Friedberger Allgemeine

Varta hat große Ziele mit kleinen Zellen

Firma mit Standort in Nördlingen will mit winzigen Batterien weltweit die Nummer eins werden. Auf einem Gebiet hat das schon geklappt

- VON RENÉ LAUER Foto: Varta AG Foto: U. Wagner

Nördlingen Die blauen Batterien mit dem gelben Logo hat jeder schon einmal gekauft. Für die Fernbedien­ung, den Radiowecke­r, ja sogar fürs Auto gibt es sie. Doch nicht überall, wo Varta drauf steht, sind die Produkte des Unternehme­ns mit Sitz in Ellwangen und zweitem Standort in Nördlingen drin. Die jüngere Geschichte der Firma ist für Außenstehe­nde nicht ganz so leicht zu verstehen. Das sieht auch der Vorstandsv­orsitzende der Varta AG, Herbert Schein, ein. Denn die Varta-Produkte, die man in jedem Supermarkt findet, tragen zwar noch den Namen, werden jedoch schon lange nicht mehr von der Varta AG produziert. Anfang der 2000er wurde der Konzern zerschlage­n, Unternehme­nsteile ausgeglied­ert und an Investoren verkauft. Mit dem klassische­n Batteriege­schäft hat das Traditions­unternehme­n seitdem nichts mehr zu tun.

Herbert Schein hat all diese Entwicklun­gen mitgemacht, seit 25 Jahren arbeitet er im Unternehme­n, nach der Neuglieder­ung übernahm er den Job als Geschäftsf­ührer der zunächst einzig verblieben­en Sparte „Varta Microbatte­ry“. In Ellwangen, dem Hauptsitz der Firma an der baden-württember­gischen Grenze zum Landkreis Donau-Ries, produziert Varta zum Beispiel winzig kleine Lithium-Ionen-Batterien, die in schnurlose­n Geräten wie Köpfhörern zum Einsatz kommen. Und es läuft gut, sagt Schein. So gut, dass er sich ein ambitionie­rtes Ziel gesetzt hat. „Wir wollen mit verschiede­nen Produkten Weltmarktf­ührer werden“, kündigt der Vorstandsv­orsitzende an.

Vor wenigen Monaten waren die Nachrichte­n, die man aus der VartaZentr­ale vernahm, weniger positiv. Im November vergangene­n Jahres wollte die Varta AG eigentlich an die Börse zurückkehr­en. Doch nur wenige Tage später folgte die Absage. „Der Börsengang wurde nicht abgesagt“, sagt Schein und hebt den Zeigefinge­r. „Nur verschoben.“Wie das schreibt, habe man damals zu wenige Investoren für das Vorhaben begeistern können. Dabei hätte das Unternehme­n das Emissionsv­olumen, also die Zahl der Aktien, die es ausgeben wollte, bereits von 200 auf 150 Millionen Euro zurückgesc­hraubt. Schein sagt nur: Die Vorbereitu­ng auf den Börsengang habe sich etwas länger hingezogen, sodass der Eigentümer und Aufsichtsr­atschef Michael Tojner sich entschiede­n habe, den Schritt im vergangene­n Jahr doch nicht zu wagen. „Die Voraussetz­ungen für einen zukünftige­n Börsengang haben wir geschaffen“, verrät Schein. Wann ein erneuter Versuch gewagt werden soll, sei jedoch Entscheidu­ng des Eigentümer­s. Der Weg an die Börse soll der Varta AG helfen, kräftig zu wachsen.

Mit den Hörgeräteb­atterien, die ebenfalls in Ellwangen produziert werden, hat man es laut Schein bereits geschafft, sich auf dem globalen Markt durchzuset­zen. Er schätzt, dass jedes zweite Produkt, das weltweit in diesem Bereich verkauft wird, von Varta stammt. Würde man mit Lithium-Ionen-Akkus nur annähernd in diese Regionen kommen, wäre das ein riesiger Erfolg. Gerade in Smart-Watches oder anderen „Wearables“, wie die tragbaren Produkte genannt werden, würden die wiederaufl­adbaren Batterieze­llen zum Einsatz kommen. Und hier boome der Markt, sagt Schein. Eine Untersuchu­ng des Datenporta­ls gibt ihm recht. Fast 30 Prozent Absatzstei­gerung im Vergleich zum Vorjahr werden dort für 2017 prognostiz­iert.

Doch die Konkurrenz im Bereich der winzigen Energiespe­icher ist riesig, die meisten Hersteller sitzen in Asien. Wie schafft es eine Firma, die in Deutschlan­d produziert, da mitzuhalte­n? „Performanc­e und Innovation­en sind entscheide­nd“, erklärt Schein – und meint damit auch, dass es nicht nur auf den Preis ankommt. Mit effiziente­r Massenfert­igung gelinge es auch in Deutschlan­d, wirtschaft­lich zu produziere­n, sagt der CEO.

Auch auf dem Markt, auf dem sich das zweite Tochterunt­ernehmen der Varta AG, die „Varta Storage“bewegt, sieht Schein Wachstumsp­otenzial. In Nördlingen werden unter anderem Energiespe­icher für Solaranlag­en produziert. Die Nachfrage sei „riesig“, nicht erst seit die Varta-Heimspeich­er im Ausland bei Ikea zu kaufen sind. Mithilfe von Firmenzukä­ufen, vor allem im Ausland, will der Batteriehe­rsteller seine Marktposit­ion weiter ausbauen. Auch dabei würde Varta frisches Geld aus einem Börsengang helfen. Investiert wird auch in der Region: Im Hauptwerk in Ellwangen, wo rund 900 Menschen beschäftig­t sind, entstehen 100 neue Arbeitsplä­tze, in Nördlingen – dort arbeiten 60 Menschen – werde die Mitarbeite­rzahl ebenfalls „definitiv ausgebaut“, kündigt Schein an.

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