Lieber Friedberg als Berlin
Im ehemaligen Schilderladen Waltner gibt es bald moderne Kunst. Dahinter stehen Martin Oster und Alexander Efimov mit ihrer „neo GALLERY“. Was treibt die beiden Freunde an?
Friedberg Jahrzehntelang hatte der Schilderladen Waltner sein Geschäft am Friedberger Berg, ab kommendem Samstag kann man dort moderne Kunst statt Autokennzeichen kaufen. Ein Friedberger und ein Aichacher gehen dieses Wagnis ein. Warum, erklärt Martin Oster aus Friedberg: Der 37-Jährige hat Kunst in Linz studiert und kam schließlich der Liebe wegen nach Friedberg. Er sagt: „Ich habe mich für Friedberg entschieden, ich wollte nicht nach Berlin, wo jetzt alle hingehen.“
Künstler, so glaubt Oster, hätten das Gefühl, in der Peripherie spiele sich nichts ab – oder das, was sich tut, sei irgendwie weniger wert. „Diese Einstellung ist nicht gut.“Also reifte der Entschluss, selber etwas aufzuziehen, die „neo GALLERY“, und zwar gerade da, wo keiner es erwartet, in einem insgesamt 30 Quadratmeter großen Laden an der Stadtmauer einer Kleinstadt. Und was?
„Wir sind die neue Galerie für junge, kontemporäre Kunst. Unser Schwerpunkt widmet sich abgefahrenen Positionen junger Künstlerinnen und Künstler mit Biss, Wucht und Unsinn“, sagt Oster – oder noch mehr in der Sprache seiner Generation ausgedrückt: „Ihr habt keinen Bock mehr auf bloße Avantgarde – kommt zu uns, ,neo GALLERY’ ist heute.“Und das soll funktionieren?
Martin Oster und sein Freund Efimov haben durchaus vor, die Galerie ernsthaft und möglichst gewinnbringend zu etablieren und zu betreiben, auch wenn das ein paar Jahre dauern kann. Doch ein Zwang dazu besteht nicht, sie verdienen beide ihre Brötchen in ande- ren Berufen. Das verschafft Freiheit. Oster ist gut vernetzt in der Szene, er möchte Künstler aus ganz Deutschland, Österreich und aus Kalifornien nach Friedberg holen. Er hat die künstlerische Leitung, Efimov ist für den Verkauf zustänAlexander dig. Das Angebot soll vielfältig sein, die beiden wollen viel ausprobieren. Bei der Vernissage werden zum Beispiel Malerei, Visuals und Installationen zu sehen sein. Vor Weihnachten könnte es einen Concept Store geben. Solche Läden, die gerade in Großstädten aus dem Boden schießen, verkaufen hippe Stücke junger Designer zu günstigen Preisen – nicht nur Kunst, sondern auch Mode, Accessoires, Haushaltsartikel.
Die beiden Galeristen sehen ihren Einzugsbereich weit ausgedehnt und glauben, in der regionalen Galerieszene eine Nische aufgetan zu haben. Die zahlreichen etablierten Galerien in und um Augsburg präsentieren eben auch eher etablierte Kunst. Das, was den Geschmack seiner Generation trifft, werde kaum angeboten, meint Oster. Und diese Generation wird nach Studium und Wanderjahren langsam sesshaft, gründet Familien, verdient Geld, richtet ihre Wohnungen ein – und will sich etwas an die Wand hängen, das ihrem Stil und Lebensgefühl entspricht.
Erreichen möchte Oster sie, ebenfalls typisch für Menschen „U40“, über soziale Netzwerke im Internet. Eine normale Website hat die „neo GALLERY“noch nicht, auf Facebook ist sie dagegen schon zu finden. Doch es gibt sogar gedruckte Einladungskarten. Die sind allerdings schwarz, wie eine Blackbox, die Fenster am Friedberger Berg sind zugeklebt. Denn noch wird nicht viel verraten. Also am besten: hinschauen!
Vernissage „mit Sounds und Tam tam“in der „neo GALLERY“am Sams tag, 1. Juli, 19 Uhr, Friedberger Berg 1. Kontakt: mo@neo gallery.com, Face book, neo GALLERY