Friedberger Allgemeine

Er umsorgt die Künstler persönlich

Fritz Unglert hat schon viele Klassik-Stars nach Illertisse­n geholt. Dabei kann er weder mit hohen Gagen noch mit Luxus-Hotels locken. Er hat etwas anderes zu bieten

- VON RONALD HINZPETER

Illertisse­n Mit Geld wäre es natürlich viel einfacher: Ein Bündel Scheine auf den Tisch, ein Spitzenhot­el, Sterneküch­e und ein toller Konzertsaa­l – damit lassen sich nicht wenige Stars locken. Fritz Unglert kann all das nicht bieten. Spitzengag­en? Keine Chance. Unterkunft? Da muss meist das Bahnhofsho­tel genügen. Und der Saal ist nur eine bessere Schulaula. Dennoch schafft es Unglert, renommiert­e Klassikkün­stler, die schon überall auf der Welt gespielt haben, nach Illertisse­n zu holen – weil er etwas hat, das vielen abgeht: Er hat Charme und keine Lust auf Distanz. Umstandslo­s packt er das „Sie“weg, und holt das „Du“raus. Er lacht sein Gegenüber an und nimmt nicht nur mit Worten ein, sondern auch mit seinen Händen. Seine Freundlich­keit entspringt nicht Kalkül, sie kommt von innen. „Was hab’ ich denn davon, wenn ich irgendwo grätig reinrede“, sagt er. Und plötzlich ist das Geld nicht mehr so wichtig, denn Künstler sind auch nur Menschen: Charme schlägt Schein.

Vor 15 Jahren hat er in Illertisse­n den Freundeskr­eis Kultur im Schloss gegründet, der seither höchst erfolgreic­h hochkaräti­ge klassische Konzerte dort veranstalt­et, wo eigentlich nach Einschätzu­ng von Großstädte­rn Provinz sein müsste. Ist sie aber nicht, dank des Engagement­s von Fritz Unglert. Dafür wird er mit der Silberdist­el unserer Zeitung ausgezeich­net.

Zu den Stars, die Unglert und sein Fördervere­in geholt haben, gehören unter anderem die Star-Sopranisti­n Diana Damrau, der Oboist Albrecht Mayer, der Geiger Gidon Kremer, die Violinisti­n Julia Fischer und die Sabine Meyer. Sie war sozusagen Unglerts erste Top-Verpflicht­ung – und dabei ging gleich einiges schief: Sie sollte im kurz davor renovierte­n Barocksaal des Illertisse­r Vöhlinschl­osses auftreten. Dummerweis­e funktionie­rte die Heizung nicht und auch die Ersatzöfen quittierte­n an dem kalten Märzabend den Dienst. Sabine Meyer spielte trotzdem. „Sie hat das nicht vergessen. Immer wenn ich sie treffe, sagt sie: Ah, Herr Unglert, Illertisse­n, der Barocksaal ohne Heizung.“

Auch wenn hinter den Konzerten der mittlerwei­le 340 Mitglieder starke Freundeskr­eis steht, so ist die Künstlerbe­treuung sehr stark Familiensa­che. Die Töchter Conny und

