Friedberg ist fast schuldenfrei
Den finanziellen Verpflichtungen der Stadt stehen Rücklagen in vergleichbarer Höhe gegenüber. Warum die aktuell positiven Zahlen dennoch kein Grund zur Euphorie sind
Friedberg So gut wie noch nie steht die Stadt Friedberg finanziell derzeit da. „Es gibt Kommunen, die würden sich in den Armen liegen, wenn sie solche Finanzen hätten“, kommentierte CSU-Fraktionschef Thomas Kleist die Vorstellung der Jahresrechnung 2016 durch die Kämmerei. Unter dem Strich ist Friedberg derzeit sogar fast schuldenfrei. Dennoch ist für die Kommunalpolitiker der Blick in die Zukunft nicht ganz ungetrübt.
Finanzreferent Wolfgang Schuß sprach bei der Präsentation der Zahlen im Stadtrat von einer weiteren Verbesserung der Finanzlage. Maßgeblich dafür sind höhere Einnahmen aus der Einkommensteuer und aus der Gewerbesteuer – unter dem Strich sogar 1,4 Millionen Euro mehr als im Haushalt angenommen. Auch die Einnahmen aus Gebühren, staatlichen Zuweisungen und der Verzinsung von Steuerforderungen legten um mehr als eineinhalb Millionen Euro zu.
Wie berichtet, hatte Friedberg im vergangenen Herbst so viel Geld auf der hohen Kante, dass Strafzinsen drohten. Die Stadt verzichtete darum auf eine vorgesehene Kreditaufnahme von 700 000 Euro und löste einen geplanten Umschuldungskredit von 1,4 Millionen ab. Außerdem leistete man den gesetzlich vorgeschriebenen Verlustausgleich für die Tochter Stadtwerke bis einschließlich 2017 zwei Jahre im Voraus. Das sind zweimal 1,8 Millionen Euro.
Die Schulden der Stadt – ohne die Stadtwerke – sind damit von Ende 2015 auf Ende 2016 von 13,7 auf 11,5 Millionen Euro gesunken. Diesen Verpflichtungen bei Kreditinstituten stand ein Guthaben von über zehn Millionen Euro gegenüber. „Ein bemerkenswertes Ergebnis. Das habe ich noch nie erlebt“, kommentierte diese Zahlen der SPDHaushaltsfachmann Peter Feile, der dem Friedberger Stadtrat bereits seit sage und schreibe 45 Jahren angehört.
Dass die Rücklagen auf solche Rekordhöhen gestiegen sind, hat allerdings auch noch einen anderen Grund als die gute Einnahmesituation. Die Stadt hat sich so viele Projekte vorgenommen, dass sie gar nicht alle verwirklichen kann und das Geld auf dem Konto liegen bleibt. Zwar lagen die Investitionen bei 19 Millionen Euro und damit laut Finanzreferent Wolfgang Schuß auf Rekordhöhe. CSU-Fraktionschef Thomas Kleist erinnerte aber daran, dass eigentlich Investitionen von knapp 30 Millionen im Haushalt vorgesehen waren.
Diese geringe Umsetzungsquote hatte bekanntlich bereits in der VerMieten, gangenheit immer wieder zu Kritik geführt. Würde die Stadt alle für das Haushaltsjahr 2017 vorgesehenen Maßnahmen in die Tat umsetzen, dann würde sich die Rücklage im Laufe der kommenden Monate nahezu halbieren und Ende Dezember nur noch bei 5,5 Millionen Euro liegen.
Zudem finanziert die Stadt einen Großteil ihrer Investitionen aus Grundstücksverkäufen für Wohnund Gewerbebauland. Trotz der gestiegenen Steuereinnahmen wird nur ein Überschuss von gerade fünf Millionen erwirtschaftet. Doch die Erlöse aus den Grundstücksgeschäften werden in absehbarer Zeit zurückgehen, denn neue Gewerbegebiete, die die Stadt vermarkten könnte, sind nicht in Sicht. „Das wird nicht dauerhaft so sein“, warnte Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) darum vor zu großer Euphorie angesichts der aktuellen Zahlen.
Eine Einschätzung, der sich auch Wolfgang Rockelmann (Parteifreie Bürger) anschloss. Zwar sei die Stadt mit ihrer Wirtschaftspolitik auf dem richtigen Weg gewesen. Grundstücksgeschäfte und die konjunkturelle Lage seien aber wesentliche Faktoren für die weitere Entwicklung Friedbergs. Er erinnerte daran, dass allein in der letzten Sitzung des Bauausschusses Projekte mit einem Volumen von über 30 Millionen Euro besprochen worden seien. Auch das Landratsamt findet als Aufsichtsbehörde mahnende Worte: Friedbergs Leistungsfähigkeit sei nicht gefährdet, dennoch sei eine vorsichtige Haushaltspolitik nötig, hieß es bei der Genehmigung des Haushalts 2017. Dessen Ansätze bei den Steuereinnahmen würden wohl nicht erreicht, deutete Finanzreferent Schuß an, der demnächst im Stadtrat seinen Halbjahresbericht geben will. »Kommentar