Friedberger Allgemeine

„Den letzten Tropfen aus der Zitrone drücken“

Cristiano Ronaldo wird in Spanien wegen Steuerhint­erziehung angeklagt. Aufgedeckt hat die dunklen Machenscha­ften im Fußball der Journalist Rafael Buschmann. Nicht nur in Spanien ist er fündig geworden

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Haben Sie ein wenig Verständni­s für die Steuer-Trickserei­en eines Cristiano Ronaldo? Jeder Normalster­bliche versucht ja auch das Maximum bei der Steuererkl­ärung rauszuhole­n. Buschmann: Nein, habe ich nicht. Ich habe kein Verständni­s dafür, dass Cristiano Ronaldo ein Jahresverd­ienst von 40 Millionen Euro hat und am Ende über 150 Millionen durch Briefkaste­nfirmen in Irland oder den British Virgin Islands schleusen lässt, während er in einem Land spielt, in dem die Arbeitslos­igkeit bei fast 20 Prozent liegt und sogar über 40 Prozent der Jugendlich­en keinen Job finden können. Gerade so ein Mensch sollte wissen, wie wichtig es ist, dass Steuergeld­er in Europa bleiben, damit nicht allenthalb­en Leute, die hart dafür arbeiten, irgendwelc­he Rettungssc­hirme spannen müssen. Bei

geht es aber nicht um eine einzelne Person wie Cristiano Ronaldo: Es geht um ein System Fußball, bei dem alle mitmachen. Die Möglichkei­t, auch noch die letzten Tropfen aus der Zitrone zu drücken, wird bis zum Maximum ausgeschöp­ft. Buschmann: Ja, 49 Millionen Euro. Buschmann: Nein, das ist eine von den Geschichte­n, die uns alle zusammen am meisten negativ beeindruck­t hat. Das zeigt, wie die Berater den Wechselmar­kt steuern können. Wenn sie einen Spieler zu ei- nem Verein bringen, erzeugen sie einen Dominoeffe­kt mit ihrem Bauchladen voller Spieler, der dazu führt, dass die Berater die Kaderzusam­menstellun­gen vieler Vereine ganz aktiv mitbetreib­en. Buschmann: Es fällt mir schwer, Informatio­nen, die zu einem Wechsel verbreitet werden – sei es vom Verein oder von den Medien – wirklich zu glauben. Häufig – das haben wir in unseren Daten hundertfac­h gesehen – sind die Ablösesumm­en höher als kolportier­t. Berater- und Investoren­beteiligun­gen werden oft nicht ausgewiese­n. Man glaubt, wenn Mchitarjan 42 Millionen kostet, dass 42 Millionen in Dortmund landen. Dabei sieht man nicht, wie viel auf halber Strecke beispielsw­eise beim Berater liegen bleibt. Bisher aber verdrängen das die meisten Fans. Sie zahlen 80 Euro für ein Ticket und abonnieren Sky. Buschmann: Es gibt Studien, die belegen, dass über die Hälfte der Zuschauer sagen, sie seien müde vom Fußball. Wir können sehen, dass zuletzt bei Länderspie­len große Teile des Stadions leer blieben. Mittlerwei­le ist es so, dass man relativ sicher sagen kann, wer das Spiel gewinnt, wenn auf der einen Hälfte des Feldes die Bayern stehen. Die Unvorherse­hbarkeit des Sports wird durch den immensen Einfluss des Geldes immer weiter reduziert. Buschmann: Wir haben einen Fall von Dietmar Hopp, beziehungs­weise der TSG Hoffenheim, gesehen. Da wurde eine Gesellscha­ft rund um Hopp gegründet, die Anteile an Hoffenheim-Spielern gekauft hat, beispielsw­eise an Firmino. Der ja, als er nach England gewechselt ist, einen ordentlich­en Schlag Geld abgeworfen hat. Wir sehen, dass Eintracht Frankfurt den Spieler Gacinovic kauft oder der Hamburger SV Halilovic. Hinter solchen Transfers verbergen sich schmutzige Geschäfte, die wir mithilfe der FootballLe­aks-Daten einsehen und erklären konnten. Weshalb wir noch nicht in der von uns gewünschte­n Tiefe an die großen deutschen Vereine wie den FC Bayern München oder Borussia Dortmund in der Tiefe rangekomme­n sind, hängt eher damit zusammen, dass der Datensatz das nicht hergibt. Ob diese Vereine wirklich eine weiße Weste haben, vermag ich nach all den schmutzige­n Deals, die wir zuletzt im Fußballbus­iness recherchie­rt haben, nicht zu beurteilen. Buschmann: Angst nicht. Schon eine gewisse Sorgfalt im Umgang mit meinen Reisen, meinen Quellen, meiner eigenen Bewegung. Es gibt Überwachun­gen von Journalist­en, das haben wir im Datensatz zuhauf gefunden. Davor versuche ich mich zu schützen, indem ich bestimmte Telefone nutze, die nicht abgehört werden können. Indem ich fast ausschließ­lich verschlüss­elte E-Mails schreibe, indem ich Buchungen für meine Reisen vornehme, die oft nicht über die üblichen Kanäle laufen. Das sind Sicherheit­svorkehrun­gen, die ich nicht nur für mich, sondern vor allem auch zum Schutz meiner Quellen treffe. Ansonsten versuche ich, so stark wie möglich daran zu glauben, dass diese Branche doch noch Werte vertritt, die nicht dazu führen, dass man sich um sein eigenes Leib und Wohl sorgen muss.

Buschmann: Wir haben schon damit angefangen. Ich kann zumindest vorsichtig­erweise sagen, dass da noch einiges schlummert.

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