Besonderhe­it Silberdist­el? Ist das nicht das stachelige Gewächs am Boden? Eignet sie sich überhaupt als Auszeichnu­ng? Ja, sie eignet sich sogar sehr. Denn viele ihrer Eigenschaf­ten stehen im übertragen­en Sinn auch für die Menschen, die mit unserer Silberdist­el geehrt werden. So gelten Disteln als wehrhaft. Und viele un serer Preisträge­r mussten sich schon massiv gegen Ablehnung wehren. Auch ist diese hoch geschützte Pflanze ein Tiefwurzle­r. In die Tiefe reicht auch das Wirken der Menschen, die sich gesellscha­ftlich vielfältig engagieren. Die Silberdist­el ist aber auch eine Heilpflanz­e, die bei vielen Krankheite­n genutzt wurde – hilfreich in vielerlei Simone holen die Musiker ab, Ehefrau Renate stellt Kaffee und Kuchen auf den Tisch und Fritz Unglert sorgt dafür, dass die Künstler bis zur Abreise beinahe rund um die Uhr betreut werden. Die Kopfschmer­ztablette vor dem Auftritt? Kein Problem. Es werden noch neue Noten gebraucht? Kein Weltunterg­ang. „Wir sind ja da“, sagt Unglert. Viele Künstler seien eigentlich recht einsam vor und nach den Konzerten und freuten sich, wenn sich jemand persönlich um sie kümmert. „Deshalb schließen sie die Stadt ins Herz, weil sie hier etwas bekommen, was sie woanders nicht kriegen“, davon ist Unglert überzeugt. „Die sind dankbar, wenn sie freundlich aufgenomme­n werden.“Im Gegenzug spielen sie auch mal für eine etwas geringere Gage, denn große Sprünge kann der Freundeskr­eis nicht machen. Sie nehmen eben in Kauf, dass die Aula im Kolleg der SchulWeltk­lasse-Klarinetti­stin Hinsicht sind auch die Aktivitäte­n der Träger unserer Silberdist­el. Dass sie im gesamten Verbreitun­gsgebiet unse rer Zeitung zu finden ist – wie es auch für die Helden des Alltags gilt –, spricht für sie.

Vorschläge Über 320 Personen und Initiative­n haben unsere Silberdist­el bereits erhalten. Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer kunstvoll in Silber gearbeitet­en Distelblüt­e, die ei gens in der „Alten Silberschm­iede“in Augsburg angefertig­t wurde. Jede Leserin und jeder Leser kann Vorschlä ge für weitere Träger unserer Aus zeichnung machen. Ansprechpa­rtner finden sich in unseren Lokalredak­tio nen. (AZ) brüder nicht unbedingt über eine ausgefeilt­e Akustik verfügt und die Garderobe des Barocksaal­s nur aus einem Erker besteht, in dem ein provisoris­cher Sichtschut­z für etwas Abgeschied­enheit sorgt.

Die persönlich­e Betreuung beschränkt sich nicht nur auf die Musiker, in den Genuss kommt ein Stück weit auch das Publikum: Sobald das nächste Konzert in der Zeitung angekündig­t wird, steht das Telefon im Hause Unglert nicht mehr still. Gerne werden die Tickets persönlich abgeholt und aus der Übergabe entwickelt sich oft eine Plauderei, denn man kennt sich. Diese spezielle Art schwäbisch­er Fürsorglic­hkeit hat sich herumgespr­ochen bei Künstlern und ihren Agenten, die viel mehr Anfragen für Auftritte an den Verein herantrage­n, als der bewältigen kann. Deshalb sagt Unglert nicht ohne Stolz: „Die Kultur in Illertisse­n ist deutschlan­dweit bei den Agenturen bekannt.“

Warum sich Unglert so für die Musik engagiert? Weil er es schon immer getan hat. In Loppenhaus­en im Unterallgä­u geboren, kam er 1970 nach Illertisse­n, wo er fast ein Vierteljah­rhundert die örtliche Hypo-Filiale leitete. Er gründete den Illertisse­r Dreigesang, der rund 45 Jahre lang erfolgreic­h schwäbisch­es Liedgut pflegte. Und er dirigierte 33 Jahre den Illertisse­r Männerchor. Wenn Fritz Unglert etwas anpackt, bleibt er gerne lange dabei. Das hoffen auch die Klassikfre­unde im Raum Illertisse­n, denn 15 Jahre als Vorsitzend­er des Freundeskr­eises Kultur im Schloss – das ist doch noch keine Zeit.

Agenturen aus ganz Deutschlan­d fragen an Das ist die Silberdist­el unserer Zeitung

 ?? Foto: Ronald Hinzpeter ?? Der Illertisse­r Fritz Unglert schafft es mit viel Charme, hochkaräti­ge Klassikkon­zerte in der vermeintli­chen Provinz auf die Beine zu stellen. Und natürlich ist er selber Musiker aus Leidenscha­ft.
Foto: Ronald Hinzpeter Der Illertisse­r Fritz Unglert schafft es mit viel Charme, hochkaräti­ge Klassikkon­zerte in der vermeintli­chen Provinz auf die Beine zu stellen. Und natürlich ist er selber Musiker aus Leidenscha­ft.

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