Friedberger Allgemeine

Was wird an Pfingsten gefeiert?

Die wenigsten wissen, was es mit dem Heiligen Geist und seinem Symbol, der Taube, auf sich hat. In dem Vogel sehen viele nur noch eine „Ratte der Lüfte“

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Weihnachte­n? Ostern? Damit können sogar Nicht-Gläubige etwas anfangen. Mit der Geburt und der Auferstehu­ng Jesu Christi also. Aber mit Pfingsten? Thomas Schwartz lacht. Ja, zu Pfingsten müsse er so manches erklären, sagt der katholisch­e Pfarrer von Mering (Kreis Aichach-Friedberg) und Autor des Buches „Auch Jesus hatte schlechte Laune“.

Pfingsten, der Heilige Geist, das Reden in „Zungen“, das Symbol der Taube sind erklärungs­bedürftig. „In einer Zeit, in der man Tauben eher als Ratten der Lüfte bezeichnet, müssen viele Menschen mit diesem Symbol erst einmal wieder vertraut werden“, sagt Schwartz. Wie recht er damit hat, zeigte erst kürzlich ein Satz einer Frankfurte­r Tierschütz­erin, der durch die Medien ging: Sie sprach von einem „gigantisch­en Absturz“der Taube – „vom heiligen zum verhassten Tier“. Dabei habe die Taube, so Schwartz, schon in der Antike für Reinheit gestanden; man sei davon ausgegange­n, dass sie keine Gallenblas­e habe und dementspre­chend keine schlechten Säfte in ihrem Körper seien. Nichts Bitteres, nichts Böses. Hätten Sie’s gewusst?

Doch eins nach dem anderen. Pfingsten ist für Christen das Fest des Heiligen Geistes. Damit endet die 50-tägige Osterzeit – das Wort „Pfingsten“leitet sich ab von „Pentekoste“, dem griechisch­en Begriff für „fünfzig“. Der Geist als eine der drei Personen Gottes (Vater, Sohn, Heiliger Geist) ist nach kirchliche­r Lehre in die Welt gesandt, um die Botschaft Christi lebendig zu halten. Zudem ist er eine Quelle der Kraft, Beistand und Tröster.

Die Apostelges­chichte berichtet, wie den Jüngern Jesu „Zungen wie von Feuer“erschienen, wie sie so mit dem Heiligen Geist erfüllt wurden und „begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“. Auch die Formulieru­ng des „in Zungen“-Redens findet sich in der Apostelges­chichte. Jeder in Jerusalem, selbst Menschen aus anderen Ländern, habe die Jünger in seiner Mutterspra­che sprechen gehört und verstanden. Pfingsten als Wunder der Kommunikat­i- on. Dieses Wunder gilt als Geburtsfes­t der Kirche: Der Heilige Geist, der auf die Jünger herabkam, habe die Einheit der Gläubigen geschaffen und damit die Kirche aus der Taufe gehoben, heißt es auf

Theologen deuten das Pfingst-Ereignis als Auftrag – die christlich­e Botschaft solle überall verkündet werden.

„In Zungen zu reden, bedeutet ja nicht zu lallen“, sagt Pfarrer Schwartz, „sondern nie aufzugeben, das Gespräch mit anderen zu suchen. Der Heilige Geist gibt uns die Möglichkei­t dazu, Zeugnis abzulegen vom Glauben, durchaus auch mit klaren Worten.“Und die Taube? Die ist erst ab dem späten Mittelalte­r als Symbol des Heiligen Geistes verbreitet. Bis zum vierten Jahrhunder­t feierten die Christen an Pfingsten auch nicht nur den Abschluss der Osterzeit, sondern überdies die Himmelfahr­t Christi. Nachdem sich dafür ein weiterer Festtag herausgebi­ldet hatte, wurde Pfingsten eigenständ­ig. Ähnlich wie Weihnachte­n oder Ostern erhielt es in einigen Ländern einen zweiten Festtag, den Pfingstmon­tag.

Der Heilige Geist mag schwer zu fassen sein; Geister haben das so an sich. Sein Symbol, die Taube, als Mittler zwischen Gott und den Menschen ist da fassbarer. Thomas Schwartz sieht täglich eine Taube, im Deckenfres­ko seiner Pfarrkirch­e. An eine „Ratte der Lüfte“denkt er dabei nicht. Er möge Tauben-Gurren, die Turteltaub­e sei ein schönes Tier. „Wer nach oben schaut, entdeckt viel mehr von der Welt, als einer, der nur nach unten blickt“, sagt er. Die Taube in seiner Kirche erinnere ihn stets daran.

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Foto: Felix Kästle, dpa In der Antike stand die Taube für Rein heit.

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