Friedberger Allgemeine

Warum Autos hinter meterdicke­n Mauern parken

Die Mitarbeite­r von MT Aerospace haben einen kuriosen Parkplatz. Er entstand im Zweiten Weltkrieg /

- VON JÖRG HEINZLE

Augsburg Was haben sich die Erbauer dieses Parkplatze­s gedacht? Diese Frage stellt sich vermutlich so mancher Besucher, der die Wolfzahnau in Augsburg aufsucht. Das Landschaft­sschutzgeb­iet liegt zwischen Lech und Wertach. An der Nordspitze des Areals vereinigen sich beide Gewässer. Und auf der anderen Seite, beim Zugang zu der wildromant­ischen Naturlands­chaft, parken Mitarbeite­r des Raumfahrtk­onzerns MT Aerospace ihre Autos – umgeben von einer meterdicke­n Betonmauer.

Es geht aber nicht darum, die Fahrzeuge der Angestellt­en besonders zu schützen. Die massive Mauer in Form eines Rechtecks mit den Maßen 50 auf 60 Meter, ist ein Relikt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Es handelt sich um die Reste eines Bunkers, der aber nie fertiggest­ellt wurde. Vorgesehen war, dass das Bauwerk für die Produktion von Großmotore­n genutzt wird, wie sie in U-Booten zum Einsatz kommen.

Direkt neben dem geplanten Bunker lag auch damals schon das Werksgelän­de des Motorenher­stellers MAN. Die Schiffsmot­oren waren aus Sicht der Wehrmacht wichtig. Deshalb sollte die Produktion trotz der Luftangrif­fe durch die Alliierten geschützt hinter dicken Betonmauer­n weiterlauf­en. Baubeginn war aber erst im Jahr 1944. Bereits im April 1945 rückten amerikanis­che Soldaten in die Stadt ein, der Weltkrieg ging kurz darauf zu Ende.

Erhalten ist ein offizielle­r Bericht vom Dezember 1944. Ein Mitarbeite­r des „Rüstungsst­abs Bau“im Reichsmini­sterium für Rüstung und Kriegsprod­uktion listet nach einem Besuch in Süddeutsch­land den Stand der Dinge bei verschiede­nen Rüstungsba­uprojekten auf. Er lobt in dem Dokument die Anstrengun­gen bei MAN in Augsburg, die Produktion zu schützen. Das Bunkerproj­ekt scheint jedoch noch nicht weit gediehen zu sein. Darüber heißt es: „Der Bunker ,Arno‘ ist erst in seinen Anfängen fertiggest­ellt. Über seine Weiterführ­ung wird besonders zu entscheide­n sein.“Gedacht war wohl, einen sogenannte­n Hochbunker zu errichten. Das heißt, dass Bauwerk sollte überwiegen­d über dem Niveau der Erdoberflä­che liegen. So wurde häufig dann gebaut, wenn nasser Untergrund den Bau von Tiefbunker­n erschwerte – und es galt als kostengüns­tiger. Es soll beim Bunker „Arno“auch noch eine untere Etage gegeben haben. Augenzeuge­n von damals berichten von einer Treppe, die nach unten in einen Schacht führte. Davon ist allerdings nichts mehr zu sehen.

In unmittelba­rer Nähe zu „Arno“finden sich im Wald auch noch kleinere Bunkerrest­e und Reste von Unterständ­en, die als Flugabwehr­stellungen genutzt worden sein sollen. Wer einmal in einen Bunker hinabsteig­en will, kann das an anderer Stelle tun – der Bunker in der Fuggerei kann besichtigt werden.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Der nie fertiggest­ellte Großbunker in der Wolfzahnau mit meterdicke­n Außenmauer­n wird heute von MT Aerospace als Parkplatz genutzt.
Foto: Silvio Wyszengrad Der nie fertiggest­ellte Großbunker in der Wolfzahnau mit meterdicke­n Außenmauer­n wird heute von MT Aerospace als Parkplatz genutzt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany