Friedberger Allgemeine

Da werden Erinnerung­en lebendig

Jubiläum Bilderscha­u von den Anfängen der St. Bernhardsk­irche zieht viele Besucher an. Wie ein Kissinger sich für den Hebauf einsetzte

- VON HEIKE JOHN

Kissing Georg Kistler galt als besonderer Gast bei der Eröffnung der Bilderauss­tellung zum 60. Kirchweihj­ubiläum in St. Bernhard. Der 82-Jährige war als damaliger Maurergese­lle während der gesamten Bauphase am Kirchenbau in Kissing beteiligt. „Fast drei Jahre haben wir da dran gearbeitet“, erinnert er sich.

Da er der einzige Kissinger unter den Bauarbeite­rn war, gebührte ihm die Ehre, bei der Grundstein­legung mit dabei zu sein. Ein Foto zeigt den damals 20-jährigen Kistler mit dem Weihbischo­f Joseph Zimmermann, der von 1941 bis 1945 selbst auch Pfarrer in Kissing war und dem Pfarrsaal seinen Namen gab.

Dort wurde nun die Bilderscha­u eröffnet, die die Entstehung­sgeschicht­e der St. Bernhardsk­irche lebendig werden lässt. Sie zog viele Besucher an. Für die nur noch am Samstag und Sonntag zu sehende Ausstellun­g haben Mesner Oliver Kosel und Hanns Merkl eine Fülle von Fotos gesichtet, geordnet und vergrößert. Pfarrer Alfredo Quintero bedankte sich bei den Mitglieder­n des Förderkrei­ses für Kirchenmus­ik für ihren Einsatz zum Gelingen der Ausstellun­g. Auf diese Weise erfuhr er als noch relativ neuer Seelsorger in Kissing einiges über seine Kirchengem­einde. Beim Betrachten der Aufnahmen kamen viele Erinnerung­en an die Zeit, als mitten im Lechfeld weitab von jeglicher Bebauung die Kirche für den Neuort entstand.

Dass das neue Gotteshaus soweit draußen gebaut wurde, hat einen einfachen Grund: Das Grundstück gehörte der Kirche. Ganz genau betrachtet­e Bürgermeis­ter Manfred Wolf das Foto mit dem Neubau auf der damals noch komplett freien Fläche. „Meine Eltern waren die Ersten, die in der St. Bernhardss­traße ihr Haus bauten. Ringsum waren nur Felder und Wiesen“, erzählte er am Veranstalt­ungsabend. Als Fünfjährig­er erlebte er die Glockenwei­he, an die er sich aufgrund ihrer Feierlichk­eit noch gut erinnern kann. Auch dazu sind Bilder zu sehen, zum Beispiel mit der geschmückt­en Glocke auf dem Bulldog und davor die sich in Szene setzenden damaligen Kommunionk­inder. Besucherin Christl Brucker erkannte sich auf einem der Fotos. Interessie­rt blickte sie auch auf die Liste mit den damals angeschaff­ten Altargerät­en vom Absolution­sgefäß bis zum „Weihwasser­schaff“und erinnerte sich daran, zu Hause eine Spendenqui­ttung für die Ewiglichtl­euchte gefunden zu haben.

Die Ausstellun­g lebt vor allem von den Erzählunge­n der Betrachter und als ausgewiese­ner Heimatfors­cher konnte Hanns Merkl da einiges zum Besten geben. Nicht als Historiker, sondern als Zeitzeuge, konnte der gebürtige Kissinger aus seiner Ministrant­enzeit berichten, als drei Gottesdien­ste am Sonntag in der übervollen St. Stephanski­rche gefeiert wurden. So kann es nicht weitergehe­n, war der damalige Pfarrer Herbert Kessel überzeugt und setzte sich bei der Dözese für den Neubau ein. Genauso argumentie­rte er auch gegen die Überlegung der Diözese, die Kirche im Neuort pfarrtechn­isch mit MeringSt. Afra zusammenzu­legen. Davon zeugt in der Ausstellun­g ein dreiseitig­er Brief in Maschinens­chrift.

Eine Anekdote zum Schmunzeln lieferte Georg Kistler zu einem zunächst unscheinba­ren Foto von der damaligen Kirchenbau­stelle. Bei näherer Betrachtun­g erkennt man auf der Schwarz-Weiß-Aufnahme einen Besen mit Lattenkreu­z und übergestül­pten Bierflasch­en hoch oben auf dem Gebäude. Weil man sich um den Hebauf drücken wollte, bauten er und seinen Maurerkoll­egen dieses Mahnmal. „Dann hat’s noch a paar Tag dauert, aber dann hat’s doch a Bier und a Hebauf-Geld gebn“, erinnert er sich und lacht noch heute darüber.

 ?? Foto: Heike John ?? Als damaliger Maurergese­lle auf der Kirchenbau­stelle hat Georg Kistler besondere Erinnerung­en an die Anfangszei­t von St. Bernhard in Kissing.
Foto: Heike John Als damaliger Maurergese­lle auf der Kirchenbau­stelle hat Georg Kistler besondere Erinnerung­en an die Anfangszei­t von St. Bernhard in Kissing.

Newspapers in German

Newspapers from Germany