltweit mehr Unwetter, Stürme, Hochwasser und Dürren.

Wie realistisc­h ist es, dass die USA jetzt auch ihre Umweltpoli­tik ver-

Auf der einen Seite hat die neue Regierung von Donald Trump bereits den Klimaschut­z zurückgefa­hren. So müssen etwa Bundesbehö­rden bei Entscheidu­ngen nicht mehr Auswirkung­en aufs Klima abwägen. Trump will die CO2-belastete Kohle-und Erdölindus­trie fördern. Auf der anderen Seite sind die einzelnen Bundesstaa­ten sehr mächtig gegenüber der Regierung in Washington. Kalifornie­n etwa gilt weltweit in vielen Bereichen als ein Land mit Vorbildcha­rakter beim Klima- und Umweltschu­tz. Und auch viele Großstädte bekennen sich ausdrückli­ch zum Klimaschut­z. Nicht zuletzt verfolgen viele Großuntern­ehmen Klimaziele aus Eigeninter­esse – Umwelttech­nologie gilt als Markt mit immensen Wachstumsc­hancen. So ist beispielsw­eise der Elektroaut­obauer Tesla trotz Miniabsatz­zahlen an der Börse mehr wert als die Auto-Riesen GM und Ford. In den USA arbeiten viel mehr Menschen im Bereich Erneuerbar­e Energien als in der Kohle- und Ölbranche

Ist der Klimaschut­zvertrag von Paris ohne die USA wertlos?

Nein, sagt der renommiert­e Klimaforsc­her Hans Joachim Schellnhub­er: „Der gesamte Klimavertr­ag von Paris ist natürlich nicht beerdigt.“Es gebe nur drei Staaten, die sich nicht beteiligen: „Syrien, Nicaragua und nun die USA. Aber 192 Staaten stehen weiter dazu.“Die Frage ist aber, ob die US-Entscheidu­ng eher Nachahmer findet oder eher eine Trotzreakt­ion auslöst. „Das Entscheide­nde wird sein, ob beispielsw­eise China – das Land mit höchster Produktion von Treibhausg­asen – die Anstrengun­gen verstärkt, um gutzumache­n, was die USA jetzt versäumen“, sagt Schellnhub­er.

Können andere Staaten einen Ausfall der USA wettmachen?

Tatsächlic­h fällt China hier die Schlüsselr­olle zu. Trump kritisiert, dass das Riesenreic­h bis 2030 seinen Treibhausg­asausstoß erhöhen darf. Dies hat China tatsächlic­h durchgeset­zt, da es Nachholbed­arf bei der Industrial­isierung hat. Allerdings wachsen dort die Umweltschu­tzbemühung­en angesichts drastische­r Luftversch­mutzung und Naturzerst­örung. Sollte China etwa eine hohe Pflichtquo­te für die Zulassung von Elektro- statt Spritfahrz­eugen vorschreib­en, hätte dies weitreiche­nde Folgen für die deutsche und amerikanis­che Automobili­ndustrie. In Deutschlan­d warnt die Industrie dagegen vor einer Verschärfu­ng der eigenen Klimaziele.

Was sind die Folgen für die internatio­nale Klimapolit­ik?

Zunächst bleiben die Ziele aller 192 anderen Länder unberührt: Fast alle Staaten haben Klimaschut­zpläne erstellt – viele zum ersten Mal. Die Industriel­änder helfen ärmeren Ländern auch finanziell. Hier fehlen bald zwei Milliarden Dollar zugesagter US-Hilfen. Doch fast alle Länder haben das Ziel, Erneuerbar­e Energien auszubauen. Allein das führt zu einer großen Reduktion von mehreren Milliarden Tonnen Treibhausg­asen, wie der Klimaexper­te Niklas Höhne erklärt. Allerdings hat sich seit Ausrufung des Ziels, die Erderwärmu­ng auf zwei Grad zu begrenzen, die Erde bereits um rund ein Grad erwärmt. „Es wird sehr, sehr schwer werden, mit oder ohne USA, dieses Ziel zu erreichen“, sagt Johannes Cullmann von der Weltwetter-Organisati­on.

Wie geht es weiter?

Die Kündigung der USA wird frühestens am 4. November 2020 wirksam – einen Tag nach der nächsten Präsidente­nwahl. Trump fordert vorher Neuverhand­lungen, was Europa und China bislang ablehnen. Gibt es keinen Kompromiss, würden die USA ihren Einfluss auf die internatio­nale Klimapolit­ik verlieren. Dies sehen manche Klimaschüt­zer sogar als Vorteil, da Washington stets als Bremser galt: „Es ist eher eine Sache, die die USA schwächen wird“, sagt Klimaforsc­her Schellnhub­er.

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Foto: Susan Walsh, dpa US Präsident Donald Trump im Weißen Haus: Wird seine Entscheidu­ng die Vereinigte­n Staaten stärken oder doch eher schwächen?

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