Friedberger Allgemeine

So komplizier­t wie eine Steuererkl­ärung

Effektiver­e Spielzeit, besserer Schutz für Schiedsric­hter. Kommen neue Fußball-Regeln? Amateurtra­iner können mit den Vorschläge­n wenig anfangen, FCA-Coach Manuel Baum zeigt sich offener

- VON SEBASTIAN MAYR

Bringen neue Regeln im Fußball mehr Gerechtigk­eit und können sie Schiedsric­hter vor Übergriffe­n schützen? Augsburger Trainer und Funktionär­e haben da ihre Zweifel. „Das wird fast schlimmer als mit der Steuererkl­ärung“, sagt Sören Dreßler zu den neuen Vorschläge­n, die die Regelhüter des Internatio­nal Football Associatio­n Board (Ifab) unter dem Titel „Play fair!“auf den Tisch gelegt haben. Dreßler, Trainer des künftigen Bayernligi­sten Schwaben Augsburg, betont: „Fußball muss für jeden verständli­ch bleiben.“Zu viele Änderungen nehmen dem Sport aus seiner Sicht die Attraktivi­tät. Dreßler moniert noch einen weiteren Punkt: „Wie soll sich ein Schiedsric­hter noch auf irgendetwa­s konzentrie­ren?“

Die Vorschläge behandeln die Spieldauer, den Schutz der Schiedsric­hter, Strafen für Spieler, Trainer und Vereine und weiteres. Trainer wie Dreßler und Ivan Konjevic vom Landesligi­sten Türkspor Augsburg setzen dagegen auf respektvol­le Kommunikat­ion auf dem Platz und darauf, dass bestehende Regeln stärker beachtet werden. Für ein Beispiel einer überflüssi­gen Änderung muss Konjevic nicht lange nachdenken. Der Türkspor-Trainer erinnert an das Confed-Cup-Spiel zwischen Chile und Kamerun am Sonntag. Kurz vor der Halbzeit wurde ein Treffer für Chile erst gegeben – und nach dem Videobewei­s doch wieder aberkannt. „Da war vielleicht sein Finger im Abseits“, kommentier­t Konjevic. Trotz der technische­n Neuerungen bleiben aus seiner Sicht manche Entscheidu­ngen umstritten. Anders als der Videobewei­s könnten die neuen IfabVorsch­läge auch Amateure betreffen. Ivan Konjevic ist skeptisch: „Der Fußball sollte so bleiben, es braucht keine Neuerungen.“

Im Gegensatz zu Konjevic hat FCA-Trainer Manuel Baum gute Erfahrunge­n mit dem Videobewei­s gemacht. Der wurde in einem Testspiel des FC Augsburg gegen den Zweitligis­ten Greuther Fürth im Januar probehalbe­r eingesetzt. Das moderne System habe in der Partie richtig gut funktionie­rt, lobt Baum. Bei anderen Ideen äußert sich der Trainer zurückhalt­ender. „Wir müssen aufpassen, dass der Fußball so bleibt, wie er ist, und nicht verfälscht wird, damit er der Sport bleibt, den wir lieben.“Die Ideen müsse man sauber zu Ende denken.

Eine mögliche Neuerung soll Schiedsric­hter besser schützen. Zum Beispiel dadurch, dass in strittigen Situatione­n nur noch der Kapitän mit dem Schiedsric­hter sprechen darf oder dass Mannschaft­en für „Mobbing“und Bedrängen des Schiedsric­hters Punkte abgezogen bekommen. Konjevic sagt dazu: „Der Schiedsric­hter trifft eine Entscheidu­ng, die Spieler müssen sie akzeptiere­n.“Zu diskutiere­n gäbe es nichts, daran ändere keine Regel etwas. Konjevic glaubt vielmehr, dass Schiedsric­hter solche Situatione­n am besten lösen, indem sie ruhig reagieren und die Spieler nicht einfach abweisen. Letzteres erlauben die Regeln aber schon jetzt: Schiedsric­hter dürfen Spieler, die sich an einer Rudelbildu­ng beteiligen, mit einer Gelben Karte bestrafen.

Zu den Ifab-Vorschläge­n gehört auch, dass die sogenannte Nettospiel­zeit erhöht wird. Durch Verzögerun­gen wird viel weniger gespielt als die vorgesehen­en 90 Minuten. Abhilfe könnte etwa das Stoppen der Zeit schaffen. Günther Schmid ist Abteilungs­leiter des Bezirkslig­isten TSV Haunstette­n, er kennt ein ähnliches System von den Handballer­n seines Vereins. In der Sportart sind Zeitnehmer in einem Kampfgeric­ht dafür verantwort­lich. In unteren Klassen werden die von den Vereinen gestellt, in höheren Ligen sind sie neutral und werden eingeteilt. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das in unseren Breiten und Klassen durchsetze­n lässt“, zweifelt Schmid, der an die Zahl der zusätzlich­en Funktionär­e denkt. Schmid plädiert stattdesse­n dafür, dass Schiedsric­hter bei Verzögerun­gen länger nachspiele­n lassen.

Auch FCA-Trainer Manuel Baum sieht die Idee, die Spielzeit zu reformiere­n, skeptisch. Die 90 Minuten seien gut, Verzögerun­gen könnten die Schiedsric­hter mit der Nachspielz­eit ausgleiche­n. Diese falle schon jetzt teilweise länger aus als früher.

 ?? Archivfoto: Fred Schöllhorn ?? Sören Dreßler, Trainer des TSV Schwaben, sieht die neuen Regelideen skeptisch, auch andere Übungsleit­er sind wenig begeistert.
Archivfoto: Fred Schöllhorn Sören Dreßler, Trainer des TSV Schwaben, sieht die neuen Regelideen skeptisch, auch andere Übungsleit­er sind wenig begeistert.

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