Friedberger Allgemeine

Hunderte Krähen suchen Bad Krozingen heim

In der Kleinstadt bei Freiburg erinnert manches an Hitchcocks Horrorfilm „Die Vögel“. Saatkrähen fliegen auf den Kurort. Dieses Jahr ist es besonders schlimm. Was die Einwohner versuchen, um die Plage in den Griff zu bekommen

- Volker Kieber, Bürger meister von Bad Krozin gen bei Freiburg. In dem Kurort übernachte­n jähr lich 620 000 Menschen. Interview: Jakob Stadler

Herr Kieber, Sie sind Bürgermeis­ter von Bad Krozingen, über das wegen einer „Krähen-Plage“inzwischen bundesweit berichtet wird. Kennen Sie eigentlich Hitchcocks „Die Vögel“? Volker Kieber: Ich kenne den Film, der war für mich als Kind Horror ohne Ende. Und wenn die Krähen hier am Abend zu ihren Nestern zurückkehr­en, dann ist das schon eine ähnliche Situation wie im Film. Bei insgesamt knapp 1400 Nestern sind das ja eine ganze Menge Vögel, die mit einem riesigen Gekreische am Himmel kreisen. Aber Krähen sind intelligen­te Vögel, die keine Menschen angreifen.

Weil Krähen so intelligen­t sind, ist es auch schwer, sie wieder loszuwerde­n.

Kieber: Die ersten Saatkrähen kamen schon 1973 hierher, da waren es 30 Nester. In den vergangene­n Jahren hat es aber massiv zugenommen. Wir haben schon für verschiede­ne sogenannte Vergrämung­saktionen Ausnahmege­nehmigunge­n von der „Unteren Naturschut­zbehörde“bekommen. Wir haben in den letzten Jahren vor der Brutzeit auch einzelne Nester entfernt. Zum Beispiel bei unserer Realschule. Da mussten wir Teile des Schulhofs aus hygienisch­en Gründen sperren, weil sie so verkotet waren.

Was gibt es sonst für Möglichkei­ten?

Kieber: Wir haben verschiede­ne aufgehängt, die von Ehrenamtli­chen bewegt werden. Da hängt eine lange Schnur nach unten, mit der kann man den Flügelschl­ag des Uhus imitieren. Das ist relativ hilfreich, aber natürlich sehr aufwendig. Man muss Menschen finden, die das jeden Tag machen.

Einwohner Ihrer Stadt fürchten, dass Häuser an Wert verlieren oder Touristen ausbleiben. Hilft da ein Falkner?

Kieber: Das haben wir bei der Realschule versucht. Wir haben erst Gummi-Krähen-Attrappen aufs Dach gelegt. Das sieht so aus, als ob der Falke schon Krähen geschlagen Dann haben wir den Falken fliegen lassen. Allein das war bereits erfolgreic­h. Aber wir konnten es in diesem Jahr nicht machen, weil der Falkner krank ist.

Warum ist der Kurort Bad Krozingen für die Krähen überhaupt so attraktiv?

Kieber: Wir haben hier sehr viel Grün, unser Kurpark allein ist 20 Hektar groß. Auf der anderen Seite sind wir stark landwirtsc­haftlich geprägt. Mais, Spargel, Erdbeeren – das Nahrungsan­gebot in unmittelUh­u-Attrappen barer Nähe ist sehr gut für die Vögel. Und im Siedlungsb­ereich kommen Raubvögel selten vor. Gejagt wird auch nicht, also werden die Vögel auch nicht durch Schüsse gestört.

Es gibt auch andernorts Probleme mit Krähen – etwa im Schwabmünc­hner Luitpoldpa­rk bei Augsburg. Tauschen Sie sich über Ihre Erfahrunge­n aus?

Kieber: Ja, in Laupheim im Kreis Biberach in Baden-Württember­g hat man zum Beispiel die Nester aufwendig abgebaut und anderswo wiehätte. der aufgebaut. So etwas schwebt uns auch vor, wir suchen nach geeigneten Plätzen.

Wie ist es denn als Kurort, für den die Natur eine große Rolle spielt, mit dem Naturschut­z in Konflikt zu geraten?

Kieber: Wir achten auf eine Wohlfühlat­mosphäre mit viel Grün. Dadurch bekommen wir jetzt den Konflikt, dass geschützte Vögel – und das sind die Saatkrähen ja – für eine starke Verschmutz­ung sorgen. Wir brauchen immer wieder neue Ausnahmege­nehmigunge­n, um den Kurort zu erhalten.

Ein Problem ist ja der Lärm der Krähen. Anderersei­ts findet in Bad Krozingen nächsten Monat das Open Air im Park statt – unter anderem mit Max Giesinger und Hansi Hinterseer.

Kieber: Das ist aber auf einzelne Tage beschränkt. Und ein Markenzeic­hen unserer Stadt, das auch viele Gäste anlockt. Laut Lärmgutach­ten sind wir da aber im sicheren Bereich.

 ?? Fotos: Stadtverwa­ltung Bad Krozingen(2), imago/blickwinke­l ?? Die ersten Saatkrähen seien in den 70ern nach Bad Krozingen gekommen, sagt der parteilose Bürgermeis­ter Volker Kieber. In den vergangene­n Jahren seien es dann immer mehr geworden.
Fotos: Stadtverwa­ltung Bad Krozingen(2), imago/blickwinke­l Die ersten Saatkrähen seien in den 70ern nach Bad Krozingen gekommen, sagt der parteilose Bürgermeis­ter Volker Kieber. In den vergangene­n Jahren seien es dann immer mehr geworden.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany