Friedberger Allgemeine

Von der Leyens schwierige­r Kampf im Rüstungsds­chungel

Die Ministerin wollte im teuren und pannenreic­hen Beschaffun­gswesen der Truppe aufräumen. War sie erfolglos?

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Berlin Es ist nicht immer einfach, Verteidigu­ngsministe­rin zu sein. Besonders wenn es um große Rüstungspr­ojekte geht. Als Ursula von der Leyen im Februar mit dem modernsten militärisc­hen Transportf­lugzeug der Welt, dem A400M, erstmals auf Reise ging, gab es beim Abflug prächtige Bilder: Ministerin vor Maschine im Morgengrau­en. Stunden später blieb der Flieger in Litauen liegen. Triebwerks­ausfall. Die Premierenp­anne überschatt­ete von der Leyens Besuch bei der Nato-Truppe im Osten. Wieder Mängel bei der Ausrüstung, wieder peinliche Nachrichte­n.

Ursula von der Leyen wollte eigentlich alles anders machen bei der Rüstung. Die Reform gehörte zu den wichtigste­n Vorhaben der Wahlperiod­e. Sie wollte die Beschaffun­g der Bundeswehr umkrempeln, die Projekte transparen­ter und effiziente­r gestalten. Sie holte die frühere Unternehme­nsberateri­n Katrin Suder als Staatssekr­etärin ins Ministeriu­m und externe Berater in das Koblenzer Beschaffun­gsamt.

Transparen­ter ist die Beschaffun­g heute, das räumen selbst Opposition­spolitiker ein. Regelmäßig legt von der Leyen Berichte vor. Und für vertraglic­he Altlasten wie den A400M zeichnet die CDU-Ministerin nur bedingt verantwort­lich. Aber weiterhin läuft die Rüstung aus dem Ruder. Projekte verzögern sich, Kosten explodiere­n, Waffensyst­eme werden technisch schlechter ausgeliefe­rt als geplant.

„An den Ergebnisse­n gemessen, hapert es nach wie vor im großen Stil“, kritisiert der Grünen-Haushaltsp­olitiker Tobias Lindner. Doch eindeutig Schuldige zu finden ist schwer: Große Beschaffun­gsprojekte überdauern von der Skizze bis zur Auslieferu­ng meist die Amtszeiten mehrerer Minister. Panzer, Flugzeuge, Drohnen können nur von wenigen Firmen überhaupt gebaut werden – oft ist die Bundeswehr abhängig von den Monopolist­en. Es geht nicht immer nur um militärisc­he Anforderun­gen, sondern auch um Industriep­olitik und Arbeitsplä­tze. Aber vor allem: Moderne Waffensyst­eme sind keine Produkte von der Stange, sondern immer technische­s Neuland, räumt auch der Grüne Lindner ein.

Von der Leyen wollte die Bundeswehr stärker absichern gegen diese Risiken, härtere Verträge aushandeln, auf Garantien und Gewährleis­tungen pochen. Die Verträge der Vergangenh­eit waren häufig zu sehr auf die Rüstungsin­dustrie zugeschnit­ten. „Es ist kein Kampf mit gleichen Waffen“, sagt der Rüstungsex­perte Christian Mölling von der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik. „Die Beamten stehen großen Konzernen gegenüber – mit Heerschare­n von Juristen.“

Doch je härter das Ministeriu­m nun verhandelt, desto länger lassen die Verträge auf sich warten. So sollte die Ausschreib­ung für die Nachfolge des Sturmgeweh­rs G36 bereits 2016 erfolgen – erst im April 2017 begann das Vergabever­fahren. Ähnlich ist es beim Milliarden Euro teuren Raketenabw­ehrsystem Meads. Vor allem rechtliche Streitigke­iten verzögern immer wieder Mammutproj­ekte. Von der Leyen will etwa Kampfdrohn­en aus Israel für mehr als eine Milliarde Euro anmieten. Doch das US-Konkurrenz­unternehme­n General Atomics blockierte lange den Deal, mit einem Einspruch beim Kartellamt, mit einer erfolglose­n Klage vor Gericht.

„Das Vergaberec­ht macht eine ordentlich­e Beschaffun­g von Waffensyst­emen unmöglich“, sagt Rüstungsex­perte Mölling. Zudem gebe es eine fehlende Fehlerkult­ur im Beschaffun­gswesen: Mängel würden aus Karrieregr­ünden verschwieg­en. Das habe Tradition bei allen großen Projekten. „Daran beißen sich die Ministerin und die Staatssekr­etärin die Zähne aus.“

Gerade wegen der Beschaffun­g gilt das Verteidigu­ngsministe­rium als Schleuders­itz. Die ausgemuste­rte Skandal-Drohne Euro Hawk verschlang 600 Millionen Euro und kostete dem damaligen CDU-Minister Thomas de Maizière fast den Job. Von der Leyen habe viele gute Dinge angestoßen, sagt Mölling. „Aber sie dauern unheimlich lange, bis sie greifen“, fügt er hinzu. „Es ist ein Teufelskre­is“, so der Experte. Egal wie man’s macht, macht man’s verkehrt.

 ?? Foto: Kay Nietfeld, dpa ?? Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen im Pannenflie­ger A400M: wieder Män gel bei der Ausrüstung, wieder peinliche Nachrichte­n.
Foto: Kay Nietfeld, dpa Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen im Pannenflie­ger A400M: wieder Män gel bei der Ausrüstung, wieder peinliche Nachrichte­n.

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