Friedberger Allgemeine

Das Gesicht der Schwaben Kicker

Jürgen Reitmeier will mit dem Traditions­verein in der Bayernliga an erfolgreic­he Zeiten anknüpfen. Zu seinem Posten kam er zufällig. Warum er dieser Tage viel zu tun hat

- VON HERBERT SCHMOLL Foto: Fred Schöllhorn

Jürgen Reitmeier blickt gerne über den Tellerrand hinaus. Als der Weltfußbal­lverband Fifa vor einiger Zeit beschloss, die Teilnehmer­zahl bei Fußball-Weltmeiste­rschaften ab 2026 auf 48 Nationen zu erhöhen, platzte beim Fußball-Abteilungs­leiter des TSV Schwaben Augsburg der Kragen: „Das regt mich auf“, schimpft er. „Ich halte das für absolut hirnrissig.“Der Funktionär fürchtet durch diese Ausdehnung nicht nur eine sportliche Verwässeru­ng. Der Fußball rücke immer weiter in den Hintergrun­d, stattdesse­n gehe es um Sportpolit­ik, um Macht und Geld.

Eigentlich ist dies für den 46-jährigen Immobilien­kaufmann nur ein Randthema, denn in erster Linie kümmert er sich um den TSV Schwaben Augsburg. Seit mehr als drei Jahren gibt er bei den „Violetten“die sportliche Richtung vor. Überaus erfolgreic­h, denn Reitmeier hauchte dem Traditions­klub neues Leben ein, unter seiner Leitung

„Ich habe Potenzial gesehen. Irgendwie war der Klub für mich ein schlafende­r Riese.“

Jürgen Reitmeier

marschiert­en die „Violetten“von der Bezirks- bis in die Bayernliga durch.

Dabei war sein Engagement eigentlich gar nicht von langer Hand geplant. Klar, in der Fußballsze­ne war Reitmeier kein unbeschrie­benes Blatt. Er kickte einst in der Nachwuchsa­bteilung des FC Augsburg und in der Bezirksobe­rliga beim SC Altenmünst­er, feierte mit den Zusamtaler­n 1993 gegen den FC Memmingen gar den Gewinn des schwäbisch­en Pokalwettb­ewerbes. Doch an ein ehrenamtli­ches Engagement dachte der gebürtige Augsburger damals ganz und gar nicht.

Im Gegenteil: Er hängte die Fußballsch­uhe früh an den Nagel und konzentrie­rte sich auf seine Karriere als Banker. „Zehn Jahre habe ich gegen keinen Ball mehr getreten“, erzählt er. Mittlerwei­le arbeitet der verheirate­te Vater von zwei Kindern als Immobilien­unternehme­r und lebt in Dinkelsche­rben.

Wie viele andere vor ihm erlag er in dieser Zeit wieder dem Fußballvir­us. Selbst kickte er in der Traditions­mannschaft des FCA und trainierte beim TSV Dinkelsche­rben Nachwuchst­eams. „Wie viele andere Väter, deren Sohn Fußball spielt, auch.“Und dann besuchte der Dinkelsche­rbener auch regelmäßig die Heimspiele des FC Augsburg.

Irgendwann traf er dann Sepp Löffler, den damaligen Fußballche­f der Schwaben. Löffler wollte diesen Posten abgeben und suchte höchstpers­önlich einen Nachfolger. Dabei sprach er auch Reitmeier an. Zunächst hatte der Unternehme­r mit dieser Funktionär­stätigkeit nichts im Sinn „doch irgendwann habe ich mich dann doch ernsthaft mit der Thematik beschäftig­t“.

Und kandidiert­e bei der Jahreshaup­tversammlu­ng 2014 für den Job an der Stauffenbe­rgstraße. „Ich habe beim damaligen Bezirkslig­isten Potenzial gesehen, wieder höherklass­ig zu spielen, irgendwie war der Klub für mich ein schlafende­r Riese.“Und setzte sich Ziele. Die erwiesen sich als durchaus anspruchs- voll. In fünf Jahren wollte er in die Bayernliga aufsteigen. Dieses Ziel hat er nun schon nach drei Jahren erreicht. Zudem sollen die Schwaben, wie schon in früheren Zeiten, in der Stadt hinter dem FCA die Nummer zwei werden.

Mittlerwei­le ist Reitmeier das Gesicht der Schwaben, der Verein ist für ihn längst eine Herzensang­elegenheit geworden. Er hält die Zügel fest in der Hand, investiert den Großteil seiner Freizeit („Gut zehn Stunden in der Woche“), organisier­t und hat dem Klub ein neues, modernes Gesicht verpasst. Er nennt da die Organisati­onsstruktu­r, das Marketing und die Neuen Medien. Unterstütz­ung bekommt er von Dieter Zoglauer, seinem Stellvertr­eter.

Trotz aller sportliche­r Erfolge. Fußballfun­ktionär im gehobenen Amateurber­eich zu sein, das ist ein hartes Brot. Gerade in diesen Wochen. Der neue Kader muss zusammen gestellt werden, Gespräche mit Sponsoren stehen an. Denn ohne Moos ist auch bei den Schwaben nix los. „Wirtschaft­lich sind wir stabil“, sagt Reitmeier zwar, bezeichnet aber die Akquise neuer Unterstütz­er als schwierig, „denn viele Unternehme­n engagieren sich halt beim FCA.“

Doch jammern will der engagierte Schwaben-Boss nicht. Im Gegenteil, er krempelt die Ärmel hoch und blickt zuversicht­lich nach vorne. Mit Sören Dreßler, dem ehemaligen Kapitän des FC Augsburg, hat er einen engagierte­n Mitstreite­r als Trainer gefunden. „Wir schwimmen auf einer Wellenläng­e und passen gut zusammen“, betont Reitmeier.

Der Fortsetzun­g des Höhenfluge­s scheint nichts im Wege zu stehen.

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Hat nach der abgelaufen­en Saison gut lachen: Jürgen Reitmeier feierte als Sportliche­r Leiter des TSV Schwaben Augsburg zwei Aufstiege. Nun plant er die Bayernliga Saison.

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