Mobilität: Grüne fordern Kehrtwende im Landkreis
Fraktion fordert in Anträgen ein Konzept für den Radverkehr und völlig neues Denken bei den AVV-Tarifen
Aichach Friedberg Die Grünen im Kreistag sind felsenfest überzeugt: Es mus sich was ändern in der Mobilitätspolitik im Wittelsbacher Land – und zwar grundlegend. Sie kämpfen darum nicht nur gegen die Planungen für die Augsburger Osttangente und weitere Straßenverkehrsprojekte. Sie setzen sich deshalb auch für eine spürbare Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und für den Radverkehr im Landkreis ein und werden in beide Richtungen aktiv. „Wir wollen den Stein endlich ins Rollen bringen“, so Kreisrätin Marion Brülls in einem Pressegespräch.
In Sachen Tarifpolitik beim Augsburger Verkehrsverbund (AVV) sind die Grünen schon mit einem Antrag aktiv worden. Wie berichtet, soll der AVV eine Modellrechnung für ein sogenanntes 360-Euro-Ticket anstellen. Das heißt, einmal die Jahresgebühr bezahlen und dann freie Fahrt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln. Was kostet das und wie viele Bürger würden dann umsteigen? Dazu soll der AVV Stellung nehmen. Antworten vom Verkehrsverbund zu diesen Fragen wollen die Grünen auch zum noch weitergehenden Schritt: AVV zum Nulltarif. Der Antrag wird auf der nächsten Sitzung des Kreisentwicklungsausschusses behandelt.
Auch beim Thema Radverkehr machen die Grünen Druck: Sie fordern ein regionales Konzept für das Wittelsbacher Land – noch mal. Die Grünen verweisen auf das vor vier Jahren verabschiedete regionale Klimaschutzkonzept für den Raum Augsburg. Allein der Verkehrssektor soll demnach seinen Ausstoß an Kohlendioxid um 28 Prozent reduzieren. Ein wesentlicher Anteil zu dieser Reduzierung soll die verstärkte Nutzung des Fahrrades bringen. Dazu soll ein Fachbüro ein Radverkehrskonzept erstellen. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf eine Verknüpfung der Radwege zwischen Stadt und Land als auch auf den Ausbau der zusätzlichen Infrastruktur (Elektroräder, Radschnellwegekonzept) gelegt werden. In der jüngsten Kreistagssitzung sorgte dieses Thema bereits für Ärger. Denn bereits vor eineinhalb Jahren beantragten die Grünen, ein Fachbüro zu beauftragen. Der zuständige Kreisentwicklungsausschuss beauftragte die Verwaltung, das zu prüfen. Geschehen sei offenbar bislang nichts, ärgerte sich Kreisrätin Claudia Eser-Schuberth schon in der Sitzung. Während die Stadt und der Kreis Augsburg mit hohem Tempo in Richtung Radregion in die Pedale treten würden, verschlafe Aichach-Friedberg die Entwicklung, waren sich die vier Kreisrätinnen der Grünen im Pressegespräch einig. Der enorme Trend zu E-Bikes bedeute eine große Chance für deutlich mehr Radverkehr außerhalb der Freizeitnutzung.
Abteilungsleiter Karl-Josef Spieker, im Landratsamt für dieses Thema zuständig, verwies in der Kreistagssitzung darauf, dass mit den Bürgermeistern in einer Besprechung über so ein Konzept diskutiert worden sei. Man sei sich einig gewesen, dass alle Verkehrsströme in der gesamten Region betrachtet werden müssten.
Mit dieser Auskunft waren die Grünen aber alles andere als einverstanden. Es gehe jetzt um die Erstellung eines Fahrradplans für den Landkreis und die Region. Das laufe ja in Stadt und Landkreis Augsburg bereits. In Aichach-Friedberg sei dagegen nichts geschehen. Fraktionssprecherin Katrin Müllegger-Steiger verwies auf ein umfangreiches Konzept für den Landkreis Miltenberg (Unterfranken). Dort seien eine Vielzahl von konkreten Vorschlägen und Verbesserungen für die Radler – vom Winterdienst, über eine Untersuchung der Unfallhäufigkeit bis zum Ausbau eines Schnellwegenetzes – gemacht worden.
Hier im Landkreis stehe dagegen das Auto wie eine Ikone immer an erster Stelle, so sieht es Claudia EserSchuberth: Im Friedberger Stadtrat sei die Vergrößerung der Tiefgarageneinfahrt für überbreite Geländewagen eine Selbstverständlichkeit und ein Dach über Radstellplätze ein mittleres Drama.
Ihre Kollegin Marion Brülls pflichtet bei: „Für mich unvergessen bleibt eine Wortmeldung im Kreistag zum Ausbau des ÖPNV: ’Wir brauchen nicht mehr Busse, wir haben alle Autos’.“