Wenn der eigene Körper zum Problem wird
Viele junge Mädchen hungern, um einem perfiden Schönheitsideal zu entsprechen. Laut Bayerischem Lehrerverband sind immer häufiger auch Kinder im Grundschulalter betroffen. Wie ist die Situation in der Region?
Friedberg Schlank und makellos sollten Frauen sein. Das Schönheitsideal, das über Werbeplakate, Titelblätter und Laufstege transportiert wird, hinterlässt Spuren. Vor allem bei jungen Mädchen und ihrem Verhältnis zum eigenen Körper. Nicht selten sind Magersucht oder Bulimie die Folge einer gestörten Selbstwahrnehmung. Besonders betroffen sind Mädchen zwischen 15 und 24 Jahren. Doch das Alter, in dem der eigene Körper zum Problem wird, sinkt. Laut Bayerischem Lehrerverband wird der Magerwahn auch in Grundschulen immer häufiger zum Problem. Doch wie ist die Situation in den Klassenzimmern hier im Landkreis?
„Die vorpubertäre Phase setzt in der Grundschule ein“, sagt Ruth Kotzian, Konrektorin der Grundschule Friedberg-Süd. In der vierten Klasse seien Fragen nach Klamotten und Aussehen schon relevant. „Die Mädchen unterhalten sich darüber, viele kennen auch Sendungen wie Germany’s Next Top Model, aber Kalorienzählen und Diäten sind bei uns zum Glück noch kein Thema“, so Kotzian. Auch sei ihr kein Fall von Magersucht bekannt. Das bestätigt Ingrid Hillenbrand vom Schulamt Aichach-Friedberg. Das Thema Magersucht sei ihr an Grundschulen noch nicht begegnet.
Dennoch sei es wichtig, hellhörig zu sein und darauf zu achten, was die Kinder beschäftigt, findet Martina Ritzel, Vorsitzende des LehrerKreisverbands Aichach-Friedberg. „Gerade bei Mädchen ist es auffällig, dass sie sich schon in der Grundschule mit dem eigenen Aussehen auseinandersetzen.“Allerdings hätten in der vierten Klasse, wenn die Vorpubertät einsetzt, viele Eltern und Kinder nur den Übertritt im Kopf. Da sei es schwierig, sich auch mal anderen Themen zu widmen. Im Sexualkundeunterricht der Klasse werde entsprechend versucht, nicht nur die biologische Seite des Körpers zu berücksichtigen, sondern auch auf die Gefühlswelt der Kinder einzugehen, sagt Ritzel.
Auch das Thema gesunde Ernährung ist mittlerweile fester Bestandteil des Lehrplans an Grundschulen. Das Projekt „Na(h) gut“, an dem zahlreiche Grundschulen im Landkreis teilnehmen, soll Kinder mit regionalen Produkten vertraut maschon chen und Bewusstsein schaffen für gesundes Essen. An der Grundschule Friedberg-Süd legten die Kinder einen eigenen Schulgarten an und beschäftigten sich so mit dem Thema Ernährung. „In diesem Rahmen kommen auch andere Themen wie Selbstwahrnehmung, Sport und Bewegung als Grundlage für eine gesunde Lebensweise zur Sprache“, sagt Kotzian. So werde auch mal der übersteigerte Schlankheitswahn in der Werbung thematisiert. „Es ist wichtig, den Kindern klarzumachen, dass da Ideale vorgegaukelt werden“, betont Kotzian. „Sie sollen lernen, die Dinge, die sie sehen, kritisch zu hinterfragen.“
Bei vielen Kindern sei das Bewusstsein dafür da. Voraussetzung sei aber, dass auch im Elternhaus darüber gesprochen wird. Es gebe auch Familien, in denen ständig der Fernseher läuft und die Kinder unreflektiert alles aufnehmen, was sie sehen. „Man kann in der Schule nicht alles auffangen, was im Elternhaus schiefgeht“, betont Ritzel. Aber insgesamt sieht sie das Thema Magerwahn in der Grundschule noch nicht als Problem. Markant sei es erst in der Mittelschule. „Da gibt es auch konkrete Fälle von Magersucht“, sagt Ritzel. Dem schließt sich Ulrich Hagen, Kinderarzt in Friedberg an. „Es kann im Grundschulalter vorkommen, aber das sind Extremfälle.“Insgesamt sei es eher selten. Erst im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren mit Beginn der Pubertät werde bei manchen Kindern der Körper zum Problem. Betroffen seien deutlich mehr Mädchen als Buben.