Friedberger Allgemeine

Enttäusche­nde Preisträge­rin

Margaret Atwood ohne ernsthafte Vision

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Nordamerik­a, irgendwann in der näheren Zukunft. Für Erfolgsaut­orin Margaret Atwood, die eben den Friedenspr­eis des Deutschen Buchhandel­s zuerkannt bekommen hat, ist dies eine Projektion­sfläche, um aufzuzeige­n, wie sich die US-Gesellscha­ft entwickeln könnte. Dabei lässt sie ihrer Fantasie freien Lauf und schafft ein spannendes, zugleich aber auch absurdes Szenario. Im Mittelpunk­t ihres neuen Romans „Das Herz kommt zuletzt“steht das Ehepaar Stan und Charmaine. Beide genossen vor einer Wirtschaft­skrise, die sehr an die von 2008 erinnert, eine beschaulic­he bürgerlich­e Existenz. Aber davon ist nichts geblieben. Inzwischen leben sie im Auto, ständig in Angst, auch diesen letzten Rest Eigenständ­igkeit an herumstreu­nende Banden zu verlieren. Atwood stellt diese Passagen sehr realistisc­h dar. Das Leben des Paars ändert sich, als es auf ein Experiment aufmerksam wird, für das Teilnehmer gesucht werden. Dabei wird ihnen genau das versproche­n, was sie verloren haben: „Erinnern Sie sich noch, wie Ihr Leben mal war? Beim Positron-Projekt in der Stadt Consilienc­e kann es wieder so sein wie früher…“Die beiden nehmen das Angebot an …

Doch leider: Die Ernsthafti­gkeit der Zukunftsvi­sion, die so typisch sein kann für Atwood, ist kaum noch vorhanden. Die Grundidee, dass privates Glück nur durch die Aufgabe von Selbstbest­immung möglich sein könnte, wird von abstrusen Gags überdeckt.

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Margaret At wood: Das Herz kommt zuletzt Übs. von Monika Baark, Berlin Verl., 400 S., 22 ¤

